Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 06.12.2006; Aktenzeichen 22 BV 06.1994) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin zeigte der Beklagten unter Beifügung des amtlichen Formulars gemäß § 14 GewO an, dass der Betrieb zur Vermittlung von Sportwetten im Stadtgebiet der Beklagten ausgeübt werde. Die Beklagte antwortete der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 14. Dezember 2005: “Mit Schreiben vom 01.12.2005 zeigten Sie den Beginn der Tätigkeit ‘Vermittlung von Sportwetten’ an … In Bayern sind Sportwetten … nicht gestattet. Auch die Vermittlung von Wetten … ist nicht erlaubt … Die Anmeldung einer verbotenen Tätigkeit als Gewerbebetrieb ist nicht möglich und kann Ihnen daher auch nicht bestätigt werden”. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die Gewerbeanzeige der Klägerin zur Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten zu bescheinigen, stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Landesanwaltschaft die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Er hat die Revision nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
a) Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
aa) Die Klägerin wirft zur Begründung der von ihr angenommenen grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in verschiedenen Varianten die Fragen auf, ob es einen Anspruch auf eine Bestätigung des Empfangs einer eingereichten Gewerbeanzeige mit der angegebenen Tätigkeit zur Vermittlung von Sportwetten nach § 15 Abs. 1 GewO gebe, ob schon ein Ablehnungsschreiben einer Behörde ausreiche, um einen Anspruch auf Erteilung einer Gewerbebestätigung zu erfüllen, ob ein derartiges Schreiben geeignet sei, den Nachweis zu erbringen, dass der Anzeigepflicht genügt worden sei, und ob es von der Bußgeldstelle auch so eingeschätzt würde.
bb) Diese Fragen können schon deshalb nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen, weil sie die Begründetheit der Klage betreffen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Abweisung der Klage in erster Linie und selbständig tragend damit begründet, dass sie wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig sei. In Bezug auf diese Begründung macht die Klägerin einen grundsätzlichen Klärungsbedarf nicht mittels Formulierung einer konkreten Rechtsfrage geltend.
Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Begründetheit tragen das angefochtene Urteil nicht. Denn wegen der Verschiedenheit der Rechtskraftwirkung einer Prozess- und einer Sachabweisung darf eine Klage nicht zugleich aus prozessrechtlichen und aus sachlich-rechtlichen Gründen abgewiesen werden. Aus diesem Grund ist eine von der Vorinstanz der Prozessabweisung beigegebene Sachbeurteilung bei der Bestimmung des maßgeblichen Urteilsinhalts als nicht geschrieben zu behandeln (Urteil vom 12. Juli 2000 – BVerwG 7 C 3.00 – BVerwGE 111, 306 ≪312≫ = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 3. November 2000 – BVerwG 6 B 2.00 – juris) und hat bei der Prüfung, ob die Revision zuzulassen ist, außer Betracht zu bleiben.
Abgesehen davon kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem Urteil, das in je selbständig tragender Weise mehrfach begründet ist, nur stattgegeben werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. etwa Beschluss vom 20. August 1993 – BVerwG 9 B 512.93 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 320). Daran fehlt es hinsichtlich der vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Unzulässigkeit der Klage.
b) Sollte die Klägerin mit ihrem beiläufigen Hinweis auf eine überraschende Rechtseinschätzung des Verwaltungsgerichtshofs einen Verfahrensfehler geltend machen wollen, so wäre auch dieser nicht hinreichend dargelegt. Ein Überraschungsurteil liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen war (Beschluss vom 25. Mai 2001 – BVerwG 4 B 81.00 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 34 S. 20 f.). Diese Voraussetzungen legt die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gemäß dar. Wegen eines Verfahrensmangels kann die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zugelassen werden, wenn ein Mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher Mangel ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in Bezug auf die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26). Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte nämlich mit Verfügung vom 17. November 2006 auf das von ihm für möglich gehaltene Verständnis des Schreibens der Beklagten hingewiesen.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich
Fundstellen