Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Personalrats bei der Bestellung von Schulleitern und ihren ständigen Vertretern
Leitsatz (amtlich)
Der spezielle, auf die Bestellung von Schulleitern und Inhabern sonstiger Funktionsstellen nach §§ 23, 24 BlnSchulVerfG a.F. zugeschnittene Mitbestimmungstatbestand nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG ist mit Rücksicht auf die Bestimmungen des Berliner Schulgesetzes vom 26. Januar 2004 nicht mehr anzuwenden.
Normenkette
BlnPersVG § 88 Nr. 4
Verfahrensgang
OVG Berlin (Beschluss vom 03.08.2004; Aktenzeichen 60 PV 4.04) |
VG Berlin (Beschluss vom 25.05.2004; Aktenzeichen 62 A 11.04) |
Tenor
Der Beschluss des Fachsenats für Personalvertretungssachen Berlin des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 3. August 2004 wird aufgehoben.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin, Fachkammer für Personalvertretungssachen – Berlin – vom 25. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 26. März 2004 brachte der Antragsteller dem Beteiligten gegenüber zum Ausdruck, dass sein Mitbestimmungsrecht im Zusammenhang mit der Besetzung von Schulleitungsstellen unter der Geltung des Schulgesetzes vom 26. Januar 2004 weiterhin gegeben sei. Unter Bezugnahme darauf forderte der Antragsteller mit Schreiben vom 22. April 2004, ihn an der Auswahlentscheidung der Dienstbehörde für die Benennung der stellvertretenden Schulleitungen an der 3. O/OG sowie an der 7. und 33. Grundschule gemäß § 88 Nr. 4 BlnPersVG zu beteiligen. Dem trat der Beteiligte im Schreiben vom gleichen Tage mit der Begründung entgegen, die Schulleiter und ihre ständigen Vertreter seien aufgrund der vom Schulgesetz ab 1. Februar 2004 übertragenen Aufgaben jenem Personenkreis zuzuordnen, bei welchem wegen ihrer Befugnis zu selbständigen Personalentscheidungen das Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen sei. Später erstreckten die Beteiligten ihren Konflikt auf die Stelle eines stellvertretenden Schulleiters an der 5. Grundschule.
Das auf Verletzung seines Mitbestimmungsrechts gemäß § 88 Nr. 4 BlnPersVG gerichtete Feststellungsbegehren des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss geändert und festgestellt, dass der Beteiligte bei den Vorschlägen für die Benennung der ständigen Vertreter der Schulleiter an der 3. O/OG sowie in der 5., 7. und 33. Grundschule das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 88 Nr. 4 BlnPersVG verletzt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Beteiligungstatbestand nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG sei nach wie vor gegeben. Zwar korrespondiere der Wortlaut der Norm, welche die Mitbestimmung des Personalrats bei Vorschlägen der Dienstbehörde an die Gesamtkonferenz für die Benennung von Schulleitern und ihren ständigen Vertretern vorsähe, nicht mehr mit den Bestimmungen des neuen Schulgesetzes, welches die schulinterne Mitwirkung bei der Bestellung des Schulleiters und seines ständigen Vertreters nunmehr der Schulkonferenz übertragen habe. Der Mitbestimmungstatbestand meine jedoch der Sache nach das jeweilige zur schulinternen Mitwirkung vorgesehene Gremium. Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes gingen dahin, die Beteiligung des Personalrats bereits in einem frühen Stadium sicherzustellen, in welchem bereits wichtige Weichen für die spätere Ernennung gestellt würden. Diese Zielsetzung des Mitbestimmungstatbestandes werde durch die Bestimmungen des neuen Schulgesetzes über Zusammensetzung und Aufgaben der schulischen Gremien nicht berührt. Der Mitbestimmungstatbestand entfalle nicht wegen der mit der Stelle des Vertreters in der Schulleitung verknüpften Personalverwaltungsaufgaben.
Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Das Begehren des Antragstellers, bei den Vorschlägen für die Benennung von ständigen Vertretern des Schulleiters durch die Schulaufsicht an die Schulkonferenz im Wege der Mitbestimmung beteiligt zu werden, werde von § 88 Nr. 4 BlnPersVG nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung nicht erfasst. Denn diese stelle auf die Vorschläge der Dienstbehörde an die Gesamtkonferenz ab. Angesichts ihres klaren Wortlauts sei die Vorschrift weder auslegungsfähig noch auslegungsbedürftig. Abweichendes könne aus Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes nicht hergeleitet werden. Allein der Umstand, dass es möglicherweise nach Sinn und Zweck sinnvoll sein könnte, außer dem bereits geregelten Tatbestand noch weitere Tatbestände in derselben Weise zu regeln, berechtige die Gerichte nicht dazu, den nicht geregelten Tatbestand als bereits geregelt anzusehen. Wegen des abschließenden Charakters der Regelung in § 88 Nr. 4 BlnPersVG komme eine Ausdehnung des Normbereichs durch Analogie nicht in Betracht.
Der Beteiligte beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 91 Abs. 2 BlnPersVG vom 14. Juli 1994, GVBl S. 338, zuletzt geändert durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 19. November 2004, GVBl S. 462, i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen und Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).
Das streitige Feststellungsbegehren ist nicht begründet. Dem Antragsteller steht das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG nicht zu.
Nach dieser Vorschrift bestimmt der Personalrat in Angelegenheiten der Beamten mit bei Vorschlägen der Dienstbehörde an die Gesamtkonferenz für die Benennung von Schulleitern, ihren ständigen Vertretern, von Gesamtschuldirektoren als Leiter einer Mittelstufe, von pädagogischen Koordinatoren und Ausbildungsbereichsleitern sowie Vorschlägen der Dienstbehörde an die Abteilungskonferenzen für die Benennung von Abteilungsleitern und pädagogischen Koordinatoren der Abteilungen von Oberstufenzentren.
a) Der Mitbestimmungstatbestand knüpft an die Regelungen in §§ 23, 24 des Schulverfassungsgesetzes (SchulVerfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Februar 1979, GVBl S. 398, an. Diese Regelungen benannten für das Verfahren der Bestellung von Schulleitern und ihren ständigen Vertretern sowie für die Besetzung weiterer in § 24 Abs. 1 Satz 1 SchulVerfG genannter Funktionsstellen als schulinternes Mitwirkungsgremium die Gesamtkonferenz. Die Bestimmungen des Schulverfassungsgesetzes sind gemäß § 130 Nr. 2, § 131 Abs. 1 SchulG vom 26. Januar 2004, GVBl S. 26, am 1. Februar 2004 außer Kraft getreten. §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG übertragen die schulinterne Mitwirkung bei der Bestellung von Schulleitern, ihren ständigen Vertretern sowie der Abteilungsleiter an Oberstufenzentren jetzt der Schulkonferenz. Das in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht bei Vorschlägen der Schulaufsichtsbehörde an die Schulkonferenz wird demnach vom Wortlaut des § 88 Nr. 4 BlnPersVG nicht erfasst.
b) Dass der Berliner Landesgesetzgeber davon abgesehen hat, den Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes in § 88 Nr. 4 BlnPersVG an die geänderten schulrechtlichen Bestimmungen anzupassen, kann nicht als bloßes Redaktionsversehen gewertet werden. Als Redaktionsversehen kommen offenkundige gesetzestechnische Fehler in Betracht. Solche Fehler können etwa vorliegen, wenn eine geänderte Paragraphenabfolge in einer Bestimmung unberücksichtigt bleibt, welche auf die geänderten Paragraphen Bezug nimmt. Auch die Nichtberücksichtigung veränderter Begriffe kann darunter fallen, wenn mit der Begriffsveränderung keine Änderung in der Sache verbunden ist. So liegt es hier jedoch offensichtlich nicht. Die nach §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG zur Mitwirkung berufene Schulkonferenz ist nicht lediglich eine andere Bezeichnung für die Gesamtkonferenz, die nach §§ 23, 24 Abs. 1 SchulVerfG zuständig war. Während dieser gemäß § 13 SchulVerfG als Stimmberechtigte ausschließlich Lehrer angehörten und das Schulverfassungsgesetz überdies in seinem Abschnitt V auch eine Schulkonferenz kannte, hat die nunmehr gemäß §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG zuständige Schulkonferenz neben dem Schulleiter und Lehrkräften auch Schüler, Erziehungsberechtigte sowie eine weitere Person als stimmberechtigte Mitglieder (§ 77 Abs. 1 Satz 1 SchulG).
c) Ferner handelt es sich in § 88 Nr. 4 BlnPersVG nicht etwa um eine dynamische Verweisung. Die Vorschrift nimmt nach ihrem Wortlaut nicht auf eine andere Bestimmung Bezug, sondern beschreibt den Mitbestimmungstatbestand eigenständig ohne eine derartige Bezugnahme. Die Anwendung der Vorschrift blieb demnach von Änderungen des Schulverfassungsgesetzes unberührt, welche die in § 88 Nr. 4 BlnPersVG beschriebenen Vorgänge im Kern unverändert ließen. Davon kann jedoch in Bezug auf ein neues Gesetz, welches den für die Mitbestimmung maßgeblichen Vorgang unter Beteiligung eines anderen Gremiums mit anderer Zusammensetzung neu regelt, keine Rede sein.
d) Die Bestimmungen des Schulgesetzes liefern keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass § 88 Nr. 4 BlnPersVG im Rahmen des Bestellungsverfahrens für Schulleiter und sonstige Funktionsstellen nach §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG weiterhin Anwendung finden soll.
aa) § 72 Abs. 7 SchulG besagt, dass im Übrigen die dienst- und personalvertretungsrechtlichen Vorschriften sowie das Landesgleichstellungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung unberührt bleiben. Die Vorschrift knüpft an die Regelungen des Bestellungsverfahrens in § 72 Abs. 1 bis 5 SchulG an. Die Formulierung “im Übrigen” unterstreicht die vorrangige Verbindlichkeit des Bestellungsverfahrens. Zugleich belässt sie es bei der Geltung der dienst- und personalvertretungsrechtlichen Vorschriften sowie des Landesgleichstellungsgesetzes, soweit diese Bestimmungen mit dem Bestellungsverfahren nach § 72 Abs. 1 bis 5 SchulG nicht kollidieren. Die in § 72 Abs. 7 SchulG getroffene Weitergeltungsanordnung meint die dort bezeichneten Bestimmungen nach Maßgabe ihres jeweiligen Inhalts. Eine positive Aussage dazu, dass § 88 Nr. 4 BlnPersVG auch für das neu geregelte Bestellungsverfahren Geltung beanspruchen soll, ist damit nicht verbunden.
bb) Die Übergangsregelung in § 129 Abs. 2 SchulG sieht vor, dass in den Fällen, in denen vor In-Kraft-Treten des neuen Schulgesetzes ein Benennungsverfahren nach §§ 23, 24 SchulVerfG eingeleitet wurde, diese Bestimmungen für die Durchführung dieses Benennungsverfahrens weiterhin Anwendung finden. Daraus folgt, dass das auf §§ 23, 24 SchulVerfG zugeschnittene Mitbestimmungsverfahren nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG noch durchzuführen war, soweit die genannten schulverfassungsrechtlichen Bestimmungen übergangsweise noch anzuwenden waren. Für die Weitergeltung des Mitbestimmungstatbestandes in Bezug auf das neue Bestellungsverfahren nach §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG ergibt sich daraus keine Aussage.
cc) Nach § 129 Abs. 3 SchulG findet auf Maßnahmen der Schule nach § 7 Abs. 3 Satz 3 SchulG § 3 a Abs. 3 und 4 des bisherigen Schulgesetzes bis zu einer Neuregelung der personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen über die Beteiligung der Personalvertretung weiter Anwendung. § 3 a Abs. 3 SchulG a.F. regelt im Einzelnen ein abgekürztes Mitbestimmungsverfahren bei Einstellungen in befristete Arbeitsverhältnisse (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks 15/1842 Anl. 3 S. 7). Dieses Verfahren gilt nunmehr im Rahmen von § 7 Abs. 3 Satz 3 SchulG, der – ähnlich wie bisher § 3a Abs. 1 und 2 SchulG a.F. – vorsieht, dass die Schule befristete Verträge zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und zur Durchführung pädagogischer und sonstiger Aufgaben abschließen kann. Die Übergangsregelung in § 129 Abs. 3 SchulG betrifft demnach ausschließlich das Mitbestimmungsverfahren bei der befristeten Einstellung von Lehrkräften. Sie bezieht sich nicht auf die Mitbestimmung des Personalrats bei der Bestellung von Schulleitern sowie bei der Besetzung sonstiger Funktionsstellen. Deswegen erlaubt die in § 129 Abs. 3 SchulG in Aussicht gestellte Neuregelung des Personalvertretungsrechts keinen Rückschluss darauf, dass § 88 Nr. 4 BlnPersVG unter der Geltung des neuen Schulgesetzes weiterhin Anwendung beanspruchen soll.
dd) Schließlich erlaubt § 130 SchulG keinen Rückschluss auf die Weitergeltung des Mitbestimmungstatbestandes nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG. Die Vorschrift beschränkt sich darauf, komplette schulrechtliche Regelwerke aufzuheben. Mit der Weitergeltung einer einzelnen Vorschrift eines anderen Rechtsbereichs befasst sie sich nicht.
e) Die Gesetzesmaterialien zu den vorgenannten schulrechtlichen Bestimmungen geben für eine abweichende Beurteilung nichts her (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks 15/1842 Anl. 2 S. 69, 98). In der Plenardiskussion kamen Konsequenzen der Reform für das Personalvertretungsrecht nicht zur Sprache (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Plenarprotokolle der 15. Wahlperiode, 43. Sitzung vom 15. Januar 2004, S. 3439 bis 3451).
f) Dass § 88 Nr. 4 BlnPersVG auf das neue Bestellungsverfahren für Schulleiter und die Inhaber sonstiger Funktionsstellen nach §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG weiterhin Anwendung findet, ist unter dem Gesichtspunkt der teleologischen Extension nicht geboten.
aa) Der Sinn und Zweck der Mitbestimmung in § 88 Nr. 4 BlnPersVG erschließt sich ohne weiteres, wenn man die zugrunde liegende Regelung in § 23 SchulVerfG zur Benennung des Schulleiters in den Blick nimmt. Gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SchulVerfG hatte die Dienstbehörde mindestens die zwei geeignetsten Bewerber der Gesamtkonferenz vorzuschlagen, welcher nach Maßgabe von § 23 Abs. 3 SchulVerfG das Benennungsrecht zustand. Dieses wandelte sich in ein Anhörungsrecht um, wenn sich der Vorschlag der Dienstbehörde ausnahmsweise auf einen einzigen Bewerber beschränkte (§ 23 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 SchulVerfG). Die Ernennung des erfolgreichen Bewerbers erfolgte durch die Dienstbehörde (§ 23 Abs. 5 SchulVerfG). Indem § 88 Nr. 4 BlnPersVG an die Vorschläge der Dienstbehörde anknüpfte, wurde ein spezielles Mitbestimmungsrecht des Personalrats für die Anfangsphase des Bestellungsverfahrens geschaffen. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass bereits die Auswahl der Dienstbehörde unter mehreren Bewerbern eine wichtige Weichenstellung bedeutete, für welche der personalvertretungsrechtliche Schutz insbesondere vor gesetzeswidriger Benachteiligung bereits zum Zuge kommen sollte (vgl. Germelmann/Binkert, Personalvertretungsgesetz Berlin, 2. Aufl. 2002, § 88 Rn. 26).
bb) Diese Zielsetzung wird durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Bereits § 88 Nr. 4 BlnPersVG vom 26. Juli 1974, GVBl S. 1669, enthielt den Mitbestimmungstatbestand “Vorschläge der Dienstbehörde an die Gesamtkonferenz für die Benennung von Schulleitern, ihren ständigen Vertretern und von Stufenleitern”. Die Einführung der Regelung ging zurück auf eine Initiative der SPD-Fraktion, die der Abgeordnete Gollnick in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 3. Juli 1974 wie folgt begründete: “Wir wollen, dass der Personalrat bei der Benennung von Schulleitern das Mitbestimmungsrecht bereits hat, um bei der Auswahl mitwirken zu können” (Abgeordnetenhaus von Berlin, Plenarprotokolle der 6. Wahlperiode, S. 2802). Seine heutige Fassung erhielt § 88 Nr. 4 BlnPersVG durch das 2. Gesetz zur Änderung des Schulverfassungsgesetzes vom 16. Januar 1979, GVBl S. 91. Damit wurde der zugleich erfolgten Änderung der §§ 23, 24 SchulVerfG, insbesondere der Erweiterung des Benennungsverfahrens auf weitere Funktionsstellen, Rechnung getragen. Die Intention des Mitbestimmungstatbestandes blieb davon unberührt.
cc) Allerdings wird der Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes durch den Umstand, dass anstelle der Bestimmungen in §§ 23, 24 SchulVerfG nunmehr die Regelung in §§ 72, 73 Abs. 1 SchulG getreten sind, für sich betrachtet nicht berührt. Der alten wie der neuen Regelung ist gemein, dass die Behörde unter den eingegangenen Bewerbungen zunächst eine Auswahlentscheidung trifft und einen auf wenige Bewerber – früher mindestens zwei, heute grundsätzlich zwei – beschränkten Vorschlag erstellt. Nur auf diese behördliche Vorauswahl bezieht sich das Mitbestimmungsrecht nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG. Der weitere Gang des Bestellungsverfahrens wird davon nicht erfasst. Deswegen kann es für die Anwendung dieses Mitbestimmungstatbestandes eigentlich gleichgültig sein, dass zur Entscheidung über den behördlichen Vorschlag nunmehr statt der Gesamtkonferenz die Schulkonferenz berufen ist und welche weiteren Modifikationen das neue Verfahren nach § 72 SchulG gegenüber dem alten Rechtszustand gebracht hat.
dd) Gegen die Weitergeltung des § 88 Nr. 4 BlnPersVG spricht aber entscheidend das erweiterte Aufgabenfeld, welches dem Schulleiter nach neuem Recht obliegt. Daraus ergibt sich, dass für Schulleiterstellen die Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 2, § 89 Abs. 3 BlnPersVG entfällt, wie der Senat in dem Beschluss vom heutigen Tage – BVerwG 6 P 2.05 – entschieden hat. Dies ist entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kein Gesichtspunkt, der beim Streit über die Mitbestimmung in Bezug auf Schulleiter- und sonstige Funktionsstellen erst an zweiter Stelle zum Tragen kommt. Vielmehr stellt er bereits die Fortgeltung des Mitbestimmungstatbestandes nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG selbst in Frage. Denn es macht keinen Sinn, in einem ersten Schritt die Fortgeltung des Mitbestimmungstatbestandes im Wege teleologischer Extension zu postulieren, um sodann in einem zweiten Schritt festzustellen, dass er wegen § 13 Abs. 3 Nr. 2, § 89 Abs. 3 BlnPersVG nicht zum Tragen kommt. Ergeben sich aus der Neuregelung des Schulrechts in Bezug auf die Schulleiterstellen die beschriebenen personalvertretungsrechtlichen Konsequenzen, so kann widerspruchsfrei nicht angenommen werden, die Weitergeltung des Mitbestimmungstatbestandes entspreche dem an Sinn und Zweck der Regelung orientierten Willen des Gesetzgebers.
ee) Diese Schlussfolgerung ist auch geboten, soweit sich § 88 Nr. 4 BlnPersVG auf die ständigen Vertreter des Schulleiters bezieht.
Allerdings gehören die ständigen Vertreter der Schulleiter grundsätzlich nicht zum Personenkreis derjenigen Dienstkräfte, die wegen ihrer Befugnis zur selbständigen Entscheidung in Personalangelegenheiten von nicht nur untergeordneter Bedeutung von der Wählbarkeit zum Personalrat ausgeschlossen sind. Dies trifft vielmehr, wie sich aus dem Senatsbeschluss vom heutigen Tage – BVerwG 6 P 8.04 – ergibt, nur dann zu, wenn ihnen gemäß § 69 Abs. 6 Satz 3 SchulG die Kompetenz zur Erstellung von dienstlichen Beurteilungen übertragen ist. Da dies in dem Verfahrensstadium, auf welches sich § 88 Nr. 4 BlnPersVG bezieht, noch nicht absehbar ist, wird die Weitergeltung des Mitbestimmungstatbestandes in Bezug auf die ständigen Vertreter der Schulleiter durch § 13 Abs. 3 Nr. 2, § 89 Abs. 3 BlnPersVG für sich betrachtet nicht in Frage gestellt.
Gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe die Weitergeltung des Mitbestimmungstatbestandes jedenfalls in Bezug auf die ständigen Vertreter der Schulleiter gewollt, sprechen jedoch folgende, insbesondere systematische Überlegungen: § 23 SchulVerfG regelte im Einzelnen das Verfahren für die Benennung des Schulleiters. Für die weiteren Funktionsstellen erklärte § 24 SchulVerfG die Vorschriften des § 23 SchulVerfG für entsprechend anwendbar. Nach Wortlaut und Systematik der genannten Bestimmungen war der Schulleiter die “Hauptperson”, für welche das Benennungsverfahren im Einzelnen beschrieben wurde; die Bestimmungen über die sonstigen Funktionsstellen knüpften daran nach Art einer Annexregelung lediglich an. Der Mitbestimmungstatbestand in § 88 Nr. 4 BlnPersVG spiegelt dies insoweit wider, als die Schulleiter dort als erste Personengruppe aufgeführt werden. Er hebt sich aus den übrigen in § 88 BlnPersVG für Beamte aller Verwaltungen normierten Mitbestimmungstatbeständen als Spezialregelung hervor, die auf das Bestellungsverfahren für die der Schulleitung angehörenden Dienstkräfte zugeschnitten und deren Geltung gerade für den Schulleiter als den an der Spitze der Schulleitung stehenden Beamten wesentlicher Bestandteil des Gesamtkonzepts ist. Es ist daher kein Zufall, dass in der bereits zitierten Abgeordnetenäußerung aus der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 3. Juli 1974 ausschließlich von der Mitbestimmung bei der Benennung “von Schulleitern” die Rede ist, obgleich schon damals weitere Funktionsstellen in den Mitbestimmungstatbestand einbezogen waren. Die beschriebene Systematik des Schulverfassungsgesetzes in Bezug auf Schulleiter und Inhaber sonstiger Funktionsstellen wird in den neuen schulrechtlichen Bestimmungen beibehalten. Während § 72 SchulG das Verfahren für die Bestellung von Schulleitern im Detail regelt, beschränkt sich § 73 Abs. 1 SchulG darauf, diese Regelung für sonstige Funktionsstellen für entsprechend anwendbar zu erklären. Hinzu kommt, dass § 24 SchulVerfG das spezielle in § 23 SchulVerfG normierte Benennungsverfahren – von den ständigen Vertretern des Schulleiters abgesehen – noch auf folgende Funktionsstellen erstreckt hat: Gesamtschuldirektoren als Leiter einer Mittelstufe, pädagogische Koordinatoren, Ausbildungsbereichsleiter, Abteilungsleiter sowie pädagogische Koordinatoren der Abteilungen an Oberstufenzentren. Dieser Personenkreis findet sich in vollem Umfang in § 88 Nr. 4 BlnPersVG wieder. Nunmehr ist dagegen die entsprechende Anwendung des Bestellungsverfahrens nach § 72 SchulG auf die ständigen Vertreter des Schulleiters sowie die Abteilungsleiter an Oberstufenzentren beschränkt (§ 73 Abs. 1 SchulG).
Wollte man angesichts dessen, dass erstens nunmehr die Schulkonferenz zuständig ist, dass zweitens die Schulleiter wegen § 13 Abs. 3 Nr. 2, § 89 Abs. 3 BlnPersVG von der Mitbestimmung nicht mehr erfasst werden und dass drittens für die meisten in § 88 Nr. 4 BlnPersVG bezeichneten Funktionsstellen ein besonderes Bestellungsverfahren schulrechtlich nicht mehr vorgesehen ist, § 88 Nr. 4 BlnPersVG gleichwohl weiterhin für anwendbar halten, so müsste man den Mitbestimmungstatbestand nunmehr wie folgt lesen: “Vorschläge der Schulaufsichtsbehörde an die Schulkonferenz für die Bestellung von ständigen Vertretern der Schulleiter und von Abteilungsleitern an Oberstufenzentren”. Dass es dem Willen des Berliner Landesgesetzgebers entspricht, von dem Mitbestimmungstatbestand nach § 88 Nr. 4 BlnPersVG einen derartigen “Torso” beizubehalten, kann nicht mit der nötigen Gewissheit angenommen werden. Eine derartige Annahme überschreitet die Möglichkeiten richterlicher Rechtsfortbildung. Es ist vielmehr derjenige Zustand eingetreten, in welchem der Gesetzgeber selbst sich des Themas bemächtigen muss.
g) Für eine Analogie ist erst Recht kein Raum. Zwar kann von einer planwidrigen Lücke ausgegangen werden. Bereits die unveränderte Beibehaltung des Mitbestimmungstatbestandes in § 88 Nr. 4 BlnPersVG ist ein deutlicher Beleg dafür, dass der Gesetzgeber sich über die personalvertretungsrechtlichen Konsequenzen seiner Schulrechtsreform keine Gedanken gemacht hat. Der Senat ist jedoch nicht in der Lage, sich die nötige Gewissheit darüber zu verschaffen, auf welche Weise der Gesetzgeber insbesondere mit Blick auf § 13 Abs. 3 Nr. 2, § 89 Abs. 3 BlnPersVG die Lücke geschlossen hätte.
h) Eine Vernehmung der Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen, wie vom Antragsteller auf S. 2 f. seiner Beschwerdebegründung vom 11. Juni 2004 angeregt und auf S. 2 seiner Rechtsbeschwerdeerwiderung vom 20. Januar 2005 erneut angesprochen, kommt nicht in Betracht. Es kann unterstellt werden, dass das Abgeordnetenhaus bei der Verabschiedung der Schulrechtsreform davon ausgegangen ist, dass sich Veränderungen im Bereich des Personalvertretungsrechts nicht ergeben. Dies lässt jedoch die Frage unbeantwortet, wie der Gesetzgeber die aufgezeigte Konsequenz aus § 13 Abs. 3 Nr. 2, § 89 Abs. 3 BlnPersVG bewältigt hätte. Nur Gewissheit in dieser Frage hätte dem Senat ermöglicht, im Wege der teleologischen Extension oder der Analogie zu dem vom Antragsteller angestrebten Ergebnis zu gelangen.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 1410088 |
SchuR 2006, 21 |