Verfahrensgang
OVG des Saarlandes (Urteil vom 01.06.2006; Aktenzeichen 2 N 1/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 1. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst.
1. Die Beschwerde wirft die Frage auf,
ob das ergänzende Verfahren nach § 215a BauGB a.F. bzw. § 214 Abs. 4 BauGB n.F. dem Plangeber erlaubt, die tatsächliche Feststellung des Normenkontrollgerichts, die zur Normverwerfung geführt hat, zu korrigieren und den Plan aufgrund solcher Korrektur im Wesentlichen inhaltsgleich erneut zu beschließen.
Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erst im Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt. So liegt es hier.
Der Senat hat den streitgegenständlichen Vorhaben- und Erschließungsplan in seinem Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – (BVerwGE 116, 144) bis zur Behebung der festgestellten Mängel für unwirksam erklärt. Sinn der Regelungen über ein ergänzendes Verfahren ist es, dem Plangeber die Behebung von Mängeln zu ermöglichen, ohne dass das gesamte Aufstellungsverfahren erneut durchlaufen werden müsste (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 1999 – BVerwG 4 CN 7.98 – BVerwGE 110, 193 m.w.N.). Vorliegend litt der Plan an einem Abwägungsfehler. Dieser Mangel konnte durch ein ergänzendes Verfahren im Sinne von § 215a Abs. 1 BauGB behoben werden; daher hat der Senat den Plan nicht für nichtig erklärt (vgl. zu dieser Unterscheidung auch den Beschluss des Senats vom 14. November 2005 – BVerwG 4 BN 51.05 – Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr. 21). Somit konnte die Antragsgegnerin nach erneuter Abwägung einen wirksamen Plan beschließen. Zu einem ordnungsgemäßen Abwägungsprozess gehört auch die Ermittlung der abwägungserheblichen Tatsachen. Vorliegend hat die Antragsgegnerin den Sachverhalt hinsichtlich der Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf die Entwässerung der umliegenden Grundstücke einschließlich des Grundstücks der Antragstellerin zum Gegenstand neuer Ermittlungen gemacht, die das Normenkontrollgericht in seinem Urteil eingehend darstellt (Urteilsabdruck S. 19 ff.). An einer neuen Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung maßgeblichen Tatsachen wird der Plangeber nicht dadurch gehindert, dass das Normenkontrollgericht im ersten Verfahren zugunsten der Antragstellerin von bestimmten Tatsachen ausgegangen ist und die hierauf gestützte Prognose der Antragsgegnerin nicht beanstandet hat (Urteilsabdruck S. 18). Auch die Entscheidung des Revisionsgerichts, das keine eigene Tatsachenfeststellung trifft, den Plan für unwirksam zu erklären, ändert hieran nichts. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin tritt insoweit keine Rechtskraft ein, die die Antragsgegnerin daran hindern würde, die abwägungserheblichen Tatsachen ohne Bindung an frühere Feststellungen neu zu ermitteln. Eine bloße Unterstellung von Tatsachen, wie sie hier den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts vom 28. März 2000 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2002 (Urteilsabdruck S. 12) zugrunde lag, könnte eine derartige Wirkung ohnehin nicht auslösen.
2. Die Beschwerde meint ferner, das Verfahren gebe Gelegenheit, grundsätzlich zu klären, ein “wievieljähriges Überschwemmungsereignis” die Grenze der Verletzung des Eigentumsgrundrechts unterschreite. Sie nimmt dabei auf eine Aussage des Normenkontrollgerichts Bezug, wonach das Entwässerungssystem des Vorhabens so ausgelegt sei, dass das vorgesehene Regenrückhaltebecken bei einem zehnjährigen Ereignis überlaufen könne. Damit wird eine Frage, die rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich wäre, nicht dargelegt. Denn das Oberverwaltungsgericht hat weiter festgestellt, dass für den Fall einer gleichwohl eintretenden Überlastung des Speichers das Wasser zielgerichtet auf die Straße fließe und Anlieger der Scheidter Straße, zu denen auch die Antragstellerin gehört, deshalb nicht beeinträchtigen könne (Urteilsabdruck S. 25 f.). Somit hat das Normenkontrollgericht keineswegs angenommen, dass es bei einem zehnjährigen Ereignis zu einer Beeinträchtigung der Grundstücke komme und erst recht nicht eine Verletzung des Eigentumsrechts der Antragstellerin angenommen. Daher kann dahingestellt bleiben, ob es sich vor dem Hintergrund des Abwägungsgebots überhaupt um eine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage handelt.
3. Auch die Frage,
ob die Schutzpflicht des Satzungsgebers, das Niederschlagswasser insgesamt zu beseitigen, damit die Bewohner des schutzbedürftigen Baugebiets und ihr Eigentum keinen Schaden erleidet, durch eine Abwägung erfüllbar ist, die diese Eigentümer darauf verweist, sich durch eine Rückstauklappe selbst zu schützen,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Der Senat hat die Maßstäbe, anhand derer die Abwägung des Plangebers zu überprüfen ist, in seinem Urteil vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – (a.a.O.) bereits eingehend umschrieben. Dabei hat er unter anderem ausgeführt, dass die Gemeinde bei der planerischen Konfliktbewältigung auch berücksichtigen darf, dass die Grundstücksnachbarn aus der Situation ihres Grundeigentums die Obliegenheit trifft, in einer ihnen wirtschaftlich zumutbaren Weise durch eigene technische Vorkehrungen in rückstaugefährdeten Untergeschossen (Rückstausicherungen) Kellerüberflutungen bei Starkregenereignissen vorzubeugen. Ob die Gemeinde vor diesem Hintergrund ausreichend Vorkehrungen zur Beseitigung des im Baugebiet anfallenden Niederschlagswassers getroffen hat, bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall und entzieht sich daher einer rechtsgrundsätzlichen Klärung.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Jannasch, Dr. Philipp
Fundstellen