Entscheidungsstichwort (Thema)
Freigestelltes Personalratsmitglied. fiktive Nachzeichnung des Werdegangs. Referenzgruppenmodell der Bundeswehr. Vergleichsgruppenbildung. Ausbildungs- und Verwendungsreihe. Beförderung. fiktive Versetzung. höherwertiger Dienstposten. Laufbahnwechsel. inzidente Kontrolle. Schadensersatz
Leitsatz (amtlich)
1. Einwände gegen die Referenzgruppenbildung für vom militärischen Dienst freigestellte Personalratsmitglieder müssen zeitnah geltend gemacht werden.
2. Die Befördserung eines vom militärischen Dienst freigestellten Personalratsmitglieds setzt die vorangegangene fiktive Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten voraus.
3. Die fiktive Versetzung eines vom militärischen Dienst freigestellten Personalratsmitglieds kann eigenständig geltend gemacht und eingeklagt werden; eine inzidente Nachprüfung im Rahmen eines Beförderungs- oder Schadensersatzbegehrens findet nicht statt.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2; SBG § 14 Abs. 1, § 51 Abs. 3 S. 1; BGB § 839 Abs. 3
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.09.2012; Aktenzeichen 10 A 10628/12) |
VG Koblenz (Entscheidung vom 02.05.2012; Aktenzeichen 2 K 667/11.KO) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. September 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 847,83 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde betrifft die berufliche Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr.
1. Der 1957 geborene Kläger trat im Jahr 1977 in den Dienst der Beklagten und stand zuletzt im Dienstgrad eines Hauptmanns. Nach Abschluss seiner Fachausbildung wurde er als Programmieroffizier beim Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr verwendet. Seit dem 12. Juni 2003 war er aufgrund seiner Tätigkeit als Vorsitzender des örtlichen Personalrats vom Dienst freigestellt. Zum 1. Dezember 2004 war er fiktiv auf einen A 12-Dienstposten versetzt und mit Wirkung vom 1. Juli 2006 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen worden. Durch am 16. April 2012 ausgehändigte Urkunde wurde er mit Ablauf des 31. Juli 2012 in den Ruhestand versetzt, weil er die besondere Altersgrenze seines Dienstgrads überschritten hatte.
Den am 4. Oktober 2010 gestellten Antrag auf fiktive Versetzung auf einen A 13g-Dienstposten, Beförderung zum Stabshauptmann sowie Schadensersatz für eine etwaig verspätete Beförderung lehnte die Beklagte ab. Aus dem Kreis der mit dem Kläger vergleichbaren, nicht freigestellten Offiziere habe sich bisher noch kein Soldat auf die Besetzung eines A 13-Dienstpostens qualifizieren können, sodass sich die Förderung zum Stabshauptmann nicht aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten ergebe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.
Die noch auf Beförderung und Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Beförderungsbegehren habe sich erledigt, weil der Kläger nach Ablauf der für ihn geltenden Altersgrenze zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei. Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch zu. Die Beklagte habe die berufliche Laufbahn des von seinen Dienstgeschäften befreiten Klägers fehlerfrei nachgezeichnet; insbesondere sei die hierfür von der Beklagten gebildete Vergleichsgruppe nicht zu beanstanden. Der vom Kläger geforderten Berücksichtigung von Soldaten in anderen Werdegängen bedürfe es nicht.
2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
a) Die mit der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind bereits nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn der Kläger infolge des nach seinem Vortrag gegen die Ruhestandsversetzung wegen Überschreitens der besonderen Altersgrenze für Hauptleute nach § 44 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 2 Nr. 4 SG eingelegten Rechtsmittels noch nicht bestandskräftig aus dem aktiven Dienst geschieden sein sollte (vgl. zum fehlenden Suspensiveffekt § 23 Abs. 6 Satz 2 WBO), muss die begehrte Beförderung schon daran scheitern, dass der Kläger einen Dienstposten der entsprechenden Besoldungsgruppe nicht zuvor (fiktiv) inne gehabt hat. Auch die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf den Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Versetzung des Klägers in den Ruhestand ist daher nicht erforderlich (§ 94 VwGO).
Nach Nr. 101 der Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten – ZDv 20/7 – ist die Beförderung von Soldaten grundsätzlich nur zulässig, wenn ihre Verwendung auf einem im Frieden zu besetzenden Dienstposten, dessen Bewertung mindestens dem Beförderungsdienstgrad entspricht, verfügt und als Personalmaßnahme wirksam geworden ist. Die Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten schafft daher die Voraussetzung für eine spätere Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten verwendet worden sind, kommen für eine Beförderung nicht in Betracht (vgl. zur entsprechenden Lage im Beamtenrecht Beschluss vom 7. August 2001 – BVerwG 2 VR 1.01 – Buchholz 232.1 § 11 BLV Nr. 2 S. 7 f.).
Dieses gestufte Modell mit seiner Abfolge Versetzung vor Beförderung gilt auch für freigestellte Personalratsmitglieder (Nr. 1 der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 – PSZ I 1 – 16-32-00/28 –, im Folgenden: Richtlinie). Um Personalratsmitgliedern auch bei Beibehaltung ihrer Freistellung eine Beförderung zu ermöglichen, hat die Beklagte das Institut der fiktiven Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten geschaffen. Auch insoweit handelt es sich aber um eine förmliche Versetzungsentscheidung, die dem Soldaten schriftlich mitgeteilt wird. Erst vom Zeitpunkt der fiktiven Versetzung an werden die freigestellten Personalratsmitglieder in die Bewerberauswahl für Beförderungsentscheidungen einbezogen (Nr. 3 der Richtlinie).
Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis sind weder vom Oberverwaltungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 9. April 2014 (ebenso wie bereits vor den Tatsachengerichten; vgl. etwa Schriftsatz vom 2. August 2012, S. 2) vielmehr darauf hingewiesen, dass die Anordnung zwingend angewendet wird und eine Beförderung nur nach vorheriger fiktiver Versetzung auf einen entsprechend höher bewerteten Dienstposten ausgesprochen wird.
Es besteht – auch unter dem Blickwinkel des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG – kein Anlass, die unterbliebene Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten nachträglich und inzident im Rahmen eines Beförderungsbegehrens auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu kontrollieren. Vielmehr hat das freigestellte Personalratsmitglied die Möglichkeit, eine fiktive Versetzung unmittelbar und eigenständig geltend zu machen und nötigenfalls auch einzuklagen (vgl. Beschlüsse vom 7. November 1991 – BVerwG 1 WB 160.90 – BVerwGE 93, 188 ≪189≫, vom 29. Juli 1997 – BVerwG 1 WB 23.97 – Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 S. 36, vom 23. Juni 2004 – BVerwG 1 WB 25.03 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 34 S. 37 und vom 18. Oktober 2007 – BVerwG 1 WB 20.07 – Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 5 Rn. 30 ff.).
Die Ablehnung seines Antrags, ihn fiktiv auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13g bewerteten Dienstposten zu versetzen, hätte der Kläger daher einer eigenständigen gerichtlichen Kontrolle zuführen können. Diesen Rechtsweg hat der Kläger nicht beschritten; mit seinen Klageanträgen hat er ausschließlich die Beförderung und die Gewährung von Schadensersatz verfolgt. Die auf Beförderung zum Stabshauptmann gerichtete Klage ist daher bereits mangels einer vorherigen fiktiven Versetzung auf einen nach der Besoldungsgruppe A 13 bewerteten Dienstposten unbegründet (ebenso bereits das Verwaltungsgericht, UA S. 5).
Entsprechendes gilt für den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung. Auch insoweit hätte es dem Kläger oblegen, die ihm zur Verfügung stehende Rechtsschutzmöglichkeit gegen eine etwaig rechtswidrig unterbliebene fiktive Versetzung in Anspruch zu nehmen (vgl. zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens aus § 839 Abs. 3 BGB im öffentlichen Dienstrecht etwa Urteil 28. Mai 1998 – BVerwG 2 C 29.97 – BVerwGE 107, 29 ≪31≫ = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 2 sowie zuletzt Beschluss vom 6. Juni 2014 – BVerwG 2 B 75.13 – Rn. 12 f. m.w.N.).
b) Die mit der Beschwerde nach Art einer Berufungsschrift vorgebrachten und schlaglichtartig beleuchteten Rechtsfragen zum System der beruflichen Förderung freigestellter Personalratsmitglieder bei der Bundeswehr – insbesondere zum Vergleich mit Soldaten aus anderen Verwendungsreihen oder Laufbahnen – würden sich in einem Revisionsverfahren daher nicht stellen. Sie sind unabhängig hiervon in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitgehend geklärt oder lassen sich auf Grundlage der bestehenden Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
aa) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen (stRspr; vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20. Juni 2013 – BVerwG 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 18). Ist eine lückenlose Leistungsnachzeichnung nicht möglich, weil der Soldat während des Beurteilungszeitraumes wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt war und damit keine dienstlichen Leistungen erbracht hat, muss der Dienstherr Vorkehrungen treffen, dass hierdurch keine Nachteile entstehen (vgl. § 14 Abs. 1 Soldatenbeteiligungsgesetz – SBG –). Bei Auswahlentscheidungen hat er zugunsten des freigestellten Personalratsmitglieds eine berufliche Entwicklung zu unterstellen, wie sie ohne die Freistellung voraussichtlich verlaufen wäre (Beschluss vom 7. November 1991 – BVerwG 1 WB 160.90 – BVerwGE 93, 188 ≪192≫; Urteil vom 21. September 2006 – BVerwG 2 C 13.05 – BVerwGE 126, 333 = Buchholz 237.8 § 12 RhLBG Nr. 1 jeweils Rn. 17).
Dabei ist einer zu erwartenden Leistungssteigerung angemessen Rechnung zu tragen. Mit dem Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung vergangener Beurteilungen (vgl. § 33 Abs. 3 Nr. 4 BLV) wird nicht nur eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung fingiert, sondern auch eine Fortentwicklung der Leistungen entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter unterstellt (Urteil vom 16. Dezember 2010 – BVerwG 2 C 11.09 – Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 9). Die Fortschreibung prognostiziert damit, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wenn er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt gewesen wäre und seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt hätte.
Um das berufliche Fortkommen eines Personalratsmitglieds nicht davon abhängig machen zu müssen, dass es seine Freistellung aufgibt, kann ausnahmsweise auch auf das Erfordernis einer vorherigen Erprobung auf einem höherwertigen Dienstposten verzichtet werden. Dies setzt aber voraus, dass aufgrund des bisherigen beruflichen Werdegangs des Personalratsmitglieds und vergleichbarer Bediensteter prognostisch festgestellt werden kann, dass der freigestellte Bewerber den Anforderungen der Erprobung aller Voraussicht nach gerecht geworden wäre. Lässt sich eine belastbare Prognose hierzu nicht treffen, etwa weil das freigestellte Personalratsmitglied einer entsprechenden Tätigkeit seit längerer Zeit nicht mehr nachgegangen ist oder wenn es sich um einen Dienstposten bewirbt, der erhebliche Unterschiede zu seiner bisherigen dienstlichen Tätigkeit aufweist, kann von einer tatsächlichen Erprobung nicht abgesehen werden (Urteil vom 21. September 2006 a.a.O Rn. 18 ff.; ebenso Beschluss vom 3. Juli 2001 – BVerwG 1 WB 24.01 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 S. 14 für eine notwendige Vorverwendung).
Das Benachteiligungsverbot verschafft keinen Anspruch, von Qualifikationsmerkmalen dispensiert zu werden. Dem in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Prinzip der Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch Personalratsmitglieder unterworfen. Fehlen dem Personalratsmitglied die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, kann dies durch eine fiktive Fortschreibung nicht überspielt werden. Es wäre ansonsten im Falle der Beendigung seiner Freistellung für die Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben nicht geeignet. Aus den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG ergibt sich zugleich, dass verbleibende Zweifel an der Eignung des Personalratsmitglieds für ein höherwertiges Statusamt oder einen höherwertigen Dienstgrad zu dessen Lasten gehen (Urteil vom 21. September 2006 a.a.O Rn. 20).
bb) Ausgehend hiervon kann der Kläger einen Vergleich mit Soldaten, die eine Beförderung erst nach einem Laufbahnwechsel erreicht haben, nicht beanspruchen. Die Eingrenzung der maßgeblichen Vergleichs- oder Referenzgruppe auf Soldaten mit gleicher Laufbahnvoraussetzung (Nr. 1 der Richtlinie) ist nicht zu beanstanden.
Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 20. Juni 2013 – BVerwG 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 28). Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen von einer Erprobung abzusehen, geht daher von einer bestehenden Eignung des freigestellten Personalratsmitglieds aus. Die zunächst nur probeweise Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens soll dem Beamten die Befähigung für die Wahrnehmung seiner Dienstaufgaben nicht verschaffen, sondern unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass er den Anforderungen des Beförderungsamts genügen wird.
Diese Annahme trifft für einen Laufbahnwechsel nicht zu. Auch im Soldatenrecht ist ein Laufbahnwechsel vielmehr nur zulässig, wenn der Soldat die Befähigung für die neue Laufbahn besitzt (§ 6 Abs. 2 Satz 1 SLV; vgl. zur Feststellung dieser Befähigung Nr. 1017 Satz 2 ZDv 20/7). Die vom Kläger benannten Beförderungsfälle in den Dienstgrad eines Majors setzen überdies die erfolgreiche Teilnahme an einem Stabsoffizierlehrgang voraus (§ 25 Abs. 2 SLV). Von diesen Anforderungen kann der Kläger nicht allein deshalb befreit werden, weil er als Personalratsmitglied von der Erfüllung seiner Dienstpflichten freigestellt ist (Beschluss vom 3. Juli 2001 – BVerwG 1 WB 24.01 – Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 26 S. 14). Vergleichsmaßstab des Benachteiligungsverbotes ist diejenige Lage, in der das Personalratsmitglied voraussichtlich stünde, wenn es nicht freigestellt worden und in seinem bisherigen Aufgabenbereich verblieben wäre (vgl. Urteil vom 13. September 2001 – BVerwG 2 C 34.00 – Buchholz 251.6 § 39 NdPersVG Nr. 1 S. 2; zur Bezugnahme auf die eigene Verwendungsreihe auch bereits Beschluss vom 29. Juli 1997 – BVerwG 1 WB 23.97 – Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 23 S. 37).
Der vom Kläger angestrebte Wechsel aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die der Offiziere des Truppendienstes ist im Übrigen auch schon vor seiner Freistellung wiederholt abgelehnt worden (Bescheide vom 10. April 1995 und vom 12. Mai 1999). Die in Nr. 2.2.4 der Erläuterungen zur Erlasslage vom 9. August 2010 (PSZ I 1 – 16-32-00/28 – im Folgenden: Erläuterungen) vorgesehene Möglichkeit eines Laufbahnwechsels trotz Freistellung hat der Kläger nicht beschritten.
cc) Entgegen der Ansicht der Beschwerde war die Beklagte auch nicht verpflichtet, bei der Bildung der Referenzgruppe Soldaten aus anderen Ausbildungs- und Verwendungsreihen zu berücksichtigen.
Auf welche Weise der Dienstherr sicherstellt, dass die Freistellung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führt (§ 51 Abs. 3 Satz 1 SBG i.V.m. § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG), obliegt grundsätzlich seiner Entscheidung (Urteil vom 16. Dezember 2010 – BVerwG 2 C 11.09 – Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 15). Das von der Beklagten hierfür gewählte Referenzgruppenmodell ist grundsätzlich geeignet, der Zielstellung des Behinderungsverbots Rechnung zu tragen, weil es eine Fortentwicklung der Leistung entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Soldaten unterstellt. Es ist nicht sachfremd, die Vergleichbarkeit der Werdegänge durch eine Einschränkung der Referenzgruppe auf die Angehörigen derselben Ausbildungs- und Verwendungsreihe sicherzustellen (vgl. hierzu auch bereits Beschluss vom 29. Juli 1997 – BVerwG 1 WB 23.97 – a.a.O. S. 37).
Eine weitere Öffnung würde hingegen den Vergleichsmaßstab verschieben und damit die Aussagekraft der Vergleichsgruppenbetrachtung beeinträchtigen. Ohne die Freistellung hätte der Kläger nur die Chance gehabt, auf einem höher bewerteten Dienstposten seines Werdegangs eingesetzt zu werden. Die (fiktive) Berücksichtigung weiterer Werdegänge anderer Soldaten dagegen führt zu einer Besserstellung freigestellter Personalratsmitglieder, weil zusätzliche Stellen in die Betrachtung einbezogen werden. Die real für nicht freigestellte Konkurrenten des Klägers bestehende Beschränkung auf freie Dienstposten innerhalb seines Werdegangs würde damit umgangen. Eine derartige Besserstellung freigestellter Personalratsmitglieder ist sachlich nicht geboten.
dd) Soweit die Beschwerde die zeitliche Dimension der Referenzgruppenbildung thematisiert, die nach Nr. 2.1 der Erläuterungen während der Freistellung nicht geändert wird, verkennt sie, dass vorliegend gerade nicht um die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung (vgl. zu deren zeitlichen Grenzen Urteil vom 16. Dezember 2010 – BVerwG 2 C 11.09 – a.a.O. Rn. 11) gestritten wird.
Das von der Beklagten praktizierte Referenzgruppenmodell schreibt nicht die letzte, aufgrund tatsächlicher dienstlicher Tätigkeit erstellte Beurteilung fort, sondern bildet ausgehend hiervon eine Vergleichsgruppe für das freigestellte Personalratsmitglied. Damit wird eine dynamische Fortentwicklung der beruflichen Leistungen unterstellt, die sich aus dem Werdegang der Vergleichsgruppe ergibt. Dieses Fördersystem vermeidet gerade die Schwierigkeiten, die sich bei einer lang andauernden Freistellung daraus ergeben, dass die letzte dienstliche Beurteilung immer mehr an tatsächlicher Aussagekraft verliert.
Besondere Bedeutung kommt damit der Vergleichsgruppenbildung zu. Nur wenn die Referenzgruppe den Leistungsstand und das Entwicklungspotential des freigestellten Personalratsmitglieds zutreffend erfasst, kann sie Hinweise für die Prognose geben, wie die berufliche Entwicklung des Personalratsmitglieds ohne die Freistellung voraussichtlich verlaufen wäre. Die Bildung der Referenzgruppe und die Zuteilung eines Rangplatzes hierin bestimmt die künftige berufliche Entwicklung des freigestellten Personalratsmitglieds und nimmt die sich erst später realisierende Auswahlentscheidung vorweg. Es spricht daher viel dafür, Einwände hiergegen zeitnah zu verlangen (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO), zumal etwaige Fehler bei einer erst lange im Nachhinein erfolgenden Kontrolle nicht mehr angemessen behoben werden können (vgl. zur Verwirkung auch Beschluss vom 6. Juni 2014 – BVerwG 2 B 75.13 – Rn. 15 f.). Eine entsprechende Obliegenheit setzt allerdings voraus, dass den freigestellten Personalratsmitgliedern die Referenzgruppenbildung auch mitgeteilt wird.
3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel aufgezeigt, auf dem die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Beschwerde verkennt den Gehalt des grundgesetzlich verbürgten Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Danach sind die Gerichte zwar verpflichtet, die Ausführungen und Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihnen zu befassen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte aber nicht, einem tatsächlichen Umstand die vom Beschwerdeführer erwünschte Bedeutung zuzumessen oder seiner Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 – 2 BvR 678/81 u.a. – BVerfGE 64, 1 ≪12≫). Soweit dem Oberverwaltungsgericht wiederholt unzutreffende Rechtsansichten vorgeworfen werden, betrifft dies daher nicht das rechtliche Gehör.
Soweit der Kläger – unter Bezugnahme auf die erst nachträglich erlassenen Erläuterungen – seine Nichtberücksichtigung bei Auswahlentscheidungen aufgrund seiner dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 31. März 2004 noch bis zum 30. September 2006 rügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass die angegriffene Entscheidung hierauf beruhen könnte. Der Kläger ist vielmehr gerade in diesem Zeitraum fiktiv auf einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 12 versetzt und anschließend auch in eine Planstelle dieser Besoldungsgruppe eingewiesen worden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 71 Abs. 1 Satz 1, § 40, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG a.F. Der Wert des Schadensersatzantrages ist gemäß § 52 Abs. 6 GKG nicht zusätzlich anzusetzen.
Unterschriften
Domgörgen, Dr. Kenntner, Dollinger
Fundstellen
PersV 2014, 458 |
IÖD 2014, 220 |