Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.08.2002; Aktenzeichen 1 A 11289/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. August 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1.1 Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler zunächst, das Oberverwaltungsgericht hätte dem Beweisantrag nachgehen müssen, durch ein (weiteres) Sachverständigengutachten zu klären, welche Reduzierung des Schallpegels durch die von der Beklagten verlangten Schallschutzmaßnahmen an den Parkliften eintrete. Zur Begründung ihres Antrags hatte die Beigeladene ausgeführt, da es um die Frage gehe, ob der Parklift beim Betrieb störende Geräusche verursache, könne auch nur der Zustand Beurteilungsgrundlage sein, der tatsächlich genehmigt worden sei. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, es bestehe kein Anlass, dieses Beweisangebot aufzugreifen. Denn das eingeholte Sachverständigengutachten habe ergeben, dass allein der Liftvorgang keinen nennenswerten Einfluss auf die zu erwartenden Beurteilungspegel habe. Somit sei unerheblich, dass die in der Auflage verlangten Schalldämpfungsmaßnahmen an den Parkliften noch nicht durchgeführt worden seien.
Vor diesem Hintergrund hätte in der Beschwerde substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher weiteren tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin hätte dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (stRspr). Diesen Darlegungserfordernissen genügt die Beschwerde jedoch nicht. Denn sie legt nicht dar, dass das vom Oberverwaltungsgericht eingeholte Gutachten die jetzt behaupteten Auswirkungen von Schallschutzauflagen für die Parklifte nicht berücksichtigt habe, soweit es das Befahren (nicht das Senken und Heben) der Parklifte betrifft. Ebenso wenig legt sie dar, dass sie insoweit in der mündlichen Verhandlung oder zu einem späteren vom Gericht eventuell zu berücksichtigenden Zeitpunkt auf die jetzt als fehlend gerügte Sachverhaltsermittlung hingewirkt hätte.
1.2 Auch zu der Frage der Schallreflexionen wird den umschriebenen Darlegungserfordernissen an eine Aufklärungsrüge nicht genügt.
1.3 Die Beschwerde bemängelt ferner, dass das Berufungsgericht als “zu berücksichtigen” gewürdigt hat, dass die Parkliftanlage ca. 2 Meter höher als das Nachbargrundstück der Kläger liegt. Sie führt aus, die Schallmessungen seien in einem Zimmer durchgeführt worden, das höher als die Parkliftanlage liege. Damit wird schon im Ansatz kein Verfahrensmangel aufgezeigt, denn das Gericht hat bei seiner Feststellung an dieser Stelle nicht auf dieses Zimmer und die dort vorgenommenen Messungen abgestellt. Davon ist vielmehr erst im Folgesatz, der ersichtlich einen weiteren selbständigen Erwägungsgrund enthält, die Rede.
2. Die Rechtssache hat auch nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫; stRspr).
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob ein Parklift an einer Grundstücksgrenze, der selbst keinen über die Nachtimmissionswerte für reine Wohngebiete hinausgehenden Lärm verursacht, gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen könne, sofern im Übrigen nur der übliche mit Parkvorgängen verbundene Geräuschpegel erreicht werde. Mit dieser Formulierung enthält die Fragestellung tatsächliche Wertungen, die mit denjenigen des Oberverwaltungsgerichts nicht übereinstimmen und schon deswegen in einem Revisionsverfahren nicht zugrunde zu legen wären. Davon abgesehen hebt das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil in ausdrücklichem Anschluss an sein Urteil vom 27. Juni 2002 – 1 A 11669/99.OVG – (BauR 2003, 368; vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 20. März 2003 – BVerwG 4 B 59.02 –) hervor, dass es für die Frage, ob Stellplätze in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise nicht mehr hinzunehmen seien, auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankomme. Soweit die Beschwerde möglicherweise aus § 12 BauNVO ableitet, dass die Nachbarn uneingeschränkt die Beeinträchtigungen und Störungen dulden müssten, die mit dem Betrieb von nach Landesrecht erforderlichen Stellplätzen üblicherweise verbunden sind, verkennt sie, dass auch die Regelung des § 12 Abs. 2 BauNVO unter dem Vorbehalt des § 15 Abs. 1 BauNVO steht. In seinem Beschluss vom 20. März 2003 – BVerwG 4 B 59.02 – hat der Senat hierzu ausgeführt:
Nach § 12 Abs. 2 BauNVO sind Stellplätze – mit den dort genannten Einschränkungen – auch in reinen Wohngebieten gemäß § 3 BauNVO zulässig. Allerdings sind, wie der Senat bereits in seinem vom Oberverwaltungsgericht wörtlich wiedergegebenen Urteil vom 7. Dezember 2000 – BVerwG 4 C 3.00 – (NVwZ 2001, 813 = BRS 63 Nr. 160) ausgeführt hat, nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Die Vorschrift gilt auch für die in § 12 BauNVO genannten Stellplätze und Garagen. Sie sind vor allem dann unzulässig, wenn ihre Nutzung zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft führt. Dabei kommt der Zufahrt eine besondere Bedeutung zu, weil – jedenfalls bei Wohnbebauung – der Zu- und Abgangsverkehr die Nachbarschaft regelmäßig am stärksten belastet. Demgemäß begegnen Garagen und Stellplätze in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern oft rechtlichen Bedenken. Ob sie im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unzumutbar sind, richtet sich gleichwohl nach der Eigenart des Baugebiets. Eine generelle, für alle Standorte von Stellplätzen im rückwärtigen (Wohn-)Bereich geltende Beurteilung ist nicht möglich; sie hängt immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
Daraus folgt, dass die Nachbarn die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall hinzunehmen haben, dass aber besondere örtliche Verhältnisse auch zu dem Ergebnis führen können, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann. Dabei ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundentscheidung Rechnung zu tragen. Dies entbindet das Tatsachengericht jedoch nicht von der Prüfung, ob im Einzelfall unzumutbare Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Die besonderen Umstände des Einzelfalls können es, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend hervorhebt, erforderlich machen, die Beeinträchtigung der Nachbarschaft auf das ihr entsprechend der Eigenart des Gebiets zumutbare Maß zu mindern. Hierfür kommen beispielsweise die bauliche Gestaltung der Stellplätze und ihrer Zufahrt, eine Anordnung, die eine Massierung vermeidet, der Verzicht auf Stellplätze zugunsten einer Tiefgarage oder Lärmschutzmaßnahmen an der Grundstücksgrenze in Betracht. Im Übrigen müssen selbst notwendige Stellplätze nach allgemeinen bauordnungsrechtlichen Grundsätzen nicht auf dem Baugrundstück selbst errichtet werden (vgl. das Senatsurteil vom 16. September 1993 – BVerwG 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 ≪162≫ = BRS 55 Nr. 110).
Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall den Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor allem in der Konzentration von Stellplätzen und der Lage der Parkliftanlage unmittelbar an der Grundstücksgrenze der Kläger auf einer beengten Freifläche gesehen. Es versteht sich von selbst, dass diese besonderen Umstände auch bei einer Liftanlage, deren eigene Geräusche beim Heben und Senken vernachlässigt werden können, für die Beurteilung der Zulässigkeit der Stellplätze und der durch sie verursachten Geräusche (Ein- und Ausfahrten, Rangieren, Türschlagen etc.) im Rahmen des § 15 Abs. 1 BauNVO von Bedeutung sein können. Allerdings wird es dabei stets auf die Besonderheiten des Einzelfalls ankommen. Weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
3. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde legt jedoch nicht dar, welche Rechtssätze im Widerspruch stehen könnten. Sie verweist zunächst auf den Beschluss des Senats vom 22. September 1998 – BVerwG 4 B 88.98 – (BRS 60 Nr. 85). Dort hat der Senat ausgeführt, dass die Richtwerte der TA Lärm unter bestimmten Umständen als Anhalt dienen können. Ob eine Anlage in einer die Rechte des Nachbarn verletzenden Weise rücksichtslos sei, könne allerdings nur aufgrund einer einzelfallbezogenen Bewertung aller ihrer Auswirkungen beurteilt werden. Von diesem Grundsatz ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Soweit die Beschwerde anschließend eben diese Würdigung des Einzelfalls bemängelt, zeigt sie keine Divergenz im beschriebenen Sinn auf.
Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 1999 – BVerwG 11 A 9.97 – (Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26) und vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 9.95 – (BVerwGE 101, 1) behandeln die Auslegung und Anwendung der 16. BImSchV. Diese Norm hat das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung jedoch nicht zugrunde gelegt, so dass es auch keinen auf sie bezogenen Rechtssatz aufgestellt hat.
Im Übrigen benennt die Beschwerde mehrere weitere Entscheidungen und führt aus, im Hinblick auf bestimmte dort vorliegende und hier zu verneinende Einzeltatsachen weiche das angegriffene Urteil von ihnen ab. Damit wird aber eine Divergenz im beschriebenen Sinn nicht dargelegt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Unterschriften
Paetow, Lemmel, Jannasch
Fundstellen