Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.12.2018; Aktenzeichen 6 A 10308/18) |
VG Trier (Entscheidung vom 09.03.2017; Aktenzeichen 2 K 1876/16.TR) |
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 371,73 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit oder zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung geboten ist. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.
Rz. 3
Die Frage,
ob topographische Gegebenheiten innerhalb eines ansonsten zusammenhängenden Gemeinde- oder Stadtgebietes - wie (stillgelegte) Bahnlinien, Bäche oder höher gelegte Radwege - auch dann dazu führen, dass ein individuell-konkret zurechenbarer Vorteil der beitragspflichtigen Grundstücke bzw. ihrer Eigentümer durch den Straßenausbau nicht mehr gegeben ist und die Gemeinde oder Stadt gezwungen ist, beim wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag nach § 10a KAG RP das Gebiet in mehrere Abrechnungseinheiten aufzuteilen, wenn über oder unter diesen Gegebenheiten Wege und Straßen führen und diese damit an mehreren Stellen durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr gequert werden können,
rechtfertigt es nicht, die Revision zuzulassen. Denn die Frage ist, soweit sie sich überhaupt allgemein beantworten lässt, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt.
Rz. 4
Danach verstößt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen nach § 10a des Kommunalabgabengesetzes Rheinland-Pfalz in der hier maßgeblichen Fassung vom 12. Dezember 2006 (GVBl. S. 401) bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG ausgeprägte Gebot der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen. Der durch den Beitrag ausgeglichene Sondervorteil besteht in dieser Konstellation in der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Zufahrt oder des Zugangs zu einer öffentlichen Verkehrsanlage, die Teil einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ist (BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 1 BvR 668/10 u.a. - BVerfGE 137, 1 Rn. 55 ff.). Will der Satzungsgeber die Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets als einheitliche öffentliche Einrichtung bestimmen, unterliegt sein Gestaltungsermessen allerdings verfassungsrechtlichen Grenzen. Ein Beitrag für den Ausbau einer Straße als Teil einer öffentlichen Verkehrsanlage kommt nur für diejenigen Grundstücke in Betracht, die von der Verkehrsanlage einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Nur in diesem Fall erscheint es nach dem Maßstab des Gleichheitssatzes gerechtfertigt, gerade den oder die Eigentümer dieses Grundstücks zu einem Beitrag für die Nutzung der ausgebauten Straße heranzuziehen. Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken. Ein "funktionaler Zusammenhang" ist für die Bildung einer Abrechnungseinheit durch den Gleichheitssatz nicht vorgegeben. Jedoch dürfen keine Gebiete mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand zusammengeschlossen werden, falls dies zu einer auch bei großzügiger Pauschalierungsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot der Belastungsgleichheit nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führen würde (BVerfG, Beschluss vom 25. Juni 2014 a.a.O. Rn. 63 ff.).
Rz. 5
Welche Anlagen danach in einem "zusammenhängenden bebauten Gebiet" liegen und wie bei Flüssen oder Bahnanlagen etwaige Querungsmöglichkeiten beschaffen sein müssen, damit der betreffende Zusammenhang nicht aufgehoben wird, beurteilt sich allerdings stets nach den Umständen des Einzelfalls und entzieht sich damit einer fallübergreifenden Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren.
Rz. 6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13949384 |