Entscheidungsstichwort (Thema)
Personalratsfähige Dienststelle. Aus- und Fortbildungszentrum beim Grenzschutzpräsidium
Leitsatz (amtlich)
1. Ob eine dem Grenzschutzpräsidium nachgeordnete Stelle (hier das Aus- und Fortbildungszentrum) eine personalratsfähige Dienststelle ist, beurteilt sich nach § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG; § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG regelt insoweit nichts Abweichendes.
2. Die Dienststelleneigenschaft ist zu verneinen, wenn der Leiter der Einrichtung hinsichtlich der Mehrzahl der bedeutsamen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten nicht als verantwortlicher Partner einer Personalvertretung angesehen werden kann, weil er insoweit keine Entscheidungskompetenz hat.
Normenkette
BPersVG §§ 6, 85
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Beschluss vom 10.02.2000; Aktenzeichen 11 L 5/99) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 18.06.1999; Aktenzeichen VG PB 9/99) |
Tenor
Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts, Fachsenat für Personalvertretungssachen – Bund, vom 10. Februar 2000 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Dem Grenzschutzpräsidium Nord ist ein Musikkorps in Hannover zugeordnet, dessen Beschäftigte aufgrund eines Verselbständigungsbeschlusses über einen eigenen Personalrat verfügen. Mit Rücksicht darauf ist beim Grenzschutzpräsidium Nord ein Gesamtpersonalrat, der Antragsteller, gebildet worden.
Im Zuge der Neuorganisation des Bundesgrenzschutzes zum 1. Januar 1998 wurde bei den fünf Grenzschutzpräsidien jeweils ein Aus- und Fortbildungszentrum eingerichtet. Beim Grenzschutzpräsidium Nord ist dies das Aus- und Fortbildungszentrum in Walsrode. Dessen Beschäftigte wählten im Juli 1999 einen eigenen Personalrat. Ein Verselbständigungsbeschluss wurde in Ü-bereinstimmung mit einem Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 20. Juli 1998 – BGS I 3 660 080/I – nicht für erforderlich gehalten. Im August 1999 ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren beim Verwaltungsgericht Lüneburg der Antrag anhängig gemacht worden, die Personalratswahl beim Aus- und Fortbildungszentrum des Grenzschutzpräsidiums Nord für nichtig zu erklären; über diesen Antrag ist noch nicht entschieden.
Bereits im April 1999 hatte der Antragsteller im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren beim Verwaltungsgericht Schleswig beantragt,
- festzustellen, dass das Aus- und Fortbildungszentrum des Grenzschutzpräsidiums Nord in Walsrode keine Dienststelle ist, in der ein eigenständiger Personalrat gewählt werden kann,
- festzustellen, dass er auch für die in die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats fallenden Angelegenheiten, die die Mitarbeiter des Aus- und Fortbildungszentrums des Grenzschutzpräsidiums Nord in Walsrode betreffen, zuständig ist.
Diesen Anträgen hat das Verwaltungsgericht entsprochen. Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht die Anträge des Antragstellers abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei dem Aus- und Fortbildungszentrum handle es sich um eine dem Grenzschutzpräsidium nachgeordnete Dienststelle im Sinne von § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG, für welche ein eigener Personalrat zu wählen sei. Zudem seien die für die Dienststelleneigenschaft maßgebenden allgemeinen Kriterien aus § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG erfüllt, da das Aus- und Fortbildungszentrum Nord in Aufgabe und Organisation eigenständig sei. Denn dessen Leiter erfülle die Arbeitgeberfunktion für sämtliche Tarifbeschäftigten bis einschließlich der Vergütungsgruppe V c. In seine Kompetenz fielen alle Personalmaßnahmen einschließlich der Neueinstellungen sowie Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sei § 6 Abs. 2 Satz 1 BPersVG hier nicht einschlägig, weil diese Vorschrift das Verhältnis zwischen Mittelbehörden und diesen zugeordneten Stellen nicht regele. Abgesehen davon seien auf den Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums Nord nur sehr begrenzte personalrechtliche Entscheidungsbefugnisse delegiert. Derartige Aufgabenübertragungen, welche auch gegenüber anderen Abteilungsleitern innerhalb des Grenzschutzpräsidiums Nord erfolgt seien, könnten die Eigenständigkeit des Aus- und Fortbildungszentrums als organisatorische Einheit nicht begründen. Die Personalverantwortung für sämtliche Beamten und die Angestellten mit einer Vergütung oberhalb der Vergütungsgruppe V c, sicherlich der größere Teil der Beschäftigten des Aus- und Fortbildungszentrums Nord, bleibe beim Leiter des Grenzschutzpräsidiums. Von diesem würden daher die wesentlichen personalrechtlichen Entscheidungen gefällt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor: Aus § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG ergebe sich, dass nicht nur Stellen des Bundesgrenzschutzes mit eigener Behördenqualität über Personalräte verfügen sollten, sondern auch Stellen des nachgeordneten Bereiches, welche nicht selbst Behörden seien. Dahinter stehe die Überlegung des Gesetzgebers, bei den Stellen des nachgeordneten Bereichs mit erheblichem Personalbestand eine ortsnahe Wahrnehmung der personalvertretungsrechtlichen Aufgaben sicherzustellen. Für die Bejahung der Dienststelleneigenschaft genüge es, dass der Dienststellenleiter in denjenigen Angelegenheiten, in welchen er die Personalvertretung zu beteiligen habe, einen Handlungs- und Entscheidungsspielraum habe. Die Voraussetzungen habe das Oberverwaltungsgericht beim Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums Nord zu Recht als gegeben angesehen. Zudem würden weitere Funktionen wie z.B. die Disziplinargewalt vom Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums wahrgenommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG und § 564 Abs. 1, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung des Bundespersonalvertretungsrechts (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG).
1. Ob das Aus- und Fortbildungszentrum des Grenzschutzpräsidiums Nord eine Dienststelle ist, in welcher ohne einen Verselbständigungsbeschluss der Beschäftigten ein Personalrat gewählt werden kann, beurteilt sich entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts allein nach der allgemeinen Vorschrift des § 6 BPersVG. Die Sonderregelung für den Bundesgrenzschutz (§ 85 BPersVG) trifft in dieser Hinsicht keine abweichende Aussage.
a) Gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG wählen die Beschäftigten der Bundesgrenzschutzbehörden und der ihnen nachgeordneten Dienststellen Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen (Bundesgrenzschutzpersonalrat, Bundesgrenzschutzbezirkspersonalrat, Bundesgrenzschutzhauptpersonalrat). Das Verständnis dieser Vorschrift erschließt sich nicht bei isolierter Betrachtungsweise. Wie aus dem Einleitungssatz des § 85 Abs. 1 BPersVG hervorgeht, wonach für den Bundesgrenzschutz das Bundespersonalvertretungsgesetz „mit folgenden Abweichungen” gilt, setzen die in § 85 Abs. 1 BPersVG getroffenen Sonderregelungen die grundsätzliche Anwendbarkeit der sonstigen für die Personalvertretungen im Bundesdienst geltenden Vorschriften voraus, um sie zugleich zu ergänzen oder zu modifizieren. Zudem ist § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG ersichtlich auf die Organisationsstruktur zugeschnitten, die für den Bundesgrenzschutz spezialgesetzlich vorgegeben ist.
Mit dem Begriff „Bundesgrenzschutzbehörden” knüpft § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersG an den gleich lautenden Begriff in § 57 Abs. 1 des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzgesetz – BGSG) vom 19. Oktober 1994, BGBl I S. 2978, an. Diese Vorschrift enthält eine Aufzählung der Bundesgrenzschutzbehörden, darunter die Grenzschutzpräsidien sowie die Grenzschutz- und Bahnpolizeiämter. Der Klammerzusatz in § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG spiegelt eine Dreistufigkeit wieder, wie sie auch in § 57 Abs. 2 BGSG angelegt ist. Danach sind die Grenzschutzpräsidien die Mittelbehörden, die ihrerseits unmittelbar dem Bundesministerium des Innern und denen andererseits die Grenzschutz- und Bahnpolizeiämter als Unterbehörden unterstehen.
Welche Behörden im Verhältnis zu den Bundesgrenzschutzbehörden nachgeordnete Dienststellen sind, ist aus der allgemeinen Bestimmung des § 6 BPersVG herzuleiten. Der in § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verwandte Begriff der „Dienststelle” hat denselben Inhalt wie der gleich lautende Begriff in § 6 BPersVG.
Dagegen spricht nicht, dass der Einleitungssatz in § 85 Abs. 1 BPersVG, wonach für den Bundesgrenzschutz das Bundespersonalvertretungsgesetz mit den im Folgenden genannten Abweichungen gilt, sich auch auf Nr. 1 bezieht. Denn indem dieser Tatbestand den Dienststellenbegriff verwendet, ohne ihn selbst abweichend zu definieren, legt er das allgemeine, sich aus § 6 BPersVG ergebende Begriffsverständnis zugrunde. Eine Abweichung stellt § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG in anderer Hinsicht zumindest in Bezug auf die Wahl eines Bundesgrenzschutzhauptpersonalrats dar. Ohne diese Sonderregelung käme nämlich lediglich die allgemeine Vorschrift des § 53 BPersVG zum Zuge, wonach der Hauptpersonalrat für den gesamten Geschäftsbereich der obersten Dienstbehörde gebildet wird, und zwar auch dann, wenn er verschiedene Fachverwaltungen umfasst (vgl. Lorenzen, in: Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 53 Rn. 21). § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG sichert somit den Beschäftigten des Bundesgrenzschutzes einen eigenen Hauptpersonalrat zu.
Die Vorschrift enthält selbst keine Aussage dazu, was unter „den Bundesgrenzschutzbehörden nachgeordneten Dienststellen” zu verstehen ist. Ihr kann auch keine stillschweigende Verweisung auf das maßgebliche Organisationsrecht entnommen werden, weil dieses selbst nicht zu erkennen gibt, was im Bereich des Bundesgrenzschutzes nachgeordnete Dienststellen sind. § 57 BGSG beschränkt sich darauf, die behördliche Grundorganisation des Bundesgrenzschutzes festzulegen. Nur in diesem Rahmen bewegt sich auch die auf der Grundlage von § 58 BGSG erlassene Zuständigkeitsverordnung vom 17. Dezember 1997, BGBl I S. 3133. Diese Vorschriften lassen daher Raum für organisatorische Verselbständigungen innerhalb der gesetzlich festgelegten Behördenstruktur. Davon hat das Bundesministerium des Innern im Rahmen seiner Organisationsgewalt mit der Einführung des neuen Organisationskonzepts vom 1. Januar 1998 Gebrauch gemacht (vgl. Die Polizei 1998, 69). Anders als beim Begriff der „Bundesgrenzschutzbehörde” findet der weitere in § 85 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG verwandte Begriff der „nachgeordnete Dienststelle” im Organisationsrecht keine Entsprechung. Es handelt sich dabei vielmehr um einen spezifisch personalvertretungsrechtlichen Begriff.
Der Gesetzgeber hat im 7. Kapitel des Bundespersonalvertretungsgesetzes von seiner Möglichkeit, für besondere Verwaltungszweige die Dienststelleneigenschaft unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BPersVG zuzuerkennen oder die Entscheidung darüber dem Behördenleiter zu übertragen, auch Gebrauch gemacht (vgl. § 86 Nr. 1, § 90 Nr. 1 BPersVG). Für den Bundesgrenzschutz hat er von einer vergleichbaren Regelung jedoch abgesehen.
b) Nach § 6 Abs. 1 BPersVG sind Dienststellen im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes die einzelnen Behörden, Verwaltungsstellen und Betriebe der Verwaltungen des Bundes. Die Aufzählung beschreibt nur funktionsbezogene Unterschiede danach, ob hoheitliche Aufgaben wahrgenommen (Behörden), sonstige Verwaltungsaufgaben erfüllt (Verwaltungstellen) oder im Rahmen der öffentlichen Versorgung Bedürfnisse der Allgemeinheit mit betrieblichen Arbeitsmitteln befriedigt werden (Betriebe; vgl. Beschluss vom 13. August 1986 – BVerwG 6 P 7.85 – Buchholz 238.31 § 9 BaWüPersVG Nr. 3 S. 3). Eine inhaltliche Bestimmmung des gemeinsamen Oberbegriffs „Dienststelle” ist damit nicht verbunden. Insoweit muss auf § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG zurückgegriffen werden. Die dort getroffene Regelung betrifft zwar unmittelbar nur die Frage, unter welchen Umständen auch den Unterbehörden nachgeordnete Stellen noch als Dienststellen im Sinne des Personalvertretungsrechts anzusehen sind. Das genannte Kriterium „Selbständigkeit nach Aufgabenbereich und Organisation” beansprucht jedoch über diesen Spezialfall hinaus allgemeine Aussagekraft für die personalvertretungsrechtliche Beurteilung der Dienststelleneigenschaft (vgl. Beschluss vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 18.89 – Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 13 S. 19; Beschluss vom 7. Juli 1993 – BVerwG 6 P 4.91 – a.a.O. § 92 BPersVG Nr. 4 S. 2).
Für die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG erforderliche Selbständigkeit nach Aufgabenbereich und Organisation ist nicht ausreichend, dass der fraglichen Einrichtung überhaupt spezielle Aufgaben zur Erledigung zugewiesen sind oder dass sie räumlich ausgegliedert ist. Da die Dienststelleneigenschaft Grundvoraussetzung für die Bildung einer Personalvertretung ist, kommt es darauf an, dass der Leiter der Einrichtung – in den Grenzen der für die öffentliche Verwaltung allgemein bestehenden Weisungsgebundenheit – bei den für eine Beteiligung der Personalvertretung in Betracht kommenden personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten einen eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielraum hat. Nur dann kann er dem Personalrat als verantwortlicher Partner gegenübertreten und dieser eigenständig Gespräche und Verhandlungen mit ihm führen (Beschluss vom 13. August 1986 a.a.O. S. 4). Die Dienststelleneigenschaft ist zu verneinen, wenn der Leiter der Einrichtung hinsichtlich der Mehrzahl der bedeutsamen Maßnahmen als verantwortlicher Partner einer Personalvertretung ausscheidet, weil er insoweit nicht selbständig handeln darf, sondern Bedenken und Initiativen der Personalvertretung lediglich weiterleiten könnte (Beschluss vom 13. August 1986 a.a.O. S. 5; Beschluss vom 3. Juli 1991 a.a.O. S. 25).
Bei der danach notwendigen Gewichtung der personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnisse des Leiters kommt den personellen Maßnahmen, die den Rechtsstatus der Beschäftigten berühren (§ 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG), eine besondere Bedeutung zu (vgl. Beschluss vom 18. Januar 1990 – BVerwG 6 P 8.88 – Buchholz 251.0 § 9 BaWüPersVG Nr. 5 S. 7; Beschluss vom 3. Juli 1991 a.a.O. S. 27; Beschluss vom 7. Juli 1993 – BVerwG 6 P 4.91 – Buchholz 250 § 92 BPersVG Nr. 4 S. 3). Einstellung und Versetzung von Beschäftigten, Höhergruppierung von Arbeitnehmern und Beförderung von Beamten sind Maßnahmen, die in innerdienstlicher Hinsicht das „Gesicht” einer Dienststelle prägen. Dem entspricht die Bedeutung eines effizienten personalvertretungsrechtlichen Schutzes mit Blick auf die Einhaltung der gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen sowie die Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes.
Gegen die besondere Gewichtung der personellen Angelegenheiten spricht nicht, dass insoweit die Mitbestimmung unter dem Gesichtspunkt des demokratischen Prinzips Einschränkungen unterliegt (vgl. hinsichtlich der Beamten § 69 Abs. 4 Satz 3, § 76 Abs. 1 BPersVG sowie hinsichtlich der Beschäftigten insgesamt: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37, 73). Diese Einschränkungen wirken sich bundespersonalvertretungsrechtlich erst in der letzten Phase des Mitbestimmungsverfahrens in der Weise aus, dass der Beschluss der Einigungsstelle lediglich eine Empfehlung an die oberste Dienstbehörde darstellt (§ 69 Abs. 4 Satz 3 BPersVG). Dieser Umstand ist für das Verhältnis zwischen dem Leiter der Dienststelle und dem dort gebildeten Personalrat noch ohne Belang. Für die hier zu beurteilende Dienststelleneigenschaft ist die örtliche Ebene, wo das Mitbestimmungsverfahren seinen Ausgang nimmt und im Falle einer Einigung sein Ende findet, die entscheidende.
Dass die Dienststelleneigenschaft vom Gewicht der personalvertretungsrechtlich relevanten Kompetenzen des Leiters der Einrichtung abhängig ist, wird durch die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 1 BPersVG über die personalvertretungsrechtliche Verselbständigung von Nebenstellen und Dienststellenteilen bestätigt. Eine solche Verselbständigung setzt nur voraus, dass die Nebenstelle oder der Dienststellenteil von der Hauptdienststelle räumlich weit entfernt liegt und dass die Beschäftigten einen Verselbständigungsbeschluss fassen. Hingegen wird nicht verlangt, dass der Leiter der Nebenstelle ein Minimum an personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnissen hat (Beschluss vom 29. Mai 1991 – BVerwG 6 P 12.89 – BVerwGE 88, 233, 234 f.). Unter der Voraussetzung der räumlich weiten Entfernung befinden die Beschäftigten mit Mehrheit darüber, ob ihnen der Vorteil einer ortsnahen Personalvertretung wichtiger ist als der Nachteil, den fehlende Kompetenzen des Dienststellenleiters für die Arbeit der Personalvertretungen mit sich bringen (vgl. § 55, 82 Abs. 3 BPersVG). Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 BPersVG setzt daher die Geltung des aus § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG herzuleitenden Grundsatzes voraus, wonach auf der Ebene der Dienststelle die wesentlichen personalvertretungsrechtlichen Kompetenzen angesiedelt sein müssen.
2. Ob das Aus- und Fortbildungszentrum des Grenzschutzpräsidiums Nord die danach erforderlichen Voraussetzungen zur Anerkennung der Dienststelleneigenschaft erfüllt, lässt sich anhand der bisher vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht hinreichend verlässlich beurteilen. Insbesondere genügt insoweit der Hinweis auf die Verfügung des Beteiligten vom 23. September 1996 nicht, wonach in seinem Zuständigkeitsbereich die Arbeitgeberfunktion bis einschließlich Vergütungsgruppe V c auf den nachgeordneten Bereich delegiert worden ist. Daraus folgt, dass der Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums zum Erlass personeller Maßnahmen nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG gegenüber Beamten überhaupt nicht und gegenüber Angestellten nur bis zur Vergütungsgruppe V c zuständig ist. Ob er dennoch als kompetenter Gesprächs- und Verhandlungspartner einer Personalvertretung in Betracht kommt, hängt von der Zusammensetzung der wahlberechtigten Beschäftigten (§ 13, § 85 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG) des Aus- und Fortbildungszentrums ab. Dazu fehlt es jedoch im angefochtenen Beschluss an entsprechenden Feststellungen. Zur Klärung der Frage, ob der Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums in einer genügenden Anzahl personalvertretungsrechtlich bedeutsamer Angelegenheiten zur Entscheidung befugt ist, ist weiter die Feststellung geboten, in welchen der Mitbestimmung unterworfenen sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten er die Entscheidungskompetenz hat und ob sich dies auf alle Beschäftigten oder nur einen Teil von ihnen erstreckt. Bei der gebotenen Gewichtung kommt den der vollen oder eingeschränkten Mitbestimmung unterliegenden Angelegenheiten eine größere Bedeutung zu als Angelegenheiten, für welche dem Personalrat lediglich Mitwirkungs- oder Anhörungsrechte zustehen. Auch innerhalb der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten ist zwischen solchen größerer und solchen geringerer Bedeutung zu gewichten (vgl. zu allem insbesondere Beschluss vom 3. Juli 1991 – BVerwG 6 P 18.89 – Buchholz 250 § 6 BPersVG Nr. 13 S. 25 ff.).
Das Oberverwaltungsgericht wird daher die notwendigen Ermittlungen nachzuholen und auf dieser neu gewonnenen Grundlage die erforderliche Gesamtbewertung vorzunehmen haben von der auch die Entscheidung über die Zuständigkeit des Antragstellers (Antrag zu 2.) abhängt. Da es im vorliegenden Fall um eine auf unbestimmte Zeit wirkende Statusentscheidung geht, sind für die rechtliche Bewertung des Oberverwaltungsgerichts die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblich.
Sollten die festgestellten Kompetenzen des Leiters des Aus- und Fortbildungszentrums Nord nach Art und Umfang die Zuerkennung der Dienststelleneigenschaft nicht zulassen, so führt dies nicht etwa zu personalvertretungsrechtlich unerwünschten Beteiligungslücken. Alle Maßnahmen, die der Leiter des Aus- und Fortbildungszentrums nach Maßgabe der Delegationsverfügung vom 23. September 1996 gegenüber den dort Beschäftigten trifft, wären dann nämlich personalvertretungsrechtlich dem Leiter des Grenzschutzpräsidiums zuzurechnen (vgl. Beschluss vom 2. März 1993 – BVerwG 6 P 34.91 – Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 85 S. 123 f.). Die dortige, von den Beschäftigten des Aus- und Fortbildungszentrums mit zu wählende Personalvertretung wäre zur Beteiligung berufen.
3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 8 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 BRAGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gerhardt kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Bardenhewer, Büge, Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Bardenhewer
Fundstellen
ZBR 2001, 305 |
ZTR 2001, 334 |
PersR 2001, 298 |
PersR 2004, 3 |
RiA 2003, 148 |
ZfPR 2001, 167 |
DVBl. 2001, 1702 |
NPA 2001, 0 |