Entscheidungsstichwort (Thema)
Besoldung, Weitergewährung nach Eintritt in den einstweiligen Ruhestand. Ruhestand, einstweiliger, Weitergewährung der Dienstbezüge. Ruhestand, Versetzung der Beamten der ehemaligen Deutschen Bundespost in den – im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bundespost, zeitweise Weitergewährung der Dienstbezüge
Leitsatz (amtlich)
Beamte der ehemaligen Deutschen Bundespost, die im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bundespost vorzeitig in den Ruhestand getreten sind, erhalten auch dann für die ersten Monate ihres Ruhestandes noch Dienstbezüge, wenn sie bis unmittelbar vor der Ruhestandsversetzung unter Wegfall der Besoldung beurlaubt waren.
Normenkette
PTNeuOG Art. 4 § 2 Abs. 3, § 4 Abs. 6; ENeuOG Art. 9 §§ 1, 3; BBesG § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Entscheidung vom 29.06.1998; Aktenzeichen 3 B 96.2283) |
VG Ansbach (Entscheidung vom 13.03.1996; Aktenzeichen 17 K 95.1103) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger war Postbetriebsassistent bei der früheren Deutschen Bundespost. Er wurde mit Ablauf des 30. April 1995 auf seinen Antrag in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Bis dahin war er seit dem 1. Mai 1987 ohne Dienstbezüge beurlaubt gewesen, um eine Tätigkeit beim Deutschen Postverband ausüben zu können.
Mit Bescheid vom 11. April 1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger einen Anspruch auf Dienstbezüge für die Monate Mai bis Juli 1995 geltend.
Das nach erfolglosem Vorverfahren angerufene Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. Juli 1995 anstelle von Ruhegehalt Dienstbezüge nach dem ihm verliehenen Amt zu gewähren. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Anspruch des Klägers auf Dienstbezüge ergebe sich aus § 4 Abs. 6 des Postpersonalrechtsgesetzes in Verbindung mit Art. 1 § 23 Abs. 6 des Postneuordnungsgesetzes in Verbindung mit § 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost, § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG. Zweck der Rechtsfolgenverweisung in § 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost auf § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG sei es, mit der Zahlung von Dienstbezügen in den ersten Monaten des Ruhestandes einen Anreiz für ältere Beamte zu schaffen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten und so den erwünschten Personalabbau bei der Deutschen Post AG zu erleichtern.
Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision beantragt die Beklagte,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 1998 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. März 1996 zurückzuweisen.
Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Revisionsklägerin und Beklagte ist ungeachtet der anderslautenden Parteibezeichnung in den vorinstanzlichen Entscheidungen und in der Revisionsschrift die Bundesrepublik Deutschland. Diese hat der Kläger ausweislich der Klageschrift vom 11. Juli 1995 als Beklagte in Anspruch genommen. Die Bundesrepublik Deutschland ist in Rechtsstreitigkeiten wegen Ansprüchen passiv legitimiert, die den bei den Unternehmen der Deutschen Post AG beschäftigten Bundesbeamten gegen ihren Dienstherrn zustehen (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 2 des als Art. 4 des Gesetzes zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation ≪Postneuordnungsgesetz – PTNeuOG≫ ergangenen Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost ≪Postpersonalrechtsgesetz – PostPersRG≫ vom 14. September 1994 ≪BGBl S. 2325, 2353 ff.≫ Art. 143 b Abs. 3 Satz 1 GG; ferner BVerwGE 108, 274, ≪275 ff. zu § 7 ENeuOG≫).
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat sie zu Recht verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. Juli 1995 anstelle von Ruhegehalt Dienstbezüge nach dem ihm verliehenen Amt zu gewähren.
Nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost (vgl. Art. 9 des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (Eisenbahnneuordnungsgesetz – ENeuOG) vom 27. Dezember 1993 ≪BGBl S. 2378≫) und § 4 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG konnte ein Beamter der Deutschen Bundespost, der von Umstrukturierungsmaßnahmen der Deutschen Bundespost betroffen ist und deshalb anderweitig verwendet werden soll, bis zum 31. Dezember 1998 auf Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn er als Beamter des einfachen oder mittleren Dienstes das 55. Lebensjahr vollendet hat und eine anderweitige Verwendung in der eigenen oder in anderen Verwaltungen nicht möglich oder nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen nicht zumutbar ist. § 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost bestimmt, daß § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG entsprechend gilt. Nach dieser Vorschrift erhält der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte, Richter oder Soldat für den Monat, in dem ihm die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mitgeteilt worden ist, und für die folgenden drei Monate noch die Bezüge nach dem ihm verliehenen Amt.
Der Kläger, der als Beamter der Deutschen Bundespost von Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen war und deshalb nach Ablauf seiner Beurlaubung zum 30. April 1995 anderweitig verwendet worden wäre, ist als über 55 Jahre alter Beamter des einfachen Dienstes auf seinen Antrag zu dem genannten Zeitpunkt in den Ruhestand versetzt worden. Ihm stehen deshalb für die Monate Mai bis Juli 1995 die Dienstbezüge aus seinem früheren Amt als Postbetriebsassistent zu. Das ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG i.V.m. § 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost.
Sinn und Zweck des § 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost ist es, einen Anreiz zu schaffen, damit lebensältere Beamte der ehemaligen Deutschen Bundespost von der zur Förderung des erwünschten Personalabbaues geschaffenen Möglichkeit Gebrauch machen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Die in den ersten Monaten ihres Ruhestands gezahlten Dienstbezüge haben den Charakter eines „Übergangsgeldes”, durch das für diese Beamten das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst attraktiver gestaltet werden soll.
§ 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG sieht als Rechtsfolge vor, daß der in den Ruhestand versetzte Beamte …„noch die Bezüge nach dem ihm verliehenen Amt (erhält)”. Diese Formulierung läßt eine Auslegung dahingehend, daß nur derjenige den Anspruch auf Besoldung für die Übergangszeit behält, dem unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand Dienstbezüge gezahlt worden sind, nicht zu. Das hängt nicht davon ab, ob die Rechtsfolge des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG deshalb für den Kläger gilt, weil § 3 Abs. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der personellen Struktur beim Bundeseisenbahnvermögen und in den Unternehmen der Deutschen Bundespost dies als bloße Rechtsfolgeverweisung angeordnet hat, oder ob die Rechtsfolge gilt, weil der Kläger auch die – auf der Grundlage eines Verständnisses dieser Norm als Rechtsgrundverweisung – entsprechend geltenden Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG erfüllt hat. Bezüge aus dem verliehenen Amt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG sind die gesetzlichen Bezüge nach dem Statusamt, das der Beamte zuletzt innegehabt, nicht hingegen die Bezüge, die er zuletzt tatsächlich erhalten hat. Der Gesetzesbefehl, der in den Ruhestand Versetzte erhalte „noch” die Bezüge, ist so zu verstehen, daß der Ruhestandsbeamte in den ersten Monaten seines Ruhestandes durch Dienstbezüge und nicht durch Versorgungsbezüge alimentiert wird. Der Begriff „Weitergewährung der Besoldung” ist in der Überschrift, nicht im Text des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG enthalten; im übrigen besagt auch er nichts anderes.
Die Beurlaubung unter Wegfall der Dienstbezüge hat keine Auswirkungen auf die Ansprüche des Klägers nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG, weil die Beurlaubung des Klägers am 30. April 1995 ausgelaufen ist und mit der Versetzung in den Ruhestand ohnehin gegenstandslos geworden wäre (vgl. Urteil vom 16. Oktober 1997 – BVerwG 2 C 27.96 – ≪Buchholz 239.1 § 85 BeamtVG Nr. 1≫). Die durch die Beurlaubung bewirkte Suspendierung der Dienstleistungs- und Besoldungspflicht galt ausschließlich für das aktive Dienstverhältnis. Ab Mai 1995 bestimmten sich die Ansprüche des Klägers nach den für den Ruhestand geltenden Regelungen. Danach hatte er nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung abweichend vom Regelfall zunächst nicht Anspruch auf Ruhegehalt, sondern auf Dienstbezüge (vgl. § 4 Abs. 2 BeamtVG). Dieser Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG ist ein von dem bisherigen Besoldungsanspruch nach § 3 Abs. 1 BBesG verschiedener Anspruch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Franke, Dr. Silberkuhl, Dawin, Dr. Kugele, Dr. Bayer
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 06.04.2000 durch Rakotovao Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
NVwZ-RR 2000, 691 |
ZBR 2000, 379 |
ZTR 2000, 434 |
DÖD 2001, 42 |
PersV 2001, 91 |
RiA 2001, 140 |
ZfPR 2001, 20 |
DVBl. 2001, 143 |