Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsverkehr. Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr. Ausgleichszahlungen für –. Prozesszinsen
Leitsatz (amtlich)
1.) Bei der Bewilligung der Ausgleichsleistungen für Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr nach § 45 a PBefG können die Landesbehörden die anzurechnende Zahl der Gültigkeitstage von Zeitfahrausweisen nicht unter Berufung auf „landestypische Durchschnittswerte” abweichend von den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV festlegen.
2.) Die Möglichkeit, dass auf einen mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Zahlungsanspruch bereits Vorauszahlungen geleistet wurden, schließt die Zuerkennung von Rechtshängigkeitszinsen in entsprechender Anwendung von § 291 BGB nicht von vornherein aus.
Normenkette
PBefG §§ 39, 45a, 57 Nr. 9; PBefAusglV § 3
Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Entscheidung vom 30.06.1999; Aktenzeichen 4 A 11/98) |
VG Potsdam (Entscheidung vom 01.08.1997; Aktenzeichen 3 K 1597/96) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 30. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 30. Juni 1999 dahin geändert, dass der Beklagte verpflichtet wird, an die Klägerin aus dem Gesamtbetrag von 1 101 851 DM 4 % Zinsen seit dem 9. April 1996 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin für die Jahre 1992 bis 1994 nach § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) zustehenden Ausgleichs für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs.
Die Klägerin betreibt Linienverkehr mit Omnibussen im Land Brandenburg. Auf den Ausgleichsanspruch für die verbilligte Beförderung von Auszubildenden erhielten die beiden Rechtsvorgängerinnen der Klägerin für das Jahr 1992 eine Vorauszahlung von insgesamt 1 256 576 DM und für das Jahr 1993 von 2 243 800 DM. Für das Jahr 1994 erhielt die Klägerin vom Beklagten eine Vorauszahlung von 1 537 100 DM.
Im August 1995 beantragte die Klägerin die endgültige Festsetzung der Ausgleichsbeträge für die genannten Jahre. Daraufhin bewilligte der Beklagte durch drei Bescheide vom 2. November 1995 für das Jahr 1992 einen Betrag von 1 543 316 DM, für 1993 einen Betrag von 1 406 078 DM und für 1994 einen Betrag von 1 633 597 DM. Unter Berücksichtigung der gewährten Vorauszahlungen errechnete er daraus für 1992 einen noch auszuzahlenden Betrag von 286 740 DM, für 1993 einen Rückzahlungsanspruch des Landes in Höhe von 837 722 DM und für 1994 einen Auszahlungsbetrag von 96 497 DM. In einem gleichzeitig erlassenen „Aufrechnungsbescheid” verrechnete der Beklagte den sich aus diesen Beträgen insgesamt ergebenden Negativsaldo mit entsprechenden Ausgleichsansprüchen der Klägerin für 1995.
Bei der Berechnung der der Klägerin bewilligten Ausgleichsbeträge legte der Beklagte der Ermittlung der im Ausbildungsverkehr geleisteten Personen-Kilometer (§ 45 a Abs. 2 Satz 1 PBefG) eine Gültigkeitsdauer der Wochenkarten von 5,2 Tagen, der Monatskarten von 21,8 Tagen und der Jahreskarten von 208,3 Tagen zugrunde. Dazu berief er sich darauf, das zuständige Landesministerium habe diese Werte als Obergrenze der zu berücksichtigenden Gültigkeitsdauer von Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs festgelegt. Sie ergäben sich daraus, dass im Land Brandenburg jedenfalls seit 1992 in den Schulen fast ausnahmslos die 5-Tage-Woche praktiziert werde. Lediglich bei Studenten und Auszubildenden bestehe die Möglichkeit, dass der Fahrausweis an sechs Tagen in der Woche zu Ausbildungszwecken genutzt werde. Eine Gewichtung der Zahl der an Schüler, an Auszubildende und an Studenten ausgegebenen Zeitfahrausweise ergebe, dass im Landesdurchschnitt die jeweilige Nutzungsdauer die festgelegten Werte nicht überschreite. Den betroffenen Unternehmen sei es unbenommen, gemäß § 3 Abs. 5 der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßen-Personen-Verkehr (PBefAusglV) vom 2. August 1977 (BGBl I S. 1460) nachzuweisen, dass in ihrem Falle die tatsächliche Inanspruchnahme der Zeitfahrausweise zu Ausbildungszwecken gravierend von dieser Vorgabe abweiche.
Die Klägerin erhob – ebenso wie eine Vielzahl anderer betroffener Unternehmen – Widerspruch gegen die Höhe der bewilligten Ausgleichsbeträge mit der Begründung, nach § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV müsse die Woche mit sechs Tagen, der Monat mit 26 Tagen und das Jahr mit 240 Tagen angesetzt werden, da ihre Zeitfahrausweise nach den vom Beklagten genehmigten Tarifbestimmungen jeweils für eine ganze Woche, einen ganzen Monat bzw. ein ganzes Jahr Geltung hätten. Der Beklagte wies die Widersprüche durch gleich lautende Bescheide vom 29. Februar 1996 zurück mit der Begründung, § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV lege ausdrücklich nur Höchstwerte für die zu berücksichtigende Gültigkeitsdauer der Zeitfahrausweise fest. Es sei den zuständigen Behörden daher unbenommen, diese Werte aufgrund abweichender landestypischer Verhältnisse zu unterschreiten.
Daraufhin hat die Klägerin am 9. April 1996 Verpflichtungsklage erhoben mit dem Begehren, ihr für die Jahre 1992 bis 1994 zusätzliche Ausgleichsleistungen in Höhe von insgesamt 1 101 850 DM zu bewilligen und diesen Betrag mit 4 % pro Jahr ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Dazu hat sie vorgetragen, die Länder hätten nicht das Recht, für ihren Bereich eigenständig Durchschnittswerte für die nach § 3 Abs. 2 anzuerkennende Gültigkeitsdauer der Zeitfahrausweise festzusetzen.
Der Beklagte hat die angegriffenen Bescheide unter Hinweis auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV verteidigt. Außerdem hat er geltend gemacht, angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im Lande Brandenburg überschreite der Ansatz von sechs Gültigkeitstagen je Woche und der entsprechenden Werte für Monats- und Jahreskarten den vom Gesetzgeber in § 45 a PBefG festgelegten Ausgleichsrahmen. Nach § 45 a Abs. 2 Satz 1 PBefG seien dem Beförderungsunternehmen nur 50 % des im Ausbildungsverkehr entstehenden Ertragsausfalls zu erstatten. Die Nutzung von Zeitfahrscheinen durch Schüler an unterrichtsfreien Tagen sei aber kein Ausbildungsverkehr.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 1. August 1997 in der Hauptsache stattgegeben und sie nur hinsichtlich des geltend gemachten Zinsanspruchs abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht durch Urteil vom 30. Juni 1999 zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat es den Beklagten zusätzlich zur Zahlung von 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit aus einem Betrag von 264 129 DM verurteilt. Dazu hat es ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Ausgleichsanspruch nach § 45 a Abs. 2 PBefG i.V.m. § 3 Abs. 2 PBefAusglV zu. Der Beklagte sei verpflichtet, bei der Berechnung der im Ausbildungsverkehr zu berücksichtigenden Personen-Kilometer die in § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV genannte Zahl der anzusetzenden Tage für die jeweiligen Zeitfahrscheine zugrunde zu legen. Er sei nicht berechtigt, insoweit landesspezifische Durchschnittswerte mit Blick auf eine 5-Tage-Schulwoche zu bilden. Das ergebe sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem systematischen Zusammenhang der Norm. § 45 a PBefG rechtfertige keine hiervon abweichende Auslegung. Zum einen nehme der Beklagte zu Unrecht an, diese Regelung lasse nur den Ausgleich der Mindererträge im Ausbildungsverkehr zu. Nach Abs. 1 der Vorschrift werde der Ausgleich gewährt für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs. Außerdem sei die Regelung auf Pauschalierungen durch den Verordnungsgeber im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität angelegt.
Der Klägerin stünden auch Rechtshängigkeitszinsen zu, da der Beklagte zur Bewilligung bestimmter durch Urteil festgelegter Geldbeträge verpflichtet werde. Die Zinsforderung beziehe sich aber entsprechend dem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten Antrag nur auf den Bewilligungsbetrag für die Jahre 1992 bis 1994, der die für diese Jahre zuvor gewährten Vorauszahlungen übersteige.
Gegen dieses Urteil haben der Beklagte Revision und die Klägerin wegen der Höhe der ihr zugesprochenen Zinsen Anschlussrevision eingelegt.
Der Beklagte erstrebt mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage. Dazu trägt er vor, die Auslegung des § 3 Abs. 2 PBefAusglV durch das Berufungsgericht verkenne den Sinn und Zweck der gesamten Ausgleichsregelung, wie er insbesondere in dem vom Gesetzgeber selbst geschaffenen § 45 a PBefG zum Ausdruck komme. Diese Bestimmung ziele lediglich auf den hälftigen Ausgleich der durch den Ausbildungsverkehr selbst verursachten Mindereinnahmen des Beförderungsunternehmens. Alles, was darüber hinausgehe, verlasse den Rahmen des § 45 a PBefG. Für Leistungen, die außerhalb dieses Rahmens aus Gründen des Gemeinwohls zu nicht kostendeckenden Preisen erbracht werden müssten, sei gegebenenfalls auf anderer Grundlage eine Subvention zu gewähren.
In diesem Rahmen sei auch zu berücksichtigen, dass die Verkehrsunternehmen es in der Hand hätten, in ihren Tarifbestimmungen den Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr nur eine Gültigkeitsdauer von fünf Tagen beizulegen. Dies bedürfe zwar der Genehmigung nach § 39 PBefG. Da die Klägerin aber einen entsprechenden Antrag nicht gestellt habe, fehle es hinsichtlich des streitigen sechsten Gültigkeitstages der Zeitfahrausweise an der in § 45 a Abs. 1 Nr. 2 PBefG vorgeschriebenen Antragstellung. Im Übrigen seien die Verhältnisse in den einzelnen Ländern hinsichtlich der anerkannten Feiertage und der Verwirklichung der 5-Tage-Woche in Schulen und sonstigen Ausbildungsstätten derart unterschiedlich, dass nicht angenommen werden könne, der Verordnungsgeber habe in § 3 Abs. 2 PBefAusglV unterschiedslos für alle Länder die Anerkennung derselben Zahl von Gültigkeitstagen vorschreiben wollen.
Eine Verurteilung zur Zahlung von Prozesszinsen sieht der Beklagte auch deshalb als unzulässig an, weil sich aus der Verpflichtung zur Festsetzung bestimmter Ausgleichsbeträge nicht ohne weiteres eine entsprechende Auszahlungspflicht ergebe. Im Hinblick auf die geleisteten Vorauszahlungen müsse der Auszahlungsbetrag vielmehr erst ermittelt werden.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil in der Hauptsache für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die seit 1994 andauernden Bemühungen einiger Länder, eine Ergänzung des § 3 Abs. 2 PBefAusglV entsprechend der vom Beklagten vertretenen Auffassung herbeizuführen, bislang ohne Erfolg geblieben seien.
Mit der Anschlussrevision begehrt die Klägerin die Zubilligung von Prozesszinsen für den gesamten Bewilligungsbetrag von 1 101 851 DM. Dazu macht sie geltend, die die Bewilligungsbeträge in den Bescheiden vom 2. November 1995 übersteigenden Vorauszahlungen könnten den Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen nicht mindern, weil diese Vorauszahlungsbeträge bereits durch den Anrechnungsbescheid vom 2. November 1995 wieder entzogen worden seien und ihr daher bei Klageerhebung nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Der Beklagte hält die Anschlussrevision für unbegründet. Er meint, da die Klägerin die Vorauszahlungen in den Jahren 1992 bis 1994 erhalten habe, könne ihr ein Auszahlungsanspruch nur insoweit zustehen, als die festzusetzenden Bewilligungsbeträge diese Vorauszahlungen übersteigen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich am Verfahren. In der Sache schließt er sich der Auffassung des Beklagten an. Er meint, die Auslegung des § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV durch das Berufungsgericht sei nicht zwingend. So sei anerkannt, dass auch eine tatsächliche Einschränkung des Verkehrsangebotes an unterrichtsfreien Tagen als Reduzierung der Gültigkeitsdauer von Zeitfahrscheinen im Ausbildungsverkehr zu werten sei. Die insoweit anzulegenden Maßstäbe seien aber in einer Verordnung kaum greifbar zu machen. Der Verwaltung müssten daher weitere individuelle Entscheidungsspielräume verbleiben, mit denen sie auf landestypische Situationen im Ausbildungsverkehr reagieren könne. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 45 a PBefG.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Revision des Beklagten in der Hauptsache ist unbegründet. Insoweit haben die Vorinstanzen dem Begehren der Klägerin zu Recht stattgegeben. Das Berufungsgericht hat kein Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO), indem es der Klägerin einen Anspruch auf den von ihr begehrten zusätzlichen Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Ausbildungsverkehr zuerkannt hat.
1.1. Grundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 45 a PBefG, der durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes vom 24. August 1976 (BGBl I S. 2439) in das Gesetz eingefügt worden ist. Danach ist dem Unternehmer im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs auf Antrag ein Ausgleich zu gewähren, wenn und soweit (1) der Ertrag aus den für diese Beförderungen genehmigten Beförderungsentgelten zur Deckung der nach Absatz 2 Satz 2 zu errechnenden Kosten nicht ausreicht und (2) der Unternehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Zustimmung zu einer Anpassung der in den genannten Verkehrsformen erhobenen Beförderungsentgelte an die Ertrags- und Kostenlage beantragt hat. Zur Höhe des Ausgleichsanspruchs bestimmt Abs. 2, dass als Ausgleich gewährt werden 50 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen dem Ertrag, der in den in Abs. 1 genannten Verkehrsformen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist, und dem Produkt aus den in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern und den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten. Für die Bestimmung der durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten im Sinne dieser Regelung erteilt Abs. 2 Satz 2 den Landesregierungen eine Verordnungsermächtigung. Die Höhe dieser Kosten ist vorliegend nicht streitig. Ergänzend ermächtigt § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG den Bundesminister für Verkehr, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wer Auszubildender im Sinne des § 45 a Abs. 1 PBefG ist, welche Kostenbestandteile bei der Berechnung des Ausgleichs zu berücksichtigen sind, welches Verfahren für die Gewährung des Ausgleichs anzuwenden ist, welche Angaben der Antrag auf Gewährung des Ausgleichs enthalten muss und wie die Erträge und die Personen-Kilometer zu ermitteln sind. Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich hiernach aus einer Zusammenschau des § 45 a PBefG und der auf der Grundlage des § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG ergangenen Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr.
1.2. Mit der Revision rügt der Beklagte in erster Linie, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Voraussetzung des § 45 a Abs. 1 Nr. 2 PBefG bejaht. Es fehle der Antrag der Klägerin auf Genehmigung einer angemessenen Anpassung der Tarife an die Ertrags- und Kostenlage, weil die Klägerin keine Reduzierung der Gültigkeitstage der Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr zur Genehmigung gestellt habe.
Es kann offen bleiben, ob diese erstmalig im Revisionsverfahren vorgetragene Argumentation als neues Tatsachenvorbringen zu werten und daher nach § 137 Abs. 2 VwGO unbeachtlich ist. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin im Dezember 1991 und im Februar 1992 Anträge auf Tarifanpassung gestellt hat und dass die Forderung nach einem weiteren Anpassungsantrag innerhalb der hier streitigen Zeiträume 1992 bis 1994 nicht angemessen wäre. Zum Inhalt der seinerzeitigen Tarifanpassungsanträge hat es keine Feststellungen getroffen, weil dieser im bisherigen Verfahren keine Rolle gespielt hatte.
Dem braucht hier aber nicht weiter nachgegangen zu werden, weil der Argumentation des Beklagten ohnehin aus Rechtsgründen nicht zu folgen ist. Die bloße Reduzierung der Gültigkeitsdauer von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr bedeutet keine Anpassung der Beförderungsentgelte an die Ertrags- und Kostenlage im Sinne des § 45 a Abs. 1 Nr. 2 PBefG. Die Reduzierung der Gültigkeitsdauer einer Wochenkarte auf fünf Tage verbessert nicht automatisch die Ertragslage des Unternehmens. Eine Einnahmesteigerung könnte sich zwar ergeben, wenn die Fahrkartenbesitzer am sechsten Wochentag nunmehr die Buslinien mit normalen Einzelfahrscheinen benutzen würden. Ob und in welchem Ausmaß dies geschehen würde, ist aber völlig offen. Eine Verminderung der Kostenlage könnte sich ergeben, wenn der Unternehmer sein Verkehrsangebot am sechsten Wochentag reduzieren würde. Zum einen hängt der Bedarf an Verkehrsangeboten aber nicht ohne weiteres mit der Inanspruchnahme für den Ausbildungsverkehr zusammen. Zum anderen kann eine solche Reduzierung auch Auswirkungen auf die Inanspruchnahme des öffentlichen Personennahverkehrs überhaupt haben. Es kommt hinzu, dass selbst nach Auffassung des zuständigen brandenburgischen Landesministers nicht ohne weiteres bei allen Auszubildenden von einer Beschränkung des Ausbildungsverkehrs auf nur fünf Tage ausgegangen werden kann. Gerade deshalb hat er einen sog. landestypischen Durchschnittswert von 5,2 Tagen in Ansatz gebracht. Die generelle Reduzierung der Gültigkeitsdauer von Wochenkarten im Ausbildungsverkehr auf fünf Tage würde demnach jedenfalls die Bedürfnisse eines Teils der Auszubildenden missachten. Zu all diesen Fragen hat der Beklagte sich nicht geäußert. Erst recht hat er nicht einmal ansatzweise zu den Auswirkungen einer etwaigen Reduzierung der Geltungsdauer von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr auf die Kosten- und Ertragslage des Unternehmens Stellung genommen. Aus alledem ergibt sich, dass der vom Beklagten vermisste Antrag auf Reduzierung der Gültigkeitsdauer in Wahrheit nicht der Zielsetzung des § 45 a Abs. 1 Nr. 2 PBefG, sondern allein der Reduzierung der vom Beklagten zu zahlenden Ausgleichsbeträge dienen sollte.
Das Berufungsgericht hat hiernach kein Bundesrecht verletzt, als es die Voraussetzungen des § 45 a Abs. 1 Nr. 2 PBefG – das Vorliegen der Nr. 1 steht ohnehin außer Streit – bejaht hat.
1.3. Das Berufungsgericht hat auch die Höhe des Ausgleichsbetrages nach § 45 a Abs. 2 Satz 1 PBefG zutreffend ermittelt. Problematisch ist insoweit nur die Berechnung der im Rahmen der Kostenermittlung zu berücksichtigenden Personen-Kilometer. Hierzu bestimmt § 3 Abs. 2 PBefAusglV, dass die Zahl der Beförderungsfälle nach den verkauften Wochen-, Monats- und Jahresfahrausweisen im Ausbildungsverkehr zu errechnen ist. Für die Ausnutzung der Zeitfahrausweise sind 2,3 Fahrten je Gültigkeitstag zugrunde zu legen. Nach Satz 3 ist dabei die Woche mit höchstens sechs Tagen, der Monat mit höchstens 26 Tagen und das Jahr mit höchstens 240 Tagen anzusetzen. Der Beklagte meint, aus dem Wort „höchstens” in diesem Satz ergebe sich, dass die zuständigen Behörden auch weniger Tage in Ansatz bringen könnten, wobei sie sich etwa an landestypische Durchschnittswerte halten könnten. Dem ist nicht zu folgen. Das Berufungsgericht hat überzeugend dargelegt, dass den zuständigen Landesbehörden eine solche Befugnis nicht zusteht (ebenso Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand Dezember 1999, G § 3 PBefAusglV Bem. 8).
Zu Recht beruft sich das Oberverwaltungsgericht zunächst auf den Wortlaut der Regelung. Das Anfangswort „dabei” des Satzes 3 nimmt eindeutig Bezug auf den vorhergehenden Satz. Dort wird die Ausnutzung der Zeitfahrausweise geregelt, indem eine bestimmte Fahrtenhäufigkeit je Gültigkeitstag festgelegt wird. Wenn daran anknüpfend anschließend die Zahl der zu berücksichtigenden Tage begrenzt wird, kann sich dies sprachlich nur auf die zuvor angesprochenen Gültigkeitstage beziehen. Die – tariflich geregelten – Gültigkeitstage der Zeitfahrausweise sind mithin Gegenstand der anschließend festgelegten Kappungsgrenze. Dies macht auch durchaus Sinn, denn einerseits hat die Kalenderwoche mehr als sechs Tage, der Kalendermonat mehr als 26 Tage und das Jahr mehr als 240 Tage. Andererseits gibt es Zeitfahrausweise, die beispielsweise nur an fünf Wochentagen gültig sind. Die Aussage der Verordnung, dass die Woche „höchstens” mit sechs Tagen in Ansatz zu bringen sei, geht daher nicht ins Leere.
Zu Recht hat das Berufungsgericht außerdem auf die Systematik der Norm hingewiesen. Alle für die Ermittlung des Ausgleichsbetrages maßgeblichen Parameter sind in dieser Verordnung sowie in der korrespondierenden Landesverordnung über die Ermittlung der Kostensätze detailliert festgelegt. Dagegen gibt die Verordnung nicht den geringsten Anhaltspunkt, nach welchen Maßstäben die anzuerkennende Gültigkeitsdauer der Zeitfahrausweise bestimmt werden soll, wenn man der Behörde entsprechend der Auffassung des Beklagten insoweit ein eigenes Bestimmungsrecht einräumt. Der vom Beklagten bzw. vom zuständigen Landesminister gebildete „landestypische Durchschnittswert”, der auf einer gewichteten Bewertung verschiedener statistischer Daten beruht, findet in den Vorschriften der Verordnung nicht den geringsten Anhaltspunkt. Man muss bezweifeln, ob eine Regelung, wie sie der Beklagte hier unterstellt, mit dem Gebot der Bestimmtheit von Normen vereinbar wäre. Jedenfalls muss davon ausgegangen werden, dass ein Normgeber, der alle anderen Parameter zur Ausfüllung des gesetzlich angeordneten Ausgleichsanspruchs detailliert festgestellt hat, einen derartigen Anwendungsfreiraum für die Behörden nicht ohne klare und eindeutige Vorgaben eröffnet hätte.
Schließlich weist das Berufungsgericht zu Recht auf die Entstehungsgeschichte der Verordnung hin. Danach ist das Argument des Beklagten, angesichts der Entwicklung zur Fünftagewoche im Schulbereich könne eine abschließende Fixierung der Verordnung auf sechs Tage dem Normgeber nicht unterstellt werden, eindeutig unzutreffend. Der Finanzausschuss des Bundesrates hatte seinerzeit unter Hinweis auf die zunehmende Einführung der Fünftagewoche in Schulen gefordert, die Anerkennung der Gültigkeitsdauer von Wochenfahrkarten auf 5,5 Tage – und entsprechend von Monatskarten – zu begrenzen. Dem ist der Bundesrat nicht gefolgt mit der Begründung, die Reduzierung der Unterrichtstage gehe häufig mit einer Ausweitung des Nachmittagsunterrichts einher, was die Häufigkeit der Fahrten zur und von der Unterrichtsstätte je Gültigkeitstag beeinflusse. Der Verordnungsgeber hat die Zahl der anzuerkennenden Gültigkeitstage mithin in Beziehung gesetzt zur Benutzungshäufigkeit je Tag (vgl. Bundesratsdrucksache 246/1/77 S. 15, 16; Bundesratsdrucksache 246/77 – Beschluss –). Diese Beziehung würde durchbrochen, wenn dem Beklagten die Befugnis eingeräumt würde, die Zahl der anzuerkennenden Gültigkeitstage eigenständig ohne normative Vorgaben festzulegen.
1.4. Der hiernach eindeutigen Regelung der Verordnung müsste allerdings die Gefolgschaft versagt werden, wenn sie, wie der Beklagte meint, im Widerspruch zur Regelung des § 45 a Abs. 2 PBefG stünde. Das ist jedoch nicht der Fall.
Bedenklich erscheint allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, § 45 a PBefG beschränke die Ausgleichspflicht nicht nur auf Defizite aus dem Ausbildungsverkehr, sondern erfasse auch die Mindererträge aus der Nutzung der Zeitfahrausweise zu anderen Fahrten durch die Berechtigten. Zwar ist es richtig, dass § 45 a Abs. 1 PBefG von einem Ausgleich „für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs” spricht. Ebenso ist nach § 45 a Abs. 2 Satz 1 PBefG auf der einen Seite der anzustellenden Berechnung der Ertrag in Ansatz zu bringen, der für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist. Diese Formulierungen stellen generell auf das Innehaben des Ausweises durch den Berechtigten ab. Im zweiten Halbsatz des § 45 a Abs. 2 Satz 1 PBefG, der die hier allein interessierenden in Ansatz zu bringenden Kosten regelt, ist dagegen von den „in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern” die Rede. Der hier in Bezug genommene Verkehr ist ganz eindeutig der unmittelbar zuvor angesprochene Ausbildungsverkehr. Dieser erfasst aber nicht jede beliebige Nutzung des Zeitfahrausweises sondern nur die Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte (vgl. § 43 Satz 1 Nr. 2 PBefG).
Das rechtfertigt aber nicht den Schluss, § 45 a PBefG schließe die Anerkennung von sechs Tagen Gültigkeitsdauer in Fällen aus, in denen nur fünf Unterrichtstage geleistet werden. Die gesamte Regelung ist auf Pauschalierung im Interesse der Verwaltungsvereinfachung ausgerichtet (vgl. Urteil vom 23. März 1984 – BVerwG 7 C 29.82 – BVerwGE 69, 104 f.). So ist in der Verordnungsermächtigung an die Landesregierung in § 45 a Abs. 2 Satz 2 PBefG ausdrücklich von Durchschnittswerten die Rede. In dieselbe Richtung weist die Verordnungsermächtigung in § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG, wonach die Verordnung bestimmt, welche Kostenteile bei der Berechnung des Ausgleichs zu berücksichtigen sind und wie die Erträge und die Personen-Kilometer zu ermitteln sind. Auf dieser Grundlage hat das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) bereits ausgesprochen, dass die zu zahlenden Ausgleichsbeträge durchaus höher oder niedriger sein können als 50 % der Differenz zwischen den Erträgen und den Kosten im Ausbildungsverkehr. Die vom Gesetzgeber gezogene Grenze ist erst dann überschritten, wenn der Ausgleichsbetrag die Mindereinnahmen aus dem Ausbildungsverkehr übersteigt. Dass dies hier der Fall sein könnte, macht der Beklagte selbst nicht geltend.
2. Die Revision des Beklagten ist auch im Hinblick auf das Zinsbegehren der Klägerin unbegründet.
Der Beklagte greift die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts selbständig mit der Begründung an, die Voraussetzungen für die Gewährung von Rechtshängigkeitszinsen nach § 291 BGB seien nicht gegeben. Auch dem ist nicht zu folgen.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 291 Satz 1 BGB im öffentlichen Recht analoge Anwendung findet, wenn das einschlägige Fachgesetz keine gegenteilige Regelung trifft (vgl. z.B. Urteil vom 28. September 1979 – BVerwG 7 C 22.78 – BVerwGE 58, 316 ≪326≫). Dabei geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Rechtshängigkeit einer Geldschuld im Sinne des § 291 Satz 1 BGB im öffentlichen Recht nicht nur bei Klagen auf Verurteilung zur Zahlung einer bezifferten Geldforderung eintritt sondern auch bei Klagen, die auf Verpflichtung der Behörde zum Erlass eines die Zahlung einer bestimmten Geldsumme unmittelbar auslösenden Verwaltungsakts gerichtet sind (vgl. u.a. Urteil vom 28. Juni 1995 – BVerwG 11 C 22.94 – BVerwGE 99, 53 ≪54 f.≫). Es steht außer Frage, dass die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage auf die Bewilligung ganz konkreter Geldbeträge gerichtet ist und dass der Beklagte mit dem Erlass der entsprechenden Bescheide zur Zahlung dieser Beträge verpflichtet wird.
Die Anwendbarkeit des § 291 BGB scheidet nicht von vornherein deshalb aus, weil die Zahlungspflicht in jedem Fall davon abhängt, dass die entsprechenden Zahlungen nicht schon vorher erbracht worden sind. Eine entsprechende Prüfung sprengt nicht den Rahmen des § 291 BGB, sondern ist der Regelung immanent. Wird im Rahmen einer Zahlungsklage festgestellt, dass die geltend gemachte Forderung nach Rechtshängigkeit ganz oder teilweise erfüllt worden ist, so führt dies hinsichtlich der Hauptforderung sogar im entsprechenden Umfang zur Abweisung der Klage, wenn keine Erledigungserklärung erfolgt. Das schließt aber nicht aus, dass für die Zeit vom Eintritt der Rechtshängigkeit bis zur Zahlung Prozesszinsen zugesprochen werden. Es ist daher nicht systemfremd, im Rahmen der Zinsentscheidung nach § 291 BGB festzustellen, ob und in welchem Umfang die geltend gemachte Forderung bereits erfüllt worden ist. Jede andere Auffassung würde der entsprechenden Anwendung des § 291 BGB auf Verpflichtungsklagen im öffentlichen Recht die Grundlage entziehen, weil der Beklagte immer geltend machen könnte, die Zahlungspflicht hänge ja auch davon ab, dass auf den mit dem Verpflichtungsbegehren geltend gemachten Anspruch noch keine Zahlungen erfolgt seien.
3. Die Anschlussrevision der Klägerin hat hingegen Erfolg.
3.1. Die Anschlussrevision ist zulässig. Zwar macht die Klägerin mit ihr einen Zinsanspruch geltend, der über den im Berufungsverfahren gestellten Antrag hinausgeht. Die mit diesem Antrag geforderten Zinsen waren der Klägerin vom Berufungsgericht zugesprochen worden. Damit fehlt der Klägerin insoweit eine Beschwer. Das führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, weil für eine Anschlussrevision keine Beschwer erforderlich ist, solange noch die Hauptrevision anhängig ist (vgl. Urteile vom 29. März 1968 – BVerwG 4 C 27.67 – BVerwGE 29, 261 ≪264≫; vom 4. Februar 1982 – BVerwG 4 C 58.81 – BVerwGE 65, 27 ≪33≫).
Auch § 142 Abs. 1 VwGO steht der Zulässigkeit der Anschlussrevision nicht entgegen. Die Erweiterung des Zinsbegehrens gegenüber dem zweitinstanzlichen Klageantrag ist nach § 173 VwGO i.V.m. 264 ZPO keine Klageänderung. Sie ist daher auch in der Revisionsinstanz noch zulässig.
3.2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zinsanspruch entgegen den Ausführungen des Berufungsurteils in voller Höhe zu. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, der Klägerin stünden Prozesszinsen nur hinsichtlich eines Betrages von 264 129 DM zu, weil der der Klägerin darüber hinaus zugesprochene Betrag ihr bereits im Wege der Vorauszahlung zugeflossen sei. Diese Vorauszahlungen hat der Beklagte der Klägerin bei Erlass der angefochtenen Bewilligungsbescheide wieder entzogen, indem er sie durch den gleichzeitig ergangenen Aufrechnungsbescheid, auf den die Bewilligungen Bezug nahmen, mit anderen Ansprüchen der Klägerin verrechnete. Bei Klageerhebung, die die Rechtshängigkeit im Sinne des § 291 BGB begründete, existierten hiernach bereits keine Vorauszahlungen auf die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche mehr. Während des gesamten Rechtsstreits standen der Klägerin die durch das angefochtene Urteil in der Hauptsache zugesprochenen Beträge nicht zur Verfügung. Genau diesen Nachteil will § 291 BGB mit den Rechtshängigkeitszinsen ausgleichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel, Dr. Brunn
Fundstellen
DVBl. 2001, 586 |
www.judicialis.de 2000 |