Entscheidungsstichwort (Thema)
Anteilsveräußerung. Treuhandanstalt. Treuhand-Kapitalgesellschaft. Restitution. Restitutionsausschluss. Umwandlung. Umwandlungsausschluss. Außer-Kraft-Treten (einer Norm). lex-posterior-Prinzip. Normenkollision
Leitsatz (amtlich)
Eine vor dem 1. Juli 1990 nach den Vorschriften der Umwandlungsverordnung erklärte und zur Eintragung im Handelsregister angemeldete Umwandlung eines VEB in eine GmbH ist auch dann wirksam, wenn die Registereintragung erst nach In-Kraft-Treten des Treuhandgesetzes erfolgte und eine Wirtschaftseinheit betraf, die der gesetzlichen Umwandlung nach diesem Gesetz nicht unterfiel.
Normenkette
EV Art. 22 Abs. 1 S. 7 i.V.m; EV Art. 21 Abs. 3; VZOG § 11 Abs. 1 S. 2; TreuhG § 11 Abs. 1, 3, §§ 23-24; UmwVO § 7; TreuhG § 11 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Berlin (Entscheidung vom 14.12.2000; Aktenzeichen 3 A 804.94) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I.
Das klagende Land begehrt die Restitution von fünf in Berlin-Marzahn gelegenen Grundstücken, hilfsweise die Auskehr des bei ihrer Veräußerung erzielten Erlöses.
Die streitgegenständlichen Parzellen standen spätestens seit 1928 im Eigentum der Stadt Berlin. 1962 wurden sie in Volkseigentum überführt; Rechtsträger war ab 1975 der im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragene VEB Landbau Berlin (im Folgenden: VEB LBB), der dem Magistrat von Berlin, Abteilung Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft unterstellt war.
Auf der Grundlage von § 4 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 1. März 1990 (im Folgenden: Umwandlungsverordnung bzw. UmwVO) erklärten der Direktor des Betriebes und die Treuhandanstalt am 22. Juni 1990 die Umwandlung des VEB LBB in die von ihnen gleichzeitig errichtete Bysterstorff Bau GmbH (die frühere Beigeladene, nachfolgend: B. GmbH). Zum Stichtag 1. Juni 1990 wurde das zur Fondsinhaberschaft des VEB gehörende Vermögen auf die Beigeladene übertragen; die Rechtsträgerschaft am Grund und Boden übernahm die Treuhandanstalt. Der Magistrat von Berlin stimmte der Umwandlung unter dem 18. Juni 1990 zu. Auf ihren am 23. Juni 1990 gestellten Antrag wurde die B. GmbH am 1. August 1990 in das Handelsregister eingetragen. Am 15. Oktober 1990 folgte ihre Grundbucheintragung als Eigentümerin der streitbefangenen Grundstücke.
Mit Vertrag vom 26. März 1991 veräußerte und übertrug die Treuhandanstalt die Geschäftsanteile der B. GmbH an vier private Erwerber. Unter dem 14. Juni 1991 brachte die B. GmbH die streitgegenständlichen Grundstücke im Wege der Auflassung in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen „GbR Bysterstorff Nord” (nachfolgend: GbR B.) ein, deren Gesellschafter sie selbst und ihre vier Gesellschafter waren. Die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch erfolgte am 14. April 1992. Bis April 1994 schieden zwei Gesellschafter aus der GbR B. aus; neben der B. GmbH verblieben als Gesellschafter die Herren U. K. und E. K. (die jetzigen Beigeladenen).
Mit zwei gesonderten Anträgen beantragte der Kläger Ende Mai 1991 die Rückübertragung der streitbefangenen Grundstücke an sich. Unter dem 16. Mai 1994 wies die Präsidentin der Treuhandanstalt die Anträge mit der Begründung zurück, die Rückübertragung sei nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 (1. Altern.) VZOG ausgeschlossen. Die Flurstücke seien als rechtsgeschäftlich veräußert im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.
Im Laufe des Jahres 2000 trat die B. GmbH ihre Gesellschaftsanteile an der GbR B. an die Beigeladenen ab, die inzwischen auch als Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke im Grundbuch eingetragen sind.
Der Kläger hat Klage erhoben auf Aufhebung der Bescheide vom 16. Mai 1994 sowie auf Verpflichtung der Beklagten, die Grundstücke ihm zu übertragen, hilfsweise auf Feststellung, dass ihm der Veräußerungserlös zustehe. Zur Begründung hat er vorgetragen: Entgegen der Ansicht der Beklagten seien die Grundstücke nicht in das Eigentum der B. GmbH übergangen. Die am 22. Juni 1990 erklärte Umwandlung des VEB LBB sei nämlich mangels einer bis zum 1. Juli 1990 erfolgten Handelsregistereintragung nicht wirksam geworden. Ein Eigentumsübergang nach § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG habe ebenfalls nicht stattgefunden. Als magistratsgeleiteter Betrieb sei der VEB von dem Umwandlungsausschluss des § 11 Abs. 3 Dritter Spiegelstrich TreuhG erfasst worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der früheren Beigeladenen sei der VEB LBB auch nicht faktisch als Kombinat anzusehen. Dass in den anderen Bezirken der DDR die Landbaubetriebe als Kombinate organisiert gewesen seien, sei unerheblich. In Berlin jedenfalls sei bewusst kein Kombinat gebildet worden. Die Annahme der Beklagten, die Rückübertragung der Flurstücke sei nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Erste Alternative VZOG ausgeschlossen, gehe fehl, denn es habe sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Veräußerung von Vermögensgegenständen, sondern um einen Anteilsverkauf gehandelt.
Durch Urteil vom 14. Dezember 2000 hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage abgewiesen und dies wie folgt begründet: Der Restitutionsanspruch des Klägers sei durch die mit Vertrag vom 26. März 1991 erfolgte Privatisierung der früheren Beigeladenen erloschen. Die Flurstücke seien nach den §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 23 TreuhG in das Eigentum der Beigeladenen übergegangen. Die Anwendbarkeit des § 23 TreuhG sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beigeladene nicht bis zum 1. Juli 1990 in das Handelsregister eingetragen worden sei. Die damit in das Vermögen der B. GmbH gefallenen streitgegenständlichen Grundstücke hätten infolge der Veräußerung der von der Treuhandanstalt gehaltenen Geschäftsanteile ihre Zugehörigkeit zum öffentlichen Finanzvermögen verloren. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Rückübertragung der Flurstücke an den Kläger nach § 6 ZOEG lägen nicht vor. Einen Vorbehalt, dass die Grundstücke der Restitution unterliegen sollten, enthalte der Vertrag über die Privatisierung der früheren Beigeladenen nicht. Die Auskehr des bei der Veräußerung der Grundstücke erzielten Erlöses könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen. Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 2 Satz 1 (2. Altern.) VZOG seien nicht gegeben. Denn die streitgegenständlichen Flurstücke hätten ihre Zuordnungsfähigkeit nicht nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 (1. Altern.) VZOG durch rechtsgeschäftliche Veräußerung (sog. „asset deal”), sondern durch die Privatisierung der Beigeladenen (sog. „share deal”) verloren.
Mit seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 23 TreuhG. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, eine nach der Umwandlungsverordnung begonnene Umwandlung könne die Rechtsfolgen des § 23 TreuhG auslösen, obwohl die Eintragung der durch die Umwandlung entstandenen Kapitalgesellschaft zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Treuhandgesetzes noch nicht erfolgt gewesen sei, sei unrichtig. Denn nach § 7 Satz 1 UmwVO werde die Umwandlung (erst) durch die Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister wirksam.
Mit Beschlüssen vom 8. bzw. 18. Oktober 2001 hat der Senat die Beiladung der B. GmbH aufgehoben und stattdessen die jetzigen Eigentümer der streitbefangenen Grundstücke beigeladen.
Die Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil entspricht dem Bundesrecht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückgabe der streitbefangenen Grundstücke oder auf einen Geldausgleich. Die Grundstücke sind spätestens mit der Handelsregistereintragung der – entweder kraft Gesetzes oder aufgrund Umwandlungserklärung – wirksam umgewandelten B. GmbH in deren Eigentum übergegangen. Mit der Privatisierung der GmbH durch die Treuhandanstalt im Wege der Anteilsveräußerung ist die Restitutionsfähigkeit entfallen.
Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass dem Kläger als früherem Eigentümer der Grundstücke mit In-Kraft-Treten des Einigungsvertrages ein Restitutionsanspruch gemäß Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. 21 Abs. 3 EV erwachsen war. Die Rückgabe kann daher nur am Vorliegen eines Restitutionsausschlussgrundes scheitern. Diesen bildet im vorliegenden Fall § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 30. Januar 1997 – BVerwG 3 C 11.96 – Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 22 S. 66 und vom 19. Januar 1998 – BVerwG 3 C 28.97 – 115 Nr. 18 S. 40 sowie Beschluss vom 4. Juni 1997 – BVerwG 3 B 76.97 – Buchholz 428.2 § 13 VZOG Nr. 1) ergibt sich aus dieser Bestimmung im Wege des Umkehrschlusses, dass die Restituierbarkeit von im Eigentum einer Treuhand-Kapitalgesellschaft stehenden Vermögensgegenständen mit der Veräußerung von Geschäftsanteilen an dieser Gesellschaft entfällt. Auch § 6 Abs. 2 Satz 4 ZOEG spricht in diesem Zusammenhang von einem „Ausschluss … der Restitution nach § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG”. Dem liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass das privatisierte Unternehmen einschließlich seiner zuvor der Restitution unterliegenden Vermögensgegenstände mit der Anteilsveräußerung aus dem öffentlichen Vermögen ausscheidet und infolge dessen Restitutionsansprüchen nicht länger ausgesetzt sein kann oder soll.
Etwas anderes hätte allerdings dann zu gelten, wenn in den Privatisierungsvertrag vom 26. März 1991 ein Restitutionsvorbehalt i.S.v. § 6 Abs. 2 ZOEG aufgenommen worden wäre. Dies ist aber nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht der Fall gewesen und wird auch von der Revision nicht – jedenfalls nicht substantiiert – geltend gemacht.
Die Übertragung der Geschäftsanteile an der B. GmbH kann den Anspruch des Klägers auf Rückgabe seiner früheren Grundstücke freilich nur dann zum Erlöschen gebracht haben, wenn letztere zu diesem Zeitpunkt im Vermögen der B. GmbH standen. Diese Voraussetzung läge nicht vor, wenn – wie der Kläger meint – der VEB LBB seinerzeit nicht wirksam in die B. GmbH umgewandelt worden wäre und somit ein Vermögensübergang auf sie nicht hätte stattfinden können. Die gegen die Wirksamkeit der Umwandlung vorgebrachten Einwendungen greifen aber nach Überzeugung des Senats nicht durch.
Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, die Streitfrage abschließend zu entscheiden, ob bezirks- bzw. magistratsgeleitete Betriebe – wie der VEB LBB – der gesetzlichen Umwandlung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TreuhG unterlagen oder hiervon nach § 11 Abs. 3 (3. Spiegelstrich) TreuhG ausgenommen waren. Der Senat verschweigt jedoch nicht, dass er – anders als das Bundesarbeitsgericht (vgl. dessen Urteil vom 2. Dezember 1992 – 4 AZR 277/92 – BAGE 72, 48, 54 f.) – eindeutig zur Annahme eines Umwandlungsausschlusses neigt (in diesem Sinne auch BVerwG, Urteil vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 42.94 – BVerwGE 100, 62, 65). Müsste von einem Ausschluss ausgegangen werden, so wäre bei dem VEB LBB eine gesetzliche Umwandlung und ein Vermögensübergang nach § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG zu verneinen. Einer – eventuell die Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte erforderlich machenden – Entscheidung bedarf es insoweit aber nicht, weil die Umwandlung – wenn nicht kraft Gesetzes, so doch – jedenfalls kraft Umwandlungserklärung und Eintragung der B. GmbH in das Register am 1. August 1990 im Sinne von § 7 Satz 1 UmwVO „wirksam” geworden ist.
Das In-Kraft-Treten des Treuhandgesetzes hatte allerdings zur Folge, dass die vor dem 1. Juli 1990 aufgrund der Umwandlungsverordnung erklärten, aber noch nicht im Handelsregister eingetragenen Umwandlungen von dem neuen Gesetz „überholt” wurden (vgl. Urteil vom 19. November 1998 – BVerwG 3 C 28.97 – Buchholz 115 Nr. 18 S. 41 m.w.N.). Eine solche „Überholung” tritt aber ausschließlich mit Blick auf Wirtschaftseinheiten ein, die sowohl nach der Umwandlungsverordnung als auch nach dem Treuhandgesetz „umwandlungsfähig” waren. Eine solche inhaltliche, die Anwendbarkeit der Bestimmungen der Umwandlungsverordnung ausschließende Deckungsgleichheit wäre indes – sollten bezirks- bzw. magistratsgeleitete Betriebe dem Umwandlungsausschluss des § 11 Abs. 3 (3. Spiegelstrich) TreuhG unterliegen – hier nicht gegeben.
Dem Treuhandgesetz ist nicht zu entnehmen, dass es die Vollendung begonnener, aber noch nicht zur Eintragung gelangter Umwandlungen nach der Umwandlungsverordnung in den Fällen verhindern wollte, die von der Umwandlung kraft (Treuhand-)Gesetzes ausgeschlossen waren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass solche Wirtschaftseinheiten jedenfalls dann auch noch nach dem 1. Juli 1990 eingetragen und damit wirksam umgewandelt (vgl. § 7 Satz 1 UmwVO) werden konnten, wenn die Beteiligten zuvor alle ihnen nach der Umwandlungsverordnung obliegenden Umwandlungsvoraussetzungen erbracht haben.
Entscheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Umstand zu, dass die Umwandlungsverordnung im Zeitpunkt der Registereintragung noch förmlich in Kraft war. Sie ist bei den durch § 24 TreuhG außer Kraft tretenden Bestimmungen nicht aufgeführt, obwohl sich dies bei Vorliegen eines entsprechenden gesetzgeberischen Willens wegen des engen Regelungszusammenhangs (vgl. insbesondere § 23 TreuhG) geradezu aufgedrängt hätte. Aus dem Beschluss des Ministerrats der DDR vom 17. August 1990, die Umwandlungsverordnung mit sofortiger Wirkung aufzuheben, ist zu folgern, dass der Ministerrat bis dahin von deren Fortgeltung ausging. Zwar besagt der Beschluss auch, die Verordnung sei durch das Treuhandgesetz „gegenstandslos geworden”, jedoch war die vermeintliche Gegenstandslosigkeit für den Ministerrat nur der Grund für ihre Außerkraftsetzung, nicht etwa Anlass, eine solche für entbehrlich zu halten.
Freilich können Rechtsvorschriften in Fällen einer Normenkollision auch ohne einen darauf gerichteten besonderen Willensentschluss des Gesetzgebers verdrängt werden. Dies gilt insbesondere im Verhältnis von älteren zu jüngeren Vorschriften (lex-posterior-Prinzip). Diese Kollisionsregel greift ein, wenn ein und derselbe Sachverhalt von mehreren, zu verschiedenen Zeiten in Kraft getretenen Normen erfasst wird, deren Anwendung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann (BVerfGE 36, 342, 363; BVerwG, Beschluss vom 24. April 1991 – BVerwG 4 NB 24.90 – Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 49). Die im vorliegenden Fall zur Anwendung kommende Rechtslage weist jedoch keine Normenkollision, sondern ein Regelungsdefizit auf. Das Treuhandgesetz regelt nämlich weder ausdrücklich noch konkludent die entscheidungserhebliche Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine bisher zulässige individuelle Umwandlung, die nicht von der durch das Treuhandgesetz eingeführten gesetzlichen Umwandlung erfasst wird, nach dem 1. Juli 1990 noch vollendet werden kann. Dem Gesetz ist nicht einmal mit Sicherheit zu entnehmen, ob solche Umwandlungsvereinbarungen nicht sogar noch nach diesem Zeitpunkt hätten getroffen werden können.
Der Einwand der Revision, eine Realisierung derartiger Umwandlungen stehe im Widerspruch zu dem sich in den Umwandlungsausschlüssen des Treuhandgesetzes widerspiegelnden Willen des Gesetzgebers, überzeugt nicht. Er geht von der unzutreffenden Annahme aus, dass die mit einem neuen Gesetz verfolgte Absicht von dessen In-Kraft-Treten an notwendigerweise auch für schon anhängige Verfahren („schwebende Altfälle”) wirksam werden müsse. Dies widerspricht der gängigen legislativen Praxis, Neuregelungen mit Übergangsbestimmungen zu versehen, die die Fortführung begonnener Verfahren nach altem Recht – und somit typischerweise in Abweichung von der der Neuregelung zugrunde liegenden Intention – ermöglichen. Falls die neue Rechtslage restriktiver ist als die bisherige, wird der Gesetzgeber in Hinblick auf die Verfassungsprinzipien „Vertrauensschutz” und „Rückwirkungsverbot” häufig gar nicht umhin kommen, solche Personen auszunehmen, die sämtliche nach altem Recht zur Auslösung einer Rechtsfolge von ihnen geforderten Voraussetzungen erbracht haben, wobei die angestrebte Rechtsfolge nur aus einem behördlicherseits zu vertretendem Grund noch nicht eingetreten ist. Es ist durchaus denkbar, dass diese Vorstellung auch das Treuhandgesetz geprägt hat und den Grund bildete für die Aufrechterhaltung der Umwandlungsverordnung. Da somit Neuregelungen typischerweise nicht auf schwebende Altfälle anzuwenden, sondern diese nach altem Recht abzuwickeln sind, verbietet es sich bei – wie hier – unklarer Gesetzeslage, ein stillschweigendes Außer-Kraft-Treten der alten Regelung mit der Notwendigkeit zu begründen, Wertungsunterschiede zu vermeiden.
Der Senat vermag nicht mit Sicherheit festzustellen, ob sich der Gesetzgeber des Problems der „schwebenden” Umwandlungserklärungen, soweit sie die von der gesetzlichen Umwandlung ausgeschlossenen Wirtschaftseinheiten betrafen, bewusst war und wie er es ggf. gelöst wissen wollte. Ist somit davon auszugehen, dass die eventuelle Absicht des Gesetzgebers, die Umwandlungsverordnung ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, nicht mit hinreichender Gewissheit verlautbart worden ist, verlangt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die weitere Anwendung der Verordnung zumindest in dem oben dargelegten Umfang. Ebenso wie das In-Kraft-Treten einer Norm im Interesse der Rechtssicherheit von der Einhaltung bestimmter Förmlichkeiten abhängt, bedarf auch das Außer-Kraft-Treten einer gewissen Evidenz. Es geht nicht an, die Fortgeltung einer Norm oder deren stillschweigende Aufhebung auf unsichere Spekulationen über mögliche Absichten des Gesetzgebers zu gründen. Im Zweifel ist von der Fortgeltung auszugehen.
Der Senat gelangt somit in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass der VEB LBB wirksam in die B. GmbH umgewandelt worden ist: Unterfiel er dem Umwandlungsverbot des § 11 Abs. 3 (3. Spiegelstrich) TreuhG, so ist sie mit der Umwandlung nach der Umwandlungsverordnung im Zeitpunkt der Registereintragung am 1. August 1990 entstanden; unterfiel er ihm nicht, so ist sie kraft Gesetzes schon am 1. Juli 1990 gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TreuhG entstanden. Ersterenfalls hätte sie die Grundstücke nach § 23 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG, im zweiten Fall unmittelbar nach § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG erworben. Der Restitutionsanspruch des Klägers, der zunächst trotz der Umwandlung fortbestand, ist – wie bereits ausgeführt – durch die Veräußerung der Geschäftsanteile an der GmbH untergegangen.
Als unbegründet erweist sich auch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Erlösauskehranspruch. Wie der Senat bereits entschieden hat, erfolgt ein Geldausgleich nach § 13 Abs. 2 Satz 1 (1. Altern.) VZOG nicht, wenn der Rückübertragungsanspruch ein Grundstück betraf, das im Eigentum einer Treuhandgesellschaft stand, deren Geschäftsanteile zum Zwecke der Privatisierung veräußert worden sind (vgl. Beschluss vom 4. Juni 1997 – BVerwG 3 B 76.97 – Buchholz 428.2 § 13 VZOG Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel, Dr. Brunn
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.11.2001 durch Riebe Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BVerwGE, 231 |
NJ 2002, 161 |