Verfahrensgang
Tenor
Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. August 2002 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Das Gemeindegebiet der Antragstellerin liegt im unmittelbaren Einwirkungsbereich des Flughafens Frankfurt/Main. Durch den Flugverkehr werden u.a. bebaute Ortsteile betroffen, die dem Wohnen dienen.
Die Antragstellerin sieht sich durch folgende Planaussage in dem am 10. Dezember 1999 beschlossenen Regionalplan Südhessen 2000 in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt:
“7.4-1: Zur Sicherung der internationalen Anbindungsqualität der Rhein-Main-Region ist der Flughafen Frankfurt/Main in seiner Bedeutung als internationaler Großflughafen zu erhalten und zu stärken. Die genaue planerische Aussage für die erforderlichen Schritte und Maßnahmen lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht treffen. Dies ist erst nach Abschluss des Mediationsverfahrens und der nachfolgenden Entscheidung der Hessischen Landesregierung und des Hessischen Landtags möglich. Eine eventuelle Kapazitätserweiterung des bestehenden Start- und Landebahnsystems für den Flughafen Frankfurt/Main setzt ein Raumordnungsverfahren voraus. Darin ist die Vereinbarkeit einer eventuellen Erweiterung mit den Erfordernissen der Raumordnung zu prüfen. Sollten sich daraus Siedlungs- und sonstige Flächenrestriktionen ergeben, sind diese in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang in einem Änderungsverfahren zum Regionalplan zu bearbeiten und verbindlich festzusetzen. Mit Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes der DB AG ist eine intensive Verknüpfung zwischen Schienen- und Luftverkehr zur Beförderung von Passagieren und Gütern sowie zur weiteren Optimierung des Flughafens Frankfurt/Main anzustreben.”
Durch Beschluss vom 14. November 2000 genehmigte die Hessische Landesregierung den Regionalplan mit vier “Ausnahmen und Auflagen”. Die Nebenbestimmung Nr. 3 hat in Absatz 1 folgenden Wortlaut:
“Der Regionalplan Südhessen wird mit folgender Auflage versehen: Gemäß Ziffer 7.4-1 wird der erforderliche Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main in einem Änderungsverfahren zum Regionalplan erarbeitet und verbindlich festgelegt. Dabei sind die Vorgaben des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 zu beachten: ‘Der Flughafen Frankfurt/Main soll auch künftig den zu erwartenden Entwicklungen gerecht werden und seine Funktion als bedeutende Drehscheibe im internationalen Luftverkehr sowie als wesentliche Infrastruktureinrichtung für die Rhein-Main-Region erfüllen. Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren. Die Verknüpfung mit dem Schienenfern- und dem Regionalverkehr ist auszubauen. Die Zusammenarbeit mit dem Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz ist zu vertiefen.’”
Das Normenkontrollgericht hat den Landesentwicklungsplan auf die Normenkontrollanträge verschiedener Städte und Gemeinden hin für nichtig erklärt, soweit er den in die Nebenbestimmung aufgenommenen Satz enthält: “Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren.”
Den Antrag der Antragstellerin, die Nr. 7.4-1 für nichtig zu erklären, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 16. August 2002 als unstatthaft abgelehnt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt: Der Regionalplan Südhessen 2000 sei keine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Die Regionalpläne würden in Hessen in einem gesetzlich geordneten förmlichen Verfahren erstellt und durch Bekanntmachung im Staatsanzeiger in Kraft gesetzt. Hierdurch erhielten sie jedoch keinen Normcharakter. Sie entfalteten aus sich selbst heraus keine rechtlichen Wirkungen, sondern erschöpften sich, Flächennutzungsplänen vergleichbar, darin, Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten zu sein. Selbst wenn dies anders zu beurteilen wäre, fehle die Normqualität, denn der Regionalplan Südhessen 2000 weise keine abstrakt-generellen Regelungen auf. Soweit er Zielfestlegungen enthalte, treffe er konkret-individuelle Regelungen für bestimmte Teilräume oder Standorte. Er nehme dadurch zwar Einfluss auf die planerischen Entscheidungen einer Mehrzahl von Planungsträgern, diese Folge beruhe aber maßgeblich auf der “Dinglichkeit” der jeweiligen Maßnahme. In diesem Punkt glichen raumordnungsrechtliche Zielbestimmungen den Schutzbereichanordnungen, die in der Rechtsprechung als Allgemeinverfügungen und nicht als Rechtsnormen eingestuft würden. Dass Zielfestsetzungen häufig noch einer weiteren Umsetzung durch Vollzugsakte bedürften, besage nichts, da dieses Merkmal für “sachenrechtliche Zustandsregelungen” nicht untypisch sei. Auch die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) lasse nicht auf eine Rechtssatzqualität schließen. Über die Möglichkeit hinaus, Zielaussagen im Rahmen von Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen inzident überprüfen zu lassen, könnten Gemeinden Feststellungsklagen erheben.
Die Antragstellerin trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Revision vor: Das Normenkontrollgericht habe dem Regionalplan zu Unrecht die Rechtsnormqualität abgesprochen. Der Plan erzeuge aus sich heraus rechtliche Bindungen. Jedenfalls die Zielfestlegungen seien nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 ROG zu beachten. Die Nr. 7.4-1 des Regionalplans stelle zusammen mit der Nr. 3 des Genehmigungsbeschlusses eine solche Zielbestimmung dar. Insoweit sei der Plan einem vorbereitenden Bauleitplan nicht vergleichbar. Er entfalte vielmehr Außenverbindlichkeit. Der Plan enthalte auch abstrakt-generelle Regelungen. Zielfestlegungen könnten nicht auf eine Stufe mit Verwaltungsakten gestellt werden. Die Besonderheiten des Raumordnungs- und des Planungsrechts dürften nicht außer Acht gelassen werden. Die streitige Zielbestimmung sei in ein Geflecht von planerischen Maßnahmen eingebettet. Da sich weitere Zulässigkeitsfragen nicht stellten, hätte der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Eine Entscheidung ohne Zurückverweisung sei möglich. Tatsächliche Fragen brauchten nicht mehr aufgeklärt zu werden. Ob der Regionalplan mit Bundesrecht vereinbar sei, könne das Revisionsgericht überprüfen. Es liege ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit vor. Zu einer Zielbestimmung sei die Nr. 7.4-1 erst durch die “Auflage” des Genehmigungsbeschlusses gemacht worden. Welcher Text letztlich maßgebend sein solle, lasse die Veröffentlichung nicht erkennen. Hinzu komme, dass das Gesetz für die “Auflage” keine Grundlage biete. Ein weiterer Verstoß ergebe sich daraus, dass sie, die Antragstellerin, zu der Nr. 7.4-1 in der Fassung des Genehmigungsbeschlusses nicht angehört worden sei. Materiellrechtlich leide die Zielfestlegung an einem Abwägungsdefizit. Ihre Belange seien bei der Abwägung erkennbar übergangen worden.
Die Antragstellerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. August 2002 aufzuheben und festzustellen:
Ziffer 7.4-1 des Regionalplans Südhessen 2000 einschließlich des Genehmigungsbeschlusses der Landesregierung vom 14. November 2000, Satz 1 Ziff. 3 und Satz 4 (Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 5. Februar 2001, Nr. 6), sind nichtig.
Hilfsweise:
Ziffer 7.4-1 des Regionalplans Südhessen 2000 einschließlich des Genehmigungsbeschlusses der Landesregierung vom 14. November 2000, Satz 1 Ziff. 3 und Satz 4 (Staatsanzeiger für das Land Hessen vom 5. Februar 2001, Nr. 6) sind insofern nichtig, wie sie folgende Sätze enthalten:
“Der Flughafen Frankfurt/Main soll auch künftig den zu erwartenden Entwicklungen gerecht werden und seine Funktion als bedeutende Drehscheibe im internationalen Luftverkehr sowie als wesentliche Infrastruktureinrichtung für die Rhein-Main-Region erfüllen. Hierzu ist eine Erweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren.”
Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es führt aus: Der Revision fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 16. August 2002 im Verfahren – 4 N 455/02 – (NVwZ 2003, 229) die Regelung, wonach eine Erweiterung des Frankfurter Flughafens über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren sei, gegen die sich die Antragstellerin zur Wehr setze, für nichtig erklärt habe. Insoweit entfalte die Nr. 3 der Genehmigung der Landesregierung, in die die entsprechende Passage des Landesentwicklungsprogramms wörtlich übernommen worden sei, keine rechtlichen Wirkungen. Die Revision sei jedenfalls unbegründet. Der Regionalplan weise weder ganz noch teilweise die Merkmale einer Rechtsvorschrift auf. Das Raumordnungsgesetz lasse die Frage der Rechtsform offen. Das Landesrecht sehe von einer rechtsförmlichen Regelung ab. Der Regionalplan sei, dem Flächennutzungsplan vergleichbar, nicht aus sich selbst heraus verbindlich. Die Bindungswirkungen, die er entfalte, würden über die Tatbestandsmerkmale anderer Normen vermittelt. Die Eigenschaft, ohne Rechtsnorm zu sein, Wirkungen gegenüber anderen Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu erzeugen, teilten raumordnerische Planaussagen mit anderen hoheitlichen Maßnahmen. Der Regionalplan habe keinen generell-abstrakten Charakter. Soweit er Zielfestlegungen enthalte, handele es sich um konkrete standortbezogene Regelungen, die sich ähnlich wie bei einer Allgemeinverfügung an einen bestimmbaren Adressatenkreis richteten. Das enge Verständnis des Verwaltungsgerichtshofs begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Normenkontrolle zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes nicht unabdingbar sei. Der Antrag, die Nr. 7.4-1 des Regionalplans für nichtig zu erklären, sei unstatthaft, da es am Merkmal einer Zielfestlegung fehle. Außerdem sei die Antragsbefugnis zu verneinen. Die Antragstellerin fühle sich durch eine in der Nr. 3 der Genehmigung enthaltene Regelung beeinträchtigt, in der eine Bestimmung des Landesentwicklungsplans wörtlich zitiert werde, die inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof für nichtig erklärt worden sei. Eine Rechtsverletzung sei insoweit mithin ausgeschlossen. Jedenfalls fehle der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis.
Die Regionalversammlung Südhessen hat keinen Antrag gestellt. Sie macht geltend: Bei den im Regionalplan enthaltenen Zielfestlegungen handele es sich nicht um die Regelung von Einzelfällen. Die Aussagen auf dieser Planungsebene besäßen einen allgemeinen Charakter, da sie einen Rahmen bildeten, der auf der unteren Planungsstufe von den Planungsträgern weiter ausgefüllt und konkretisiert werden könne. Die Merkmale einer Rechtsnorm erfüllten sie auch deshalb, weil sie einen abstrakten und generellen Regelungsgehalt aufwiesen. Zielförmige Planaussagen seien auf der nachfolgenden Planungsebene als verbindliche Vorgaben hinzunehmen. Sie hätten den Charakter von Außenrechtsvorschriften. Der Adressatenkreis sei nicht auf bestimmte Personen beschränkt. Er schließe Träger eigener Rechte und Pflichten ein. Auch unter Rechtsschutzgesichtspunkten sei die Normenkontrolle unverzichtbar. Nur auf diesem Wege könnten die Gemeinden sich frühzeitig Klarheit darüber verschaffen, welchen Bindungen sie unterlägen. Ihnen sei es nicht zumutbar, kostenträchtige konkretisierende Maßnahmen in Gang zu setzen, um im Rahmen einer daraufhin erhobenen Anfechtungs- oder Feststellungsklage das streitige Ziel der Raumordnung zum Gegenstand einer gerichtlichen Prüfung machen zu können. Gerade Zielfestlegungen, durch die gemeindliche Planungen beeinträchtigt oder gar gänzlich abgeschnitten würden, sollten unabhängig vom Konkretisierungsgrad der Bauleitplanung überprüfbar sein. Diese Möglichkeit eröffne nur das Normenkontrollverfahren.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Revision der Antragstellerin ist begründet. Das angefochtene Normenkontrollurteil verletzt Bundesrecht. Zu Unrecht spricht der Verwaltungsgerichtshof der nicht durch förmlichen Rechtssatz erfolgten Festlegung von Zielen der Raumordnung (§ 3 Nr. 2 ROG) den Charakter einer Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ab. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zur Klärung der Frage zurückzuverweisen, ob es sich bei den umstrittenen regionalplanerischen Aussagen um derartige Zielfestlegungen und damit um Rechtsvorschriften handelt, die Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein können.
1.1 Das Normenkontrollgericht hält den Antrag der Antragstellerin für unstatthaft, weil es sowohl dem Regionalplan Südhessen 2000 als Gesamtregelwerk als auch einzelnen in diesem Plan enthaltenen Regelungen, wie etwa der Nr. 7.4-1, jegliche Rechtsnormqualität abspricht. Diese Rechtsauffassung unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung. Der Regionalplan Südhessen 2000 gehört freilich ebenso wie die in ihm enthaltenen Einzelregelungen dem irrevisiblen Landesrecht an. Gleichwohl ist ein bundesrechtlicher Bezug nicht von der Hand zu weisen. Das Normenkontrollgericht leitet die Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags daraus her, dass es sowohl beim Regionalplan als auch bei etwaigen in diesem Planwerk getroffenen Zielfestlegungen am Merkmal der Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO fehle. Der Landesgesetzgeber bestimmt, ob und inwieweit er von der Möglichkeit Gebrauch macht, über die in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO genannten Bestimmungen hinaus andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften der Normenkontrolle zu unterwerfen. Der Hessische Gesetzgeber hat mit § 15 Abs. 1 HessAGVwGO eine Öffnungsklausel geschaffen, die an den in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO verwendeten Begriff der Rechtsvorschrift anknüpft. Was hierunter zu verstehen ist, ist eine Frage des Bundesrechts.
Der Bundesgesetzgeber sieht davon ab, den Begriff der Rechtsvorschrift über die in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO genannten Merkmale hinaus zu definieren. Danach kommen als Gegenstand einer Normenkontrolle nur landesrechtliche Vorschriften in Betracht, die im Range unter dem Landesgesetz stehen. Dazu gehören zweifelsfrei Satzungen und Rechtsverordnungen. Dem stehen Vorschriften gleich, die dadurch Rechtsnormqualität erlangt haben, dass sie unabhängig von ihrem materiellen Gehalt durch Satzung oder Rechtsverordnung für verbindlich erklärt worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 – BVerwG 7 NB 2.88 – BVerwGE 81, 128; vgl. auch Urteil vom 3. November 1988 – BVerwG 7 C 115.86 – BVerwGE 80, 355). Ob zum Kreis der Rechtsvorschriften auch Regelungen gehören können, die nicht förmlich als Norm erlassen worden sind, lässt der Gesetzgeber offen. Sinn und Zweck des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO legen indes ein weites Verständnis nahe. Die Normenkontrolle dient der Rechtsklarheit und der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts (vgl. Bericht des Bundestagsrechtsausschusses BTDrucks III/1094 S. 6 zu § 46 des Entwurfs einer VwGO). Ihr Zweck liegt darin, durch eine einzige Entscheidung eine Reihe von Einzelklagen zu vermeiden und dadurch die Verwaltungsgerichte zu entlasten (so die Begründung zum Regierungsentwurf einer VwGO, BTDrucks III/55 a.a.O.). Durch sie wird ggf. einer Vielzahl von Prozessen vorgebeugt, in denen die Gültigkeit einer bestimmten Rechtsvorschrift als Vorfrage zu prüfen wäre. Überdies ist sie geeignet, den individuellen Rechtsschutz zu verbessern. Das Bundesverwaltungsgericht trägt der Grundtendenz, die in § 47 Abs. 1 VwGO zum Ausdruck kommt, dadurch Rechnung, dass es auch Regelungen, die anhand formeller Kriterien nicht oder nicht eindeutig als Rechtsnormen zu qualifizieren sind, vom Kreis der Rechtsvorschriften nicht von vornherein ausschließt (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 1985 – BVerwG 2 C 48.84 – BVerwGE 72, 119, vom 6. November 1986 – BVerwG 3 C 72.84 – BVerwGE 75, 109 und vom 26. Januar 1996 – BVerwG 8 C 19.94 – NJW 1996, 2046; Beschlüsse vom 15. September 1987 – BVerwG 7 N 1.87 – NVwZ 1988, 1119 und vom 25. November 1993 – BVerwG 5 N 1.92 – BVerwGE 94, 335).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags der Antragstellerin unschädlich, dass der hessische Gesetzgeber, anders als für den als Rechtsverordnung zu erlassenden Landesentwicklungsplan (§ 5 Abs. 4 HLPG 1994), für die Regionalpläne, die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 HLPG dazu bestimmt sind, die Ziele der Raumordnung für die Entwicklung der Planungsregion unter Beachtung der Vorgaben des Landesentwicklungsplans festzulegen, keine bestimmte Rechtsform vorsieht. Das Raumordnungsgesetz gibt den Ländern für die Raumordnung zwar in den §§ 7 bis 17 einen Rahmen vor, der u.a. auch die Verpflichtung umfasst, für das Gebiet eines jeden Landes einen zusammenfassenden und übergeordneten Plan (§ 8 Abs. 1) und in den Ländern, deren Gebiet die Verflechtungsbereiche mehrerer zentraler Orte oberster Stufe umfasst, Regionalpläne (§ 9 Abs. 1) aufzustellen. Der Bundesgesetzgeber überlässt indes den Ländern die Entscheidung, in welchen Rechtsformen sie dieser Aufgabe nachkommen.
Der Umstand allein, dass der hessische Landesgesetzgeber für Regionalpläne keine bestimmte Rechtsform zur Verfügung stellt, schließt nicht aus, dass der Regionalplan Südhessen 2000 zumindest in Teilen Elemente enthält, die von ihrem materiellen Gehalt und ihrem Regelungsanspruch her als Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu qualifizieren sind. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen einzelne Regelungen, die sie als Zielfestlegungen wertet. Es begegnet keinen grundsätzlichen rechtlichen Bedenken, die Normenkontrolle auf dieses Angriffsziel zu beschränken. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO setzt nicht voraus, dass alle in einem Plan oder sonstigen Rechtsakt enthaltenen Einzelregelungen ein und dieselbe rechtliche Qualität aufweisen. Vielmehr ist für jede Regelung gesondert zu prüfen, ob sie den Kriterien genügt, die für eine Rechtsvorschrift unabdingbar sind. Insoweit unterscheiden sich Raumordnungspläne nicht von sonstigen Normzusammenhängen, bei denen es ebenfalls Regelungen mit unterschiedlichem Rechtscharakter geben kann. So hat der Senat angenommen, dass eine einzelne durch Gesetz geänderte Norm einer landesrechtlichen Rechtsverordnung, für die der Gesetzgeber aufgrund einer “Entsteinerungsklausel” die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang angeordnet hat, ungeachtet des Umstandes, dass die übrigen Bestimmungen Gesetzesrang haben, eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sein kann (vgl. Urteil vom 16. Januar 2003 – BVerwG 4 CN 8.01 – BVerwGE 117, 313 = NVwZ 2003, 730). Ferner entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass den Gegenstand einer Normenkontrolle die Teile eines Abfallwirtschaftsplans bilden können, die im Sinne des § 29 Abs. 4 KrW-/AbfG für verbindlich erklärt worden sind (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1988 – BVerwG 7 NB 2.88 – a.a.O.). Auch ist anerkannt, dass nur diejenigen Rechtsvorschriften einer (Abfallwirtschafts-)Satzung der Normenkontrolle unterliegen, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, nicht aber auch die Bestimmungen, die inhaltlich dem Ordnungswidrigkeitenrecht zuzurechnen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1995 – BVerwG 7 NB 1.95 – BVerwGE 99, 88). Nach den in der Rechtsprechung zu diesem Problemkreis entwickelten Grundsätzen kommt es mithin nicht entscheidend darauf an, ob dem Regionalplan Südhessen 2000 insgesamt Rechtsnormqualität beizumessen ist. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob dieser Plan jedenfalls in einzelnen Teilen den Anforderungen entspricht, die an Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu stellen sind. Als hierfür tauglicher Anknüpfungspunkt eignen sich vor allem Zielfestlegungen, die vom Gesetzgeber nicht bloß als verbindliche Vorgaben gekennzeichnet, sondern darüber hinaus als abstrakt-generelle Regelungen mit einem Außenwirksamkeitsanspruch ausgestattet werden.
1.2.1 Der Bundesgesetzgeber umschreibt den Begriff der Ziele in § 3 Nr. 2 ROG einheitlich für die Raumordnung im Bund und in den Ländern. Danach handelt es sich um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Der Gesetzgeber grenzt mit dieser Definition die Ziele von den Grundsätzen der Raumordnung ab, die nach § 3 Nr. 3 ROG als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu dienen bestimmt sind. Soweit er in diesem Zusammenhang maßgeblich auf das Unterscheidungsmerkmal der abschließenden Abwägung abhebt, bringt er zum Ausdruck, dass die Ziele als landesplanerische Letztentscheidungen anders als die Grundsätze der Raumordnung nicht ohne weiteres im Wege der Abwägung überwindbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 – BVerwG 4 NB 20.91 – BVerwGE 90, 329).
1.2.2 Diesen besonderen Wirkungsmechanismus stellt auch das Normenkontrollgericht nicht in Abrede. Wenn es den Zielen der Raumordnung gleichwohl den Rechtssatzcharakter abspricht, dann beruht dies nicht zuletzt auf der Annahme fehlender Außenwirksamkeit. Dieser Sichtweise ist nicht zu folgen. Richtig an der Argumentation des Normenkontrollgerichts ist, dass Ziele der Raumordnung nach der Konzeption des Raumordnungsgesetzes nicht gegenüber jedermann unmittelbare Geltung beanspruchen. Nach § 4 Abs. 1 ROG sind sie von öffentlichen Stellen bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten. Dazu zählen nach § 3 Nr. 5 ROG Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. § 4 Abs. 3 ROG erstreckt die Beachtenspflicht unter bestimmten Voraussetzungen auf die in dieser Vorschrift bezeichneten Personen des Privatrechts. Die Rechtsbindungen, die diese Regelungen erzeugen, sind in dem Sinne strikt, dass die Adressaten die Ziele der Raumordnung zwar je nach Aussageschärfe konkretisieren und ausgestalten, sich über sie aber nicht im Wege der Abwägung hinwegsetzen dürfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 – BVerwG 4 NB 20.91 – a.a.O.). Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 4 Abs. 1 und 2 ROG sind die Ziele der Raumordnung nach § 4 Abs. 4 ROG nach Maßgabe der einschlägigen fachrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen, es sei denn, dass der Fachgesetzgeber von der ihm durch § 4 Abs. 5 ROG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, weitergehende Bindungswirkungen anzuordnen.
Entgegen der Ansicht des Normenkontrollgerichts können auch Regelungen mit beschränktem Adressatenkreis Außenwirkungen auslösen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 – BVerwG 7 NB 2.88 – a.a.O.). Zielaussagen sind dieser Normkategorie zuzurechnen. Zum Kreis der öffentlichen Stellen, die nach § 4 Abs. 1 ROG Ziele der Raumordnung zu beachten haben, gehören nicht nur in das behördliche Funktions- und Weisungsverhältnis eingebundene nachgeordnete Verwaltungsträger, sondern auch Behörden des Bundes und kommunale Gebietskörperschaften, die der Planungsbehörde als Träger eigener Rechte und Pflichten gegenüberstehen. Bei § 4 Abs. 3 ROG, der auch bestimmte Personen des Privatrechts der Zielbindung unterwirft, tritt dieser durch das Raumordnungsrecht vermittelte Außenrechtsbezug noch deutlicher zu Tage. Hieraus hat der Senat bereits im Beschluss vom 7. März 2002 – BVerwG 4 BN 60.01 – (Buchholz 406.13 § 5 ROG Nr. 3) gefolgert, dass Ziele der Raumordnung den “Charakter von Außenrechtsvorschriften” haben. Hiervon abzurücken, besteht kein Anlass. Die Senatsentscheidungen, die das Normenkontrollgericht für seine gegenteilige Ansicht ins Feld führt, rechtfertigen nicht die Schlüsse, die es aus ihnen zieht.
So behandelt und verneint das vom Verwaltungsgerichtshof zitierte Urteil vom 20. Januar 1984 – BVerwG 4 C 43.81 – (BVerwGE 68, 311) nur die Frage, ob Ziele der Raumordnung und Landesplanung gegenüber privaten Dritten Außenwirkung entfalten, die ein im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässiges Vorhaben errichten möchten. Diese Aussagen können nicht unbesehen für die Frage nutzbar gemacht werden, ob Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sind, gegen die sich Gemeinden im Wege der Normenkontrolle zur Wehr setzen können. Überdies hat sich die Rechtslage grundlegend verändert. Seinerzeit gehörten die “Ziele der Raumordnung und Landesplanung” im Rahmen des § 35 BBauG ausschließlich zu den im Beispielskatalog des Absatzes 3 Satz 1 als potentielles Zulassungshindernis aufgeführten öffentlichen Belangen. Inzwischen haben die Ziele in § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB einen Bedeutungszuwachs erfahren, der es nicht mehr ohne weiteres erlaubt, sie mit den in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten sonstigen öffentlichen Belangen auf eine rechtliche Stufe zu stellen (vgl. zu § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB, BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2001 – BVerwG 4 C 4.00 – BVerwGE 115, 17; zu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, BVerwG, Urteile vom 13. März 2003 – BVerwG 4 C 3.02 – ZfBR 2003, 469 und – BVerwG 4 C 4.02 – ZfBR 2003, 464). Diese Vorschriften verleihen den Zielen der Raumordnung rechtliche Wirkungen auch gegenüber Privaten, eine Möglichkeit, die § 4 Abs. 5 ROG dem Fachgesetzgeber eröffnet. In diesem Punkt kann also das Senatsurteil vom 20. Januar 1984 (a.a.O.) als durch die weitere Rechtsentwicklung überholt angesehen werden. Auch das Raumordnungsrecht selbst kennt nunmehr eine Bindungswirkung von Zielfestlegungen gegenüber Privaten, nämlich soweit diese nach § 4 Abs. 3 ROG Zieladressaten sind.
Die vom Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 20. Juli 1990 – BVerwG 4 N 3.88 – (NVwZ 1991, 262) gezogene Parallele zum Flächennutzungsplan geht ebenfalls fehl. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Darstellungen des Flächennutzungsplans keine Rechtsvorschriften, die nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zum Gegenstand einer Normenkontrolle gemacht werden können. Diese Aussage beruht auf der Erkenntnis, dass der Flächennutzungsplan vom Gesetzgeber im Unterschied zum Bebauungsplan, der verbindliche Festsetzungen enthält, ursprünglich lediglich als ein vorbereitender Plan konzipiert worden ist, dessen unmittelbare rechtliche Wirkungen sich auf den innergemeindlichen Bereich beschränken und inhaltlich im Anpassungsgebot des § 8 Abs. 2 BauGB erschöpfen. Indessen trifft diese Charakterisierung, so allgemein formuliert, heute nicht mehr einschränkungslos zu. Der Gesetzgeber hat mit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine Regelung geschaffen, die zur Folge hat, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans unter den dort genannten Voraussetzungen unmittelbar auf die Vorhabenzulassung durchschlagen. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfüllt der Flächennutzungsplan mithin eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funktion (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 – BVerwG 4 C 15.01 – BVerwGE 117, 287). Auch wenn der Gedanke, für die Ausweisung von Konzentrationsflächen auf der Grundlage des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Möglichkeit einer Normenkontrolle zu eröffnen, nicht fern liegen mag, gilt für sonstige Darstellungen des Flächennutzungsplans unverändert, dass es am Tatbestand einer verbindlichen Regelung gegenüber dem Bürger fehlt. Im Unterschied hierzu handelt es sich bei den Zielen der Raumordnung um verbindliche Vorgaben, die typischerweise über die Verwaltungssphäre hinaus im Außenrechtsverhältnis rechtliche Wirkungen entfalten.
1.2.3 Nach Ansicht des Normenkontrollgerichts weisen Zielaussagen auch deshalb nicht die Merkmale einer Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO auf, weil sie sich nicht als abstrakt-generelle Regelungen qualifizieren lassen sollen. Indes erweisen sich auch die für diese Auffassung angeführten Argumente als nicht stichhaltig. Der Verwaltungsgerichtshof greift zu kurz, wenn er Zielfestlegungen als konkret-individuelle Regelungen charakterisiert, die sich auf einen bestimmten Teilraum oder Standort beziehen. Diese Sichtweise wird dem Regelungsgehalt von Zielaussagen nicht gerecht. Träfe sie zu, so wären nicht nur die Festsetzungen eines Bebauungsplans, sondern beispielsweise auch die in einer Landschaftsschutz-, einer Wasserschutz- oder einer sonstigen Polizeiverordnung getroffenen Anordnungen als konkret-individuelle Regelungen einzustufen. Dies aber liefe erkennbar der Zuordnung zuwider, die der Gesetzgeber gewählt hat. Das geltende Recht legt eher einen Gegenschluss nahe. Erkennt der Gesetzgeber sogar den verbindlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans ausdrücklich einen Normcharakter zu, so liefe es auf einen Wertungswiderspruch hinaus, den verbindlichen Zielfestlegungen, die als gesamtplanerische Abwägungsentscheidungen die gleiche Struktur aufweisen (vgl. § 7 Abs. 5 bis 8 ROG), diese Qualität nur deshalb abzusprechen, weil sie auf der der gemeindlichen Planungsstufe übergeordneten überörtlichen Planungsebene angesiedelt sind. Das Bundesverfassungsgericht geht deshalb unter Hinweis darauf, dass Zielaussagen den Festsetzungen in Bebauungsplänen vergleichbar sind, davon aus, dass es sich um Regelungen mit Normcharakter handelt, die tauglicher Gegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG sein können (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1987 – 2 BvR 826/83 – BVerfGE 76, 107 ≪114≫).
Neben systematischen Gesichtspunkten lassen sich auch normstrukturelle Erwägungen dafür anführen, dass Zielfestlegungen als generell-abstrakte Regelungen einzustufen sind. Zielförmige Planaussagen erschöpfen sich nicht in punktuellen Regelungen. Sie mögen, jeweils isoliert betrachtet, die Annahme einer konkret-individuellen Maßnahme nahe legen. Indes dürfen sie nicht aus dem Gesamtzusammenhang herausgelöst und in ein Bündel scheinbar selbständiger Einzelregelungen auseinander dividiert werden. Auch wenn sich das Planwerk als Ganzes nicht auf einen gemeinsamen rechtsnormativen Nenner bringen lässt, ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die einzelnen Planaussagen Teil eines vielfältig aufeinander bezogenen und untereinander abgestimmten Planungsgeflechts sind. Die Raumordnung ist als Gesamtplanung mehr als die Summe projektbezogener, planfeststellungsersetzender Planungsakte. Ihr Sinn ist es gerade, im Interesse der Gesamtentwicklung die unterschiedlichen Raumansprüche zu koordinieren und mögliche Konflikte auszugleichen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 ROG). Die Raumordnungspläne erfüllen nach § 7 Abs. 1 ROG die Aufgabe, die Grundsätze der Raumordnung für den jeweiligen Planungsraum zu konkretisieren. Zielfestlegungen dienen hierbei als geeignetes Mittel, um für die Planungsträger, die es angeht, einen an den Erfordernissen der Raumordnung ausgerichteten Handlungsrahmen für zukünftige Planungsfälle zu schaffen. Ihr generell-abstrakter Charakter äußert sich in diesem Planungssystem sinnfällig darin, dass der lediglich nach Gattungsmerkmalen bezeichnete Adressatenkreis für eine unbestimmte Vielzahl eigener Planungsentscheidungen Bindungen unterworfen wird (so NRWVerfGH, Urteil vom 15. Dezember 1989 – VerfGH 5/88 – NVwZ 1990, 456; ähnlich BayVGH, Beschluss vom 12. September 1990 – 4 N 88.1300 – NVwZ-RR 1991, 332; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 11. April 1986 – 6 C 17/83 – OVGE 39, 409). Als Elemente eines auf den Planungsraum bezogenen Gesamtkonzepts dienen die Zielaussagen insbesondere dem Zweck, die Raumstruktur nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 und 3 ROG zu gestalten. Die einzelnen Raumfunktionen auszutarieren, kann nur das Ergebnis einer Betrachtung sein, die nicht allein auf die Gegebenheiten vor Ort abstellt, sondern der gesamträumlichen Situation Rechnung trägt.
Vor dem Hintergrund dieser Aufgabenstellung kann mithin den Zielen der Raumordnung nicht, wie der Verwaltungsgerichtshof meint, ein “dinglicher” Charakter zugesprochen werden, wie er für sachenrechtliche Zustandsregelungen des öffentlichen Rechts, etwa für die Widmung kennzeichnend ist. Auch das im Normenkontrollurteil herangezogene Urteil des erkennenden Senats vom 7. September 1984 – BVerwG 4 C 16.81 – (BVerwGE 70, 77) rechtfertigt keine gegenteiligen Schlüsse. Die dort vorgenommene Charakterisierung der Schutzbereichsanordnung nach § 2 des Schutzbereichsgesetzes als Verwaltungsakt (Allgemeinverfügung) erklärt sich aus den Besonderheiten dieses Rechtsbereichs, insbesondere auch aus dem Willen des historischen Gesetzgebers, die Anordnung nicht als Rechtsverordnung ausgestalten zu wollen (vgl. Urteil vom 7. September 1984 a.a.O. S. 79).
2. Weisen Zielfestlegungen nach allem die Eigenschaften auf, die § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO für eine Rechtsvorschrift voraussetzt, so hätte das Normenkontrollgericht den Antrag der Antragstellerin nicht mit der Begründung als unstatthaft ablehnen dürfen, Zielaussagen schieden als Angriffsziel einer Normenkontrollklage von vornherein aus.
3. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig, auch wenn das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung auf dem Standpunkt steht, dass der Normenkontrollantrag im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgelehnt worden sei.
3.1 Das Ministerium spricht den im Regionalplan Südhessen 2000 unter den Nrn. 5.2-2 und 7.4-1 getroffenen Regelungen sowohl für sich genommen als auch zusammen mit dem Genehmigungsbeschluss der Hessischen Landesregierung den Charakter von Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO auch deshalb ab, weil sie nicht die Merkmale von Zielfestlegungen im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG aufweisen. Der Senat sieht keinen Anlass, im Rahmen eines Revisionsverfahrens aufzuklären, welcher Regelungsgehalt der Nr. 7.4-1 des Regionalplans bei isolierter Betrachtung oder bei einer Zusammenschau mit der Genehmigungsentscheidung der Landesregierung beizumessen ist. Es handelt sich um einen Rechtsakt, der dem irrevisiblen Recht zuzurechnen ist. Allerdings können Fragen des Landesrechts vom Revisionsgericht geprüft werden, wenn sich die Vorinstanz mit ihnen nicht befasst hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1994 – BVerwG 3 C 17.92 – BVerwGE 17, 79 und vom 30. August 2001 – BVerwG 4 CN 9.00 – BVerwGE 115, 77). § 144 Abs. 3 VwGO lässt es auch in diesen Fällen zu, in der Sache selbst zu entscheiden. Der Senat sieht indes davon ab, sein Ermessen in dieser Richtung auszuüben. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich anhand des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO auf die Prüfung beschränkt, ob der Normenkontrollantrag statthaft ist. Alle durch das Landesplanungsrecht aufgeworfenen weiteren Fragen hat er unerörtert gelassen. Er ist nicht der Rechtsnatur der Nr. 7.4-1 nachgegangen. Er hat nicht untersucht, welche Folgerungen sich aus den im Genehmigungsbeschluss enthaltenen “Ausnahmen und Auflagen” ergeben. Schließlich hat er sich nicht mit den zahlreichen Argumenten auseinander gesetzt, aus denen sich nach Ansicht der Antragstellerin ergibt, dass die angegriffene Regelung weder formell noch materiell mit den Anforderungen höherrangigen Rechts in Einklang steht. Das Revisionsverfahren ist nicht der rechte Ort, alle diese Fragen zu prüfen und zugunsten oder zulasten der Antragstellerin oder des Antragsgegners zu klären.
3.2 Auch ansonsten erweist sich das angefochtene Urteil nicht im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO als richtig. Der Antragstellerin lässt sich die Antragsbefugnis nicht absprechen. Wie der Senat im Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – (BVerwGE 107, 215) dargelegt hat, sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Danach ist die Klagebefugnis nur dann zu verneinen, wenn die Verletzung eigener Rechte offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise möglich erscheint (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1994 – BVerwG 1 C 24.92 – BVerwGE 95, 133, vom 30. März 1995 – BVerwG 3 C 8.94 – BVerwGE 98, 118 und vom 10. Oktober 2002 – BVerwG 6 C 8.01 – BVerwGE 117, 93). Die Antragstellerin trägt hinreichend substantiiert Tatsachen vor, die es als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Entscheidung, die Flughafenerweiterung über das bestehende Start- und Landebahnsystem hinaus zu planen und zu realisieren, unzumutbar in ihrer Planungshoheit beschränkt wird.
3.3 Das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin lässt sich ebenfalls nicht in Zweifel ziehen. Diesem Zulässigkeitserfordernis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats schon dann genügt, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden gegebenenfalls von Nutzen sein kann. Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, den von ihm geltend gemachten Nachteil abzuwenden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 18. Juli 1989 – BVerwG 4 N 3.87 – BVerwGE 82, 225, vom 25. Mai 1993 – BVerwG 4 NB 50.92 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 und vom 26. Mai 1993 – BVerwG 4 NB 3.93 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 80). Weisen Planaussagen in einem Regionalplan die Merkmale von Zielfestlegungen auf, die sich auf bestimmte Gemeindegebietsteile auswirken, so liegt das Interesse, sie auf ihre Gültigkeit überprüfen zu lassen, schon deshalb nahe, weil die Gemeinde nur so in der Lage ist, sich unmittelbar Klarheit darüber zu verschaffen, ob sie einer Beachtenspflicht unterliegt oder nicht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. März 1989 – BVerwG 4 NB 10.88 – BVerwGE 81, 307 und vom 7. März 2002 – BVerwG 4 BN 60.01 – a.a.O.). Ohne Erfolg weist das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung auf die Besonderheit hin, dass die “Auflage”, die die Hessische Landesregierung im Genehmigungsbeschluss der Nr. 7.4-1 des Regionalplans beigefügt hat, in ihrem Kern wörtlich mit der Zielfestlegung Nr. 7.4 im Landesentwicklungsplan übereinstimmt, die der Verwaltungsgerichtshof in anderem Zusammenhang für nichtig erklärt hat. Die Antragstellerin wendet sich im anhängigen Rechtsstreit nicht gegen Bestimmungen des Landesentwicklungsplans, sondern gegen Regelungen des Regionalplans. Die Antwort auf die Frage, ob die von ihr angegriffene Planaussage einen eigenständigen Regelungsgehalt aufweist oder sich darin erschöpft, den Landesentwicklungsplan zu zitieren, liegt nicht auf der Hand. Solange die Nr. 7.4-1 des Regionalplans Südhessen 2000 in Verbindung mit der “Auflage” Nr. 3 im Genehmigungsbeschluss der Hessischen Landesregierung nicht förmlich aufgehoben worden ist, kann einem nachgeordneten Planungsträger nicht das Interesse abgesprochen werden, klären zu lassen, ob insoweit eine Beachtenspflicht besteht oder nicht.
4. Der Senat ist nicht in der Lage, im Sinne des § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst zu entscheiden und dem Normenkontrollantrag der Antragstellerin ganz oder teilweise stattzugeben. Das Normenkontrollgericht hat, wie bereits ausgeführt, keine Feststellungen getroffen, die ihm in der einen oder anderen Richtung eine ausreichende Grundlage für eine eigene Sachentscheidung bieten. Nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist vielmehr das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Normenkontrollgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Dr. Paetow, Halama, Prof. Dr. Rojahn, Gatz, Dr. Jannasch
Fundstellen