Entscheidungsstichwort (Thema)
Flurbereinigungsverfahren. Unternehmensflurbereinigung. Fristunterbrechung. Fristablauf. Planfeststellungsbeschluss. Außerkrafttreten. Beginn der Durchführung. Rechtssicherheit. Grundstückserwerb. Verhandlungsgebot. Lastenteilung. Verhältnismäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der verbindliche Erwerb von Grundstücken, der von mehr als nur geringfügiger Bedeutung für die Durchführung eines Planfeststellungsbeschlusses ist, unterbricht die Fünfjahresfrist des § 17 Abs. 7 FStrG a.F. (vgl. nunmehr § 17c Nr. 1 und 4 FStrG).
2. Fristunterbrechende Maßnahmen müssen nicht bekanntgegeben werden. Planbetroffene haben aber einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf behördliche Auskunft und Akteneinsicht, um sachgerecht entscheiden zu können, ob das Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses verbindlich geklärt werden soll.
3. Der ernsthafte Versuch, die für das Vorhaben benötigten Grundstücke zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben (Verhandlungsgebot), muss auch dann nicht vor Anordnung der Unternehmensflurbereinigung unternommen werden, wenn diese Anordnung erst nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt (im Anschluss an Urteil vom 6. Juli 1989 – BVerwG 5 C 51.87 – BVerwGE 82, 205 ≪212 f.≫).
4. Auch in einem Unternehmensflurbereinigungsverfahren kann die an den Neugestaltungsgrundsätzen des § 37 FlurbG orientierte Neustrukturierung der landwirtschaftlichen Nutzfläche im gesamten Flurbereinigungsgebiet erfolgen, solange die Zwecke der Unternehmensflurbereinigung im Vordergrund stehen.
Normenkette
GG Art. 14 Abs. 3; FlurbG §§ 1, 7, 37, 87; FStrG F. 1994 § 17 Abs. 7; FStrG F. 1994 § 19
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 04.06.2008; Aktenzeichen 9 C 11309/07) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Flurbereinigungsgericht für Rheinland-Pfalz und das Saarland – vom 4. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I
Rz. 1
Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel, mit dem für die Verlegung der Bundesstraße 256 in Rengsdorf die Unternehmensflurbereinigung angeordnet wurde. Er ist Eigentümer von im Flurbereinigungsgebiet liegenden Grundstücken mit einer Gesamtfläche von 81,64 ha.
Rz. 2
Mit Beschluss des (früheren) Landesamtes für Straßen- und Verkehrswesen Rheinland-Pfalz vom 30. Dezember 1999 wurde der Plan für den “Neubau der Ortsumgehung Rengsdorf im Zuge der Bundesstraße Nr. 256 (B 256)” festgestellt. Der Planfeststellungsbeschluss ist seit dem 29. April 2000 bestandskräftig. Er sieht naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen auf Grundstücken des Klägers vor. Für die Straßenbaumaßnahme einschließlich der landschaftspflegerischen Kompensationsmaßnahmen werden rund 30 ha landwirtschaftliche Flächen und rund 12 ha Waldflächen benötigt. Nach ergebnislos gebliebenen Verhandlungen mit zu enteignenden Grundstückseigentümern in der Umgebung Rengsdorf beantragte der Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord die Durchführung eines Enteignungsverfahrens für den Bau der Umgehung Rengsdorf. Auf entsprechende Bitte des Landesbetriebes Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz beantragte die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord am 18. November 2005 die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens gemäß § 87 FlurbG.
Rz. 3
Im Februar 2006 bot der Kläger dem Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz an, zur Vermeidung von Enteignungen von für Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Grundstücken Dritter die Ausgleichsmaßnahmen für die Umgehungsstraße auf (weiteren) ihm gehörenden Grundstücken, die nicht Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses sind, zu verwirklichen. Diesen Vorschlag lehnte der Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz u.a. im Hinblick auf ein bei Umsetzung des Angebotes für erforderlich gehaltenes Planergänzungsverfahren ab.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 31. Juli 2006 erteilte die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz als landwirtschaftliche Berufsvertretung ihr Einvernehmen zu einem Landabzug bis zu einer Obergrenze von 5 %.
Rz. 5
Mit Beschluss vom 18. September 2006 ordnete das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel das Flurbereinigungsverfahren B 256 nach § 87 FlurbG mit dem Ziel an, Nachteile für die allgemeine Landeskultur durch den Ausbau der B 256 zu vermeiden, den Landverlust auf einen größeren Teil von Eigentümern zu verteilen und allgemeine Ziele der Flurbereinigung umzusetzen. Das festgestellte Flurbereinigungsgebiet hat eine Fläche von 1 060 ha (landwirtschaftliche Nutzfläche 700 ha, Wald 250 ha, Verkehrsflächen 100 ha, sonstige Flächen 10 ha). Es umfasst landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzte Flächen sowie hieran angrenzende Teilbereiche der forstwirtschaftlich genutzten Flächen der Gemeinden Rengsdorf, Bohnefeld, Ehlscheid, Hardert, Kurtscheid und Niederbreitbach. In den Gemarkungen Bohnefeld, Melsbach, Oberbieber und Rengsdorf werden forstwirtschaftliche Flächen im Trassenbereich einbezogen. Der Beschluss wurde in Neuwied am 28. September 2006 öffentlich bekannt gemacht. Zur Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, für die geplante Umgehungsstraße würden Grundstücke in Feld- und Waldlagen auf einer Länge von etwa 4 000 m benötigt. Der dadurch eintretende Flächenverlust verursache Existenzgefährdungen landwirtschaftlicher Betriebe. Die Verteilung des Landverlustes auf einen größeren Kreis durch Ausdehnung des Flurbereinigungsgebiets auf mehrere Gemarkungen könne eine wesentliche Verminderung der Nachteile für die Betriebe bewirken. Durch die Straßenbaumaßnahme würden Grundstücke unwirtschaftlich durchschnitten und das Wirtschaftswegenetz unterbrochen. Diese landeskulturellen Nachteile könnten vermieden werden, indem das Wegenetz den neuen Verhältnissen angepasst und der Grundbesitz neu geordnet werde. Mit der Abgrenzung des Flurbereinigungsgebietes würden insbesondere die Ziele nach § 87 FlurbG erreicht; es könnten aber auch die allgemeinen Aufgaben der Flurbereinigung erfüllt werden. Angesichts der Gebietsgröße bei einem Landabzug von maximal 5 % erhalte der Unternehmensträger die Möglichkeit, sich Ersatzland im gesamten Flurbereinigungsgebiet und nicht nur im unmittelbaren Einwirkungsbereich der Trasse zu beschaffen. Die Einbeziehung der Waldflächen von 250 ha erfolge aus Gründen der Vermeidung unternehmensbedingter landeskultureller Nachteile im Trassenbereich und einer durchgängigen eigentumsrechtlichen Neuordnung. Eine Heranziehung zum Landabzug sei im Wald nicht vorgesehen, da die Trassenflächen innerhalb des Waldes bereits vom Straßenbaulastträger aufgekauft worden seien und hier auch keine Verteilung des Landverlustes auf einen größeren Kreis von Waldeigentümern möglich sei.
Rz. 6
Mit Urteil vom 4. Juni 2008 hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz – Flurbereinigungsgericht – die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage gegen den Flurbereinigungsbeschluss abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss sei nicht unwirksam geworden, weil mit seiner Ausführung noch innerhalb der Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 7 FStrG a.F. bis zum 28. April 2005 begonnen worden sei. Der Grunderwerb gehöre zu den Maßnahmen, die den Beginn der Ausführung des Planes aufzeigten. Angesichts des Flächenbedarfs für das Unternehmen von insgesamt ca. 42 ha bedeute der Erwerb von 15 ha Fläche einen erheblichen Beitrag zur Ausführung des Planfeststellungsbeschlusses. Es könne dahinstehen, ob ausreichende Erwerbsversuche vor Anordnung der Unternehmensflurbereinigung stattgefunden hätten. Denn es sei nicht erforderlich, dass der Versuch des freihändigen Grunderwerbs schon vor Anordnung der Unternehmensflurbereinigung unternommen werde. Ziel des Verfahrens sei es, den Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen. Dies sei hier dadurch gerechtfertigt, dass einzelne Betriebe durch den Verlust von Eigentum und Pachtflächen schwer betroffen seien. Auf einen Nachweis der Existenzgefährdung dieser Betriebe komme es nicht an. Die Unternehmensflurbereinigung solle außerdem unternehmensbedingte Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermeiden. Dieses Ziel rechtfertige auch die Einbeziehung von Waldflächen im Umfang von ca. 250 ha.
Rz. 7
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Er macht geltend, der Planfeststellungsbeschluss sei zum Zeitpunkt der Anordnung der Unternehmensflurbereinigung nicht mehr wirksam gewesen. Der kurz vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist erfolgte Erwerb weniger Hektar Waldflächen habe nur der Fristwahrung gedient und stelle keinen ernsthaften Beitrag dar, das Projekt zu verwirklichen. Die betroffenen Gebietskörperschaften seien jederzeit bereit gewesen, Flächen für die Realisierung der Ortsumgehung abzugeben. Die Beigeladene zu 2 habe sich nicht bemüht, benötigte Flächen freihändig zu erwerben. Die Anordnung der Flurbereinigung sei unverhältnismäßig. Ausgleichsflächen für den Naturschutz hätten unter Rückgriff auf sein Grundstücksangebot geschaffen werden können. Außerdem sei ein Landwirt bereit gewesen, Grundstücke zu verkaufen. Zudem sei das Flurbereinigungsgebiet unzutreffend abgegrenzt worden.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 8
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Rz. 9
1. Das Oberverwaltungsgericht ist im Einklang mit Bundesrecht davon ausgegangen, dass der der Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens nach § 87 Abs. 1 FlurbG zugrunde liegende Planfeststellungsbeschluss nicht mit Ablauf der Frist des § 17 Abs. 7 Bundesfernstraßengesetz (i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. April 1994, BGBl I S. 854 – FStrG a.F.) außer Kraft getreten ist, weil mit dem notariell beurkundeten Kauf von Grundstücken die Durchführung des Plans begonnen worden ist und dies den Fristlauf rechtzeitig unterbrochen hat (a.). Zudem durfte das Flurbereinigungsverfahren ohne den Versuch eines freihändigen Erwerbs der benötigten Grundstücke eingeleitet werden (b.). Die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung ist zur Erreichung des Vorhabens erforderlich und verhältnismäßig gewesen (c.). Schließlich ist das Gebiet der Flurbereinigung sachgerecht abgegrenzt worden (d.).
Rz. 10
a. Nach § 17 Abs. 7 FStrG a.F. tritt der Planfeststellungsbeschluss außer Kraft, wenn nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit mit der Durchführung des Plans begonnen worden ist. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass danach auch der rechtzeitige Erwerb eines Teils der für das Vorhaben benötigten Grundstücke hier ein Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses hinderte.
Rz. 11
Das den Ablauf der Frist unterbrechende Merkmal des Beginns der Durchführung des Plans ist in Einklang mit dem Zweck der gesetzlichen Befristung fernstraßenrechtlicher Planfeststellungsbeschlüsse auszulegen, Vorratsplanungen ohne erkennbaren Realisierungsgrad zu unterbinden. Es soll verhindert werden, dass die betroffenen Eigentümer über einen unangemessen langen Zeitraum die Ungewissheiten über eine tatsächliche Inanspruchnahme ihrer Grundstücke und deren Belastung mit Anbauverboten, Veränderungssperren und Vorkaufsrechten (§§ 9, 9a FStrG) hinnehmen müssen. Außerdem werden mit zunehmendem zeitlichen Abstand vom Zeitpunkt der planerischen Entscheidung deren tatsächliche Grundlagen angreifbar, was insbesondere mit Blick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung fernstraßenrechtlicher Planfeststellungsbeschlüsse problematisch ist. Angesichts dessen ist eine Planung, die nicht mit ihrer Realisierung innerhalb der gesetzlichen Frist für das Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses rechnen kann, verfrüht und damit unzulässig (Urteil vom 24. November 1989 – BVerwG 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123 ≪127 ff.≫).
Rz. 12
Demgemäß kommen als Maßnahmen, die ein Außerkrafttreten fernstraßenrechtlicher Planfeststellungsbeschlüsse verhindern können, nur solche in Betracht, bei denen nach Art, Umfang und Zielrichtung deutlich erkennbar zum Ausdruck kommt, dass das Vorhaben in überschaubarem Zeitraum verwirklicht werden soll. Das schließt rein verwaltungsinterne Vorbereitungsmaßnahmen ebenso aus wie symbolische Akte, die nur dem Zweck dienen, den Ablauf der Frist zu hindern. Auch lassen nur Maßnahmen, die nicht mehr ohne weiteres rückgängig gemacht werden können und für die Verwirklichung des Plans von relevanter Bedeutung sind, den Schluss zu, dass das Vorhaben nunmehr ernsthaft ins Werk gesetzt werden soll. In diesem Sinne hat der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, dass als Beginn der Durchführung des Plans jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens gilt (§ 17c Nr. 4 Halbs. 1 FStrG).
Rz. 13
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist Folgendes zu beachten: Mit Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses entfällt die Befugnis zum hoheitlichen Entzug der Grundstücke im Plangebiet sowie deren Belastung mit Anbauverboten, Veränderungssperren und Vorkaufsrechten. Die Planbetroffenen können die damit wieder uneingeschränkt eröffnete, nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Verfügungsfreiheit nur dann sachgerecht ausüben, wenn Rechtssicherheit darüber besteht, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht wegen rechtzeitig begonnener Maßnahmen im oben genannten Sinne nach wie vor gilt. Zur effektiven Wahrnehmung des Grundrechts auf Eigentum muss gewährleistet sein, dass sich die Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet auf zumutbare Weise hierüber Klarheit verschaffen können. Dies verlangt keine einschränkende Auslegung dahin, dass nur solche Maßnahmen ein Außerkrafttreten fernstraßenrechtlicher Planfeststellungsbeschlüsse hindern können, die – wie etwa Bauarbeiten – in der Öffentlichkeit stattfinden oder den betroffenen Eigentümern von der zuständigen Behörde als solche zur Kenntnis gebracht werden. Es genügt, wenn den Planbetroffenen ein Anspruch auf Auskunft darüber zusteht, ob und ggf. weshalb die zuständige Behörde davon ausgeht, dass der Planfeststellungsbeschluss mit Ablauf der Frist nicht außer Kraft getreten ist. Außerdem müssen die Planbetroffenen Gelegenheit zur Einsichtnahme in die einschlägigen Verwaltungsvorgänge haben, um sachgerecht entscheiden zu können, ob das Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses verbindlich geklärt werden soll. Das ist hinreichend gesichert. Es ist nämlich anerkannt, dass ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf behördliche Auskunft und Akteneinsicht besteht, soweit der effektive Schutz der Grundrechte dies erfordert (vgl. Urteile vom 24. Februar 1993 – BVerwG 6 C 35.92 – BVerwGE 92, 132 ≪136 ff.≫ und vom 2. Juli 2003 – BVerwG 3 C 46.02 – BVerwGE 118, 270 ≪272≫ jeweils zu Art. 12 Abs. 1 GG). Diese Voraussetzung ist hier mit Blick auf eine sachgerechte Ausübung der eigentumsrechtlich geschützten Verfügungsfreiheit der durch einen fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung Belasteten gegeben.
Rz. 14
Ausgehend davon stellt auch der verbindliche Erwerb eines mehr als nur geringfügigen Teils der zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens benötigten Grundstücke eine Maßnahme zur Durchführung des Plans dar, die die Frist zum Außerkrafttreten des Planfeststellungsbeschlusses – hier nach § 17 Abs. 7 FStrG a.F. – unterbricht. Dass eine solche Maßnahme auf die plangemäße Realisierung des Vorhabens zielt, steht außer Frage. Die finanziellen Aufwendungen des umfangreichen Grunderwerbs lassen regelmäßig den Schluss zu, dass das Vorhaben ernsthaft in Angriff genommen werden soll. Auch kann anhand objektiver Umstände festgestellt werden, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt die Bedarfsflächen verbindlich erworben wurden.
Rz. 15
Im vorliegenden Fall hatte der Baulastträger nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf der nach § 17 Abs. 7 FStrG a.F. geltenden Frist von fünf Jahren rund ein Drittel der zur Realisierung des Straßenbauvorhabens benötigten Fläche erworben. Ein Grunderwerb in diesem Umfang ist von mehr als nur geringfügiger Bedeutung und bringt deutlich zum Ausdruck, dass das Straßenbauvorhaben nunmehr realisiert werden soll. Daran ändert nichts, wenn die Gemeinden, die die Grundstücke veräußert haben, ein eigenes Interesse an der Durchführung des Vorhabens besitzen, wie der Kläger meint.
Rz. 16
b. Das Oberverwaltungsgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 FlurbG nicht den ernsthaften Versuch freihändigen Erwerbs benötigter Grundstücke voraussetze, sondern dass die Grundstücke auch noch während des Flurbereinigungsverfahrens erworben werden könnten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werde auch gewahrt, wenn die Erwerbsverhandlungen erst nach Anordnung der Unternehmensflurbereinigung bis zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans bzw. bis zur vorläufigen Besitzeinweisung erfolgten. Diese Auffassung steht im Einklang mit Bundesrecht.
Rz. 17
Es gibt keine flurbereinigungsrechtliche Vorschrift, die ausdrücklich bestimmt, dass der Anordnung der Unternehmensflurbereinigung der vergebliche Versuch des freihändigen Erwerbs der für das Unternehmen benötigten Grundstücke vorausgegangen sein muss. Soweit das Enteignungsrecht Vorschriften enthält, wonach der Antrag auf Durchführung des Enteignungsverfahrens den ernsthaften Versuch des freihändigen Erwerbs der benötigten Grundstücke voraussetzt (vgl. § 4 Nr. 2 Landesenteignungsgesetz Rheinland-Pfalz), sind diese im Verfahren der Unternehmensflurbereinigung nicht anwendbar. Mit Einleitung der Unternehmensflurbereinigung tritt diese an die Stelle des Enteignungsverfahrens; maßgeblich für den Vollzug der Enteignung sind die speziellen Vorschriften der §§ 87 ff. FlurbG (vgl. Urteil vom 6. Juli 1989 – BVerwG 5 C 51.87 – BVerwGE 82, 205 ≪211≫). Dementsprechend verweist das Tatbestandsmerkmal der “Enteignungszulässigkeit” in § 87 Abs. 1 FlurbG nicht auf Regelungen zum Enteignungsvollzug, sondern macht die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 FlurbG davon abhängig, dass nach einem besonderen Gesetz eine Rechtsgrundlage für eine Enteignung vorhanden und die Enteignung nach dieser Vorschrift zulässig ist (Beschluss vom 19. Juni 1970 – BVerwG 4 B 196.69 – RdL 1970, 194; zur Modifizierung der Enteignungszulässigkeit durch § 87 Abs. 2 FlurbG Urteil vom 6. Juli 1989 a.a.O. S. 209 f.). Diese Voraussetzung liegt hier vor, weil der zu vollziehende fernstraßenrechtliche Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar ist und gemäß § 19 FStrG enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet (zur Rechtslage bei der städtebaulichen Unternehmensflurbereinigung vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987 – 1 BvR 1046/85 – BVerfGE 74, 264 ≪282≫; BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 – BVerwG 9 C 3.08 – BVerwGE 133, 118 ≪124 ff.≫).
Rz. 18
Auch Verfassungsrecht gebietet nicht, dass das Verhandlungsgebot bereits vor Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 FlurbG zur Umsetzung eines unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses zu beachten ist.
Rz. 19
Allerdings hat die Unternehmensflurbereinigung gegenüber den Eigentümern der für das Unternehmen unmittelbar benötigten Grundstücke wie gegenüber den übrigen Teilnehmern des Verfahrens Eingriffsqualität; diese müssen den Zugriff auf ihr Grundeigentum zur Verwirklichung eines nicht in ihrem Interesse liegenden Vorhabens dulden. Daran ändert nichts, dass die Unternehmensflurbereinigung im Vergleich zu der nur die Eigentümer im Bereich der Bedarfsfläche treffenden Enteignung das mildere Mittel ist, weil der vorhabenbedingt entstehende Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt wird.
Rz. 20
Als Eingriffsakt ist die Unternehmensflurbereinigung wie die Enteignung nach Enteignungsrecht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit an das in diesem Grundsatz wurzelnde Gebot gebunden, vor Durchführung der Maßnahme zu versuchen, das für die Verwirklichung des öffentlichen Vorhabens benötigte Land zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben (Urteile vom 26. April 1968 – BVerwG 4 C 156.65 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 88 S. 102 und vom 6. Juli 1989, a.a.O. S. 212). Das Verhandlungsgebot ist auch dann zu beachten, wenn die betroffenen Eigentümer eine gleichwertige Landabfindung ohne Flächenabzug erhalten, weil der Träger des Unternehmens Grundstücke in entsprechendem Umfang in das Verfahren einbringt (a. A. Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Auf. 2008, § 87 Rn. 5). Denn dieser Umstand ändert nichts an der enteignungsrechtlichen Qualität der Unternehmensflurbereinigung (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987 a.a.O. S. 280).
Rz. 21
Für die Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 2 FlurbG ist allerdings geklärt, dass der Versuch des freihändigen Erwerbs der benötigten Fläche bis zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans oder bis zu einer vorläufigen Besitzeinweisung unternommen werden kann. Danach kann die Unternehmensflurbereinigung aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und der effizienten schrittweisen Abstimmung von Flurbereinigung und Fachplanung bereits nach Einleitung des Planfeststellungsverfahrens angeordnet werden, so dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, welche konkreten Grundstücke für das Unternehmen in Anspruch genommen werden können (Urteil vom 6. Juli 1989 a.a.O. S. 209, 212 f.). In dieser Konstellation kann der Versuch freihändigen Erwerbs also der Anordnung der Unternehmensflurbereinigung nur nachfolgen. Im Unterschied dazu gibt es freilich auch den – vorliegend gegebenen – Fall, dass die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung erst nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses erfolgt, die Bedarfsfläche mithin bereits exakt feststeht. Auch in diesem Fall gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedoch nicht, dass die Bemühungen um einen freihändigen Erwerb der Bedarfsfläche zu angemessenen Bedingungen vor Einleitung der Unternehmensflurbereinigung unternommen werden. Denn es ist nicht erkennbar, dass ein solches Vorgehen die Teilnehmer der Unternehmensflurbereinigung typischerweise weniger belastet als die dem Unternehmensträger eröffnete Möglichkeit, die Erwerbsbemühungen bis zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans bzw. bis zum Ergehen einer vorläufigen Besitzeinweisung fortführen zu können.
Rz. 22
Das Oberverwaltungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung die Entscheidungsgrundlage für den Erwerb der zur Durchführung des Unternehmens erforderlichen Grundstücke ändert. Bei Verhandlungen über einen Grundstückserwerb vor Einleitung der Unternehmensflurbereinigung müssen die von dem festgestellten Plan betroffenen Eigentümer mit der Enteignung der Bedarfsgrundstücke gegen Entschädigung rechnen, wenn sie diese nicht zu angemessenen Bedingungen an den Unternehmensträger veräußern. Mit Anordnung der Unternehmensflurbereinigung entfällt der Druck einer drohenden Enteignung gegen Entschädigung. Den betroffenen Eigentümern ist dann neben der Möglichkeit eines freihändigen Verkaufs der Bedarfsfläche an den Unternehmensträger die Option eröffnet, in der Unternehmensflurbereinigung die Zuteilung gleichwertigen Neulands zu erlangen. Diese infolge der Anordnung der Unternehmensflurbereinigung veränderte Verhandlungssituation ist für diejenigen Eigentümer von Vorteil, die ein Interesse daran haben, im Umfeld des Unternehmens weiterhin über Grundeigentum zu verfügen. Das gilt insbesondere dann, wenn eine Veräußerung von Grundstücken an den Unternehmensträger ohne Zuteilung von Ersatzland die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe gefährdet. Für andere Eigentümer ist die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung kein Nachteil, weil es ihnen unbenommen bleibt, ihr Grundeigentum zu veräußern. Entscheidend ist, dass der Zugriff auf das Eigentum erst erfolgen darf, wenn der freihändige Erwerb nach ernsthaftem Versuch gescheitert ist, weil erst dann feststeht, dass es keinen geringeren Eingriff als den Entzug des konkreten Grundstücks gibt.
Rz. 23
Es ist auch nicht geboten, im Interesse der Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Vorhabenbereichs durch umfassende Erwerbsbemühungen vorab zu klären, ob die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung notwendig ist. Kann der Unternehmensträger nach Anordnung der Unternehmensflurbereinigung zur Verwirklichung des Unternehmens benötigte Flächen in einem Umfang erwerben, dass ein “Landverlust” nicht oder nicht “in großem Umfang” entsteht und die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 FlurbG daher entfallen, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 87 Abs. 3 FlurbG entweder einzustellen oder als Regelverfahren (§§ 1 und 37 FlurbG) bzw. als vereinfachtes Verfahren (§ 86 FlurbG) weiterzuführen, wenn die obere Flurbereinigungsbehörde dies für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält (im Anschluss an Beschluss vom 19. Mai 1989 – BVerwG 5 B 15.89 – Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 13 S. 20 f.). Somit ist verfahrensrechtlich gewährleistet, dass Grundeigentum außerhalb des Vorhabenbereichs nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn es an den gesetzlichen Voraussetzungen für einen solidarischen Lastenausgleich fehlt. Die Eigentümer werden auf diese Weise auch nicht mit unnötigen Kosten belastet, weil die durch das Unternehmen verursachten Verfahrens- und Ausführungskosten ohnehin dem Unternehmensträger auferlegt werden (§ 88 Nr. 8 und 9 FlurbG).
Rz. 24
Verlangt das Verhältnismäßigkeitsgebot danach nicht, dass Verhandlungen über einen Erwerb der benötigten Grundstücke vor Anordnung der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 FlurbG durchzuführen sind, sprechen die Gesichtspunkte der Verfahrensbeschleunigung und -praktikabilität dafür, Erwerbsversuche bis zum Zeitpunkt des enteignenden Zugriffs zu ermöglichen. Besteht nach der konkreten Situation hinreichende Aussicht, dass die Bedarfsfläche insgesamt oder zu einem großen Teil freihändig erworben werden kann, wird der Unternehmensträger dahingehende Erwerbsverhandlungen bereits vor Einleitung eines Verfahrens der Unternehmensflurbereinigung führen. Ist eine solche Möglichkeit zum umfassenden Erwerb der Bedarfsfläche – wie häufig – nicht absehbar, etwa weil einzelne landwirtschaftliche Betriebe erheblich betroffen sind, wie das Oberverwaltungsgericht hier festgestellt hat, würde ein Gebot, vor Anordnung der Flurbereinigung mit allen Eigentümern von Bedarfsgrundstücken Erwerbsverhandlungen zu angemessenen Bedingungen zu führen, das weitere Verfahren lediglich verzögern. Das Oberverwaltungsgericht sieht zu Recht als weiteren Vorteil an, dass der Unternehmensträger nach Anordnung der Unternehmensflurbereinigung die Möglichkeit hat, auch nicht unmittelbar zur Verwirklichung des Unternehmens benötigte Grundstücke im Flurbereinigungsgebiet zu erwerben, um den Substanzverlust durch Landabzug nach § 88 Nr. 4 FlurbG zu minimieren oder ganz zu vermeiden.
Rz. 25
c. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 FlurbG vorliegen und die Anordnung der Unternehmensflurbereinigung keine Ermessensfehler aufweist.
Rz. 26
Das Tatbestandsmerkmal der “Enteignungszulässigkeit” ist bereits deshalb erfüllt, weil ein unanfechtbarer Planfeststellungsbeschluss vollzogen werden soll, der enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet (§ 19 FStrG). Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Bei dem vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Landbedarf zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens in einem Umfang von 42 ha kann ohne weiteres angenommen werden, dass ländliche Grundstücke in großem Umfang in Anspruch genommen werden. Diese Voraussetzung ist in der Regel bereits bei einem Landbedarf ab 5 ha gegeben (Urteil vom 6. Juli 1989 – BVerwG 5 C 51.87 – BVerwGE 82, 205 ≪209≫).
Rz. 27
Die Ermessensentscheidung über die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung nach § 87 Abs. 1 FlurbG ist am Verhältnismäßigkeitsgebot zu messen. Der Zugriff auf Grundstücke außerhalb des Vorhabenbereichs muss mit Blick auf das konkrete Interesse an einer solidarischen Verteilung der durch die Verwirklichung des Vorhabens entstehenden Lasten oder an der Vermeidung von Nachteilen für die allgemeine Landeskultur erforderlich und zumutbar sein. Nicht zu prüfen ist die Verhältnismäßigkeit des Unternehmens selbst, soweit die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses reicht (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1982 – BVerwG 5 C 9.82 – BVerwGE 66, 224 ≪232≫). Für die Eigentümer der für das Unternehmen benötigten Grundstücke stellt die Unternehmensflurbereinigung ohnehin das mildere Mittel gegenüber der Enteignung dar (Urteil vom 6. Juli 1989 a.a.O. S. 211).
Rz. 28
Diese Anforderungen hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind drei landwirtschaftliche Betriebe, deren Eigentums- und Pachtflächen im Vorhabenbereich belegen sind, schwer betroffen; eine projektbezogene Untersuchung habe diesen Befund bestätigt. Bei dieser Sachlage ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht eine solidarische Lastenteilung ohne Nachweis der Existenzgefährdung eines Betriebes für angemessen hält, um die Folgen des Landverlustes für die besonders betroffenen Betriebe erträglicher zu gestalten (vgl. Urteil vom 14. März 1985 – BVerwG 5 C 130.83 – BVerwGE 71, 108 ≪118≫). Das Oberverwaltungsgericht geht auch zu Recht davon aus, dass es für das konkrete Interesse an einer nachteilsausgleichenden Umverteilung der Folgen des Landverlustes unerheblich ist, ob der Träger des Unternehmens im Laufe des Verfahrens genügend Einwurfsflächen aufbringen kann, um zu vermeiden, dass den Teilnehmern der Unternehmensflurbereinigung ein Landabzug entsteht (vgl. Urteil vom 14. März 1985 a.a.O.). Entscheidend ist, dass ein Lastenausgleich nicht deshalb entbehrlich ist, weil auch ohne Durchführung einer Unternehmensflurbereinigung genügend Ersatzland bereit steht, um die besondere Betroffenheit einzelner landwirtschaftlicher Betriebe abzuwenden. Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte. Der Kläger kann auch nicht geltend machen, der Unternehmensträger müsse zur Vermeidung der Unternehmensflurbereinigung die im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Ausgleichsflächen in erheblichem Umfang durch von ihm zu diesem Zweck angebotene sowie anderweitig hierfür zur Verfügung stehende Flächen ersetzen. Wie ausgeführt, ist die Erforderlichkeit des Landbedarfs, wie er im Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung festgestellt ist, im Verfahren der Unternehmensflurbereinigung nicht mehr zu prüfen.
Rz. 29
Mit der Unternehmensflurbereinigung können auch unternehmensbedingte Nachteile für die allgemeine Landeskultur vermieden werden. Wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, wird durch die Trasse die Gemarkung Rengsdorf durchschnitten mit der Folge, dass Wege unterbrochen und Grundstücke in Größe und Form nachteilig verändert werden. Der Beklagte hat hierzu unwidersprochen auf 53 angeschnittene Wegeverbindungen und etwa 70 nicht mehr ordnungsgemäß zu bewirtschaftende landwirtschaftliche Parzellen hingewiesen.
Rz. 30
Bundesrechtlich beanstandungsfrei hat das Oberverwaltungsgericht den Flurbereinigungsbeschluss auch insoweit für rechtmäßig gehalten, als mit der Unternehmensflurbereinigung allgemeine Aufgaben der Regelflurbereinigung erfüllt werden sollen, die lediglich vom Handlungsrahmen des § 37 FlurbG gedeckt sind. Die Unternehmensflurbereinigung kann den einzelnen Teilnehmern auch dadurch zugute kommen, dass bei Gelegenheit der Durchführung des Verfahrens die Besitzverhältnisse im Verfahrensgebiet wie in einem Regelflurbereinigungsverfahren auch dort neu geordnet werden, wo dies aus Gründen der Bewältigung der Unternehmensfolgen allein nicht geboten wäre (Beschlüsse vom 20. Februar 1956 – BVerwG 1 B 97.55 – BVerwGE 3, 156 ≪157≫ und vom 30. Juli 1980 – BVerwG 5 B 25.79 – Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 4 S. 4). Solange die in § 87 Abs. 1 FlurbG genannten Zwecke der Unternehmensflurbereinigung im Vordergrund stehen, kann die an den Neugestaltungsgrundsätzen des § 37 FlurbG orientierte Neustrukturierung der landwirtschaftlichen Nutzfläche im gesamten Flurbereinigungsgebiet erfolgen. Dies setzt zudem § 88 Nr. 8, 9 FlurbG voraus.
Rz. 31
d. Dem Einwand des Klägers, das Flurbereinigungsgebiet sei nicht sachgerecht abgegrenzt und zu groß gewählt worden, ist das Oberverwaltungsgericht mit Verweis auf die Abgrenzungsregel des § 7 Abs. 1 FlurbG zu Recht entgegengetreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Gebietsabgrenzung so vorzunehmen, dass sich die Verteilung des Landverlustes und die Vermeidung von Nachteilen möglichst vollkommen erreichen lassen (Urteile vom 6. Juli 1989 – BVerwG 5 C 51.87 – BVerwGE 82, 205 ≪207 f.≫ und vom 28. Oktober 1982 a.a.O. S. 230 f.). Ein bestimmtes Verhältnis von Flächenbedarf zu Flurbereinigungsgebiet legt das Flurbereinigungsgesetz nicht fest (Urteil vom 5. Mai 1983 – BVerwG 5 C 2.81 – Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 7 S. 15). Jedoch lässt sich der Landverlust mit den damit verbundenen Nachteilen in einem großen Flurbereinigungsgebiet besser verteilen (Urteile vom 5. Mai 1983 a.a.O. und vom 6. Juli 1989 a.a.O. S. 207). Bei ca. 30 ha benötigter landwirtschaftlicher Fläche und einem mit der Landwirtschaftskammer vereinbarten Landabzug von 5 % ergibt sich eine Mindestverfahrensfläche von 600 ha. Die Bewertung des Oberverwaltungsgerichts, eine Verfahrensfläche von 700 ha sei mit Blick auf das Verfahrensziel nicht überhöht, ist nicht zu beanstanden.
Rz. 32
Die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, die Auswahl der hinzugezogenen Gemarkungen sei mit Rücksicht auf die Belastung aus anderen Abschnitten des Unternehmens zulässig, entspricht dem Grundsatz gerechter Lastenverteilung und steht daher im Einklang mit Bundesrecht. Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, vorzugswürdig sei die Einbeziehung westlich und östlich an die Umgehungsstraße angrenzender Gemarkungen, weil betroffene Landwirte mit Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet nicht wirtschaftlich entschädigt werden könnten, kann er damit nicht gehört werden. Denn dies hat der Kläger erstmals im Revisionsverfahren vorgebracht. Neu vorgebrachte Tatsachen sind in diesem Verfahren jedoch grundsätzlich unbeachtlich (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
Rz. 33
Die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, die Einbeziehung von Waldflächen in einem Umfang von rund 250 ha sei aus Gründen der Vermeidung unternehmensbedingter landeskultureller Nachteile im Trassenbereich und einer durchgängigen eigentumsrechtlichen Neuordnung gerechtfertigt, wird durch das Revisionsvorbringen nicht schlüssig in Frage gestellt. Allein der Umfang des Flurbereinigungsgebiets oder dessen Relation zur Bedarfsfläche begründet keine Verletzung von Bundesrecht. Dass das Ziel der Vermeidung unternehmensbedingter landeskultureller Nachteile die Einbeziehung von Waldflächen nicht oder nicht in dieser Größenordnung erfordert oder nicht im Vordergrund der Maßnahme steht, ist nicht erkennbar.
Rz. 34
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Storost, Dr. Nolte, Buchberger, Dr. Christ, Prof. Dr. Korbmacher
Fundstellen
Haufe-Index 2311732 |
BVerwGE 2010, 111 |
JZ 2010, 280 |
NuR 2010, 411 |
DVBl. 2010, 651 |
UPR 2010, 231 |