Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschleunigtes Verfahren
Beteiligte
Tenor
Der Antrag des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Deutschland), die Rechtssache C-486/14 dem in Art. 23a der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehenen beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, wird zurückgewiesen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. Oktober 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 4. November 2014, in dem Strafverfahren gegen
Piotr Kossowski
erlässt
DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS
auf Vorschlag der Berichterstatterin A. Prechal,
nach Anhörung des Generalanwalts Y. Bot
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 54 und 55 des am 19. Juni 1990 in Schengen (Luxemburg) unterzeichneten und am 26. März 1995 in Kraft getretenen Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000, L 239, S. 19) (im Folgenden: SDÜ) sowie der Art. 50 und 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Es ergeht in einem in Deutschland gegen Herrn Kossowski eingeleiteten Strafverfahren, in dem diesem vorgeworfen wird, am 2. Oktober 2005 Handlungen vorgenommen zu haben, die als schwere räuberische Erpressung zu bewerten sind.
Rz. 3
Dem vorlegenden Gericht liegt die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hamburg (Deutschland) gegen einen Beschluss des Landgerichts Hamburg vor, mit dem die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Herrn Kossowski mit der Begründung abgelehnt wurde, dass der Eröffnung dieses Verfahrens wegen eines in Polen im Jahr 2006 durchgeführten Strafverfahrens aufgrund des Verbots der Doppelbestrafung nach Art. 54 SDÜ ein Verfahrenshindernis entgegenstehe.
Rz. 4
Nachdem das Landgericht Hamburg den Haftbefehl gegen Herrn Kossowski aufgehoben hatte, wurde dieser aus der Untersuchungshaft entlassen.
Rz. 5
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg fragt sich im Rahmen des bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens, ob der von der Bundesrepublik Deutschland erklärte Vorbehalt nach Art. 55 Abs. 1 Buchst. a SDÜ, wonach sie nicht an Art. 54 SDÜ gebunden ist, „wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, ganz oder teilweise in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurde”, angesichts der Eingliederung des SDÜ in das Unionsrecht durch das Protokoll zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft durch den Vertrag von Amsterdam beigefügt wurde (ABl. 1997, C 340, S. 93), und des Art. 50 der Charta weiterhin gilt.
Rz. 6
Für den Fall, dass dies nicht so sein sollte, fragt das vorlegende Gericht außerdem, ob das Verbot der Doppelbestrafung bzw. Doppelverfolgung unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens der Strafverfolgung eines Angeschuldigten wie Herrn Kossowski entgegensteht.
Rz. 7
Unter diesen Umständen hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Rz. 8
Mit am 4. November 2014 eingereichtem gesondertem Schriftsatz hat das vorlegende Gericht beim Gerichtshof beantragt, das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen.
Rz. 9
Dieses Gericht stützt seinen Antrag darauf, dass das Vorabentscheidungsersuchen ein Strafverfahren betreffe, bei dem die dem Angeschuldigten vorgeworfene Tat im Jahr 2005 begangen worden sei. Folglich müsse zum einen einer zunehmenden Verschlechterung der Beweislage entgegengewirkt und zum anderen Rechtssicherheit für den Angeschuldigten hergestellt und dessen Recht auf eine Verfahrensdurchführung in angemessener Zeit gewahrt werden.
Rz. 10
Gemäß Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann der Präsident des Gerichtshofs auf Antrag des vorlegenden Gerichts oder ausnahmsweise von Amts wegen, nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts, entscheiden, eine Vorlage zur Vorabentscheidung einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen der Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert.
Rz. 11
Die vom vorlegenden Gericht geltend gemachten Umstände sind jedoch nicht geeignet, die Dringlichkeit einer raschen Erledigung unter Anwendung von Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung darzutun.
Rz. 12
Zum einen führt das vorlegende Gericht nämlich in allgemeiner Form die zunehmende Verschlechterung der Beweislage an, ohne auszuführen, inwiefern eine sehr rasche Entsc...