Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Telefonische Kommunikation. Von einem Unternehmer zu dem Zweck eingerichtete Telefonleitung, dem Verbraucher im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag die Kontaktaufnahme mit ihm zu ermöglichen. Verbot der Anwendung eines den Grundtarif übersteigenden Tarifs. Begriff ‚Grundtarif’
Normenkette
Richtlinie 2011/83/EU Art. 21
Beteiligte
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main |
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V |
Tenor
Der Begriff „Grundtarif” in Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass die Kosten eines auf einen geschlossenen Vertrag bezogenen Anrufs unter einer von einem Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen. Soweit diese Grenze beachtet wird, ist es unerheblich, ob der betreffende Unternehmer mit dieser Service-Rufnummer Gewinne erzielt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Stuttgart (Deutschland) mit Entscheidung vom 15. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2015, in dem Verfahren
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V.
gegen
comtech GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V., vertreten durch Rechtsanwälte M. Ross und M. Hammer,
- der estnischen Regierung, vertreten durch K. Kraavi-Käerdi als Bevollmächtigte,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriauciunas und K. Mickute als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch J. Langer und M. Bulterman als Bevollmächtigte,
- der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Roussanov und S. Grünheid als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. November 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V. und der comtech GmbH, einer deutschen Gesellschaft, deren Tätigkeit im Vertrieb von Elektro- und Elektronikartikeln besteht, wegen des Tarifs für Telefonanrufe, den diese Gesellschaft im Rahmen ihres Kundendienstes anwendet.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 2011/83 bestimmt deren Gegenstand wie folgt:
„Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen.”
Rz. 4
Art. 6 „Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen”) Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 bestimmt:
„Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:
…
f) die Kosten für den Einsatz der für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationstechnik, sofern diese nicht nach dem Grundtarif berechnet werden;
…”
Rz. 5
Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2011/83 lautet:
„Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen.”
Rz. 6
Art. 19 der Richtlinie 2011/83 sieht vor:
„Die Mitg...