Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer. Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. In Frankreich wohnende und dort eine Tätigkeit ausübende Selbständige. Allgemeiner Sozialbeitrag. Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld. Berücksichtigung von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten und in diesem aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens steuerbaren Einkünften
Beteiligte
Union pour le recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales de Paris – Région parisienne (Urssaf de Paris – Région parisienne) |
Tenor
Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 307/1999 des Rates vom 8. Februar 1999 geänderten und aktualisierten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat, dessen Sozialrecht das auf einen gebietsansässigen Selbständigen allein anwendbare Sozialrecht ist, von der Bemessungsgrundlage von Beiträgen wie dem Allgemeinen Sozialbeitrag und dem Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld die von diesem Selbständigen in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünfte insbesondere aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Einkommensteuer ausschließt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal des affaires de sécurité sociale de Paris (Frankreich) mit Entscheidung vom 30. Januar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Februar 2006, in dem Verfahren
Philippe Derouin
gegen
Union pour le recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales de Paris – Région parisienne (Urssaf de Paris – Région parisienne)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter U. Lõhmus, J. N. Cunha Rodrigues und J. Klučka (Berichterstatter) sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Derouin, vertreten durch P. Langlois und E. Piwnica, avocats,
- der Union pour le recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales de Paris – Région parisienne (Urssaf de Paris – Région parisienne), vertreten durch J.-J. Gatineau, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und O. Christmann als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von S. Moore, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Rozet und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Oktober 2007
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 307/1999 des Rates vom 8. Februar 1999 (ABl. L 38, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Derouin und der Union pour le recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales de Paris – Région parisienne (Urssaf de Paris – Région parisienne) (im Folgenden: Urssaf) über die Bemessungsgrundlage des Allgemeinen Sozialbeitrags („contribution sociale généralisée”) und des Beitrags zur Begleichung der Sozialschuld („contribution pour le remboursement de la dette sociale”) (im Folgenden: CSG bzw. CRDS), die von Herrn Derouin geschuldet werden.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 gilt diese „für Arbeitnehmer und Selbständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen, sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene”.
Rz. 4
Art. 13 dieser Verordnung sieht vor:
„(1) Vorbehaltlich der Artikel 14c und 14f unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
(2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:
…
b) eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staats, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt;
…”
Rz. 5
Art. 14a derselben Ve...