Entscheidungsstichwort (Thema)

Mutter-Tochter-Richtlinie, Begriff der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne, Nichtabzugsfähigkeit der mit der Beteiligung an der Tochtergesellschaft zusammenhängenden Ausgaben

 

Leitsatz (amtlich)

Der Begriff der „von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die in diese Gewinne Steuergutschriften einbezieht, die gewährt wurden, um einen Steuerabzug an der Quelle auszugleichen, den der Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft vorgenommen hat.

 

Normenkette

EWGRL 435/90 Art. 4 Abs. 2 S. 2

 

Beteiligte

Banque Fédérative du Crédit Mutuel

Banque Fédérative du Crédit Mutuel

Ministre de l Économie, des Finances et de l Industrie Frankreich

 

Verfahrensgang

Conseil d' Etat (Frankreich) (Urteil vom 17.01.2007; Abl.EU 2007, Nr. C 82/16)

 

Tatbestand

„Körperschaftsteuer ‐ Richtlinie 90/435/EWG ‐ Zu versteuernder Gewinn der Muttergesellschaft ‐ Nichtabzugsfähigkeit der mit der Beteiligung an der Tochtergesellschaft zusammenhängenden Ausgaben und Aufwendungen ‐ Pauschale Festsetzung des Betrags der Ausgaben ‐ Obergrenze von 5 % der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne ‐ Einbeziehung von Steuergutschriften“

In der Rechtssache C-27/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Conseil d’État (Frankreich) mit Entscheidung vom 17. Januar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Januar 2007, in dem Verfahren

Banque Fédérative du Crédit Mutuel

gegen

Ministre de l’Économie, des Finances et de l’Industrie

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts (Berichterstatter), des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und J. Malenovský,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Banque Fédérative du Crédit Mutuel, vertreten durch Y. Mercier und A. Gerardin, avocats,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Gracia als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und J.-P. Keppenne als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. Januar 2008

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 4 Abs. 2 und 7 Abs. 2 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6, im Folgenden: Richtlinie).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Banque Fédérative du Crédit Mutuel (im Folgenden: BFCM) und dem Ministre de l’Économie, des Finances et de l’Industrie (Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie).

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3

Art. 4 der Richtlinie sieht vor:

„(1) Bezieht eine Muttergesellschaft als Teilhaberin ihrer Tochtergesellschaft Gewinne, die nicht anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, so

‐ besteuert der Staat der Muttergesellschaft diese Gewinne entweder nicht oder

‐ lässt er im Fall einer Besteuerung zu, dass die Gesellschaft auf die Steuer den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft für die von ihr ausgeschütteten Gewinne entrichtet, und gegebenenfalls die Quellensteuer, die der Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft nach den Ausnahmebestimmungen des Artikels 5 erhebt, bis zur Höhe der entsprechenden innerstaatlichen Steuer anrechnen kann.

(2) Jeder Mitgliedstaat kann bestimmen, dass Kosten der Beteiligung an der Tochtergesellschaft und Minderwerte, die sich aufgrund der Ausschüttung ihrer Gewinne ergeben, nicht vom steuerpflichtigen Gewinn der Muttergesellschaft abgesetzt werden können. Wenn in diesem Fall die mit der Beteiligung zusammenhängenden Verwaltungskosten pauschal festgesetzt werden, darf der Pauschalbetrag 5 % der von der Tochtergesellschaft ausgeschütteten Gewinne nicht übersteigen.

…“

4

Art. 5 der Richtlinie lautet:

„(1) Die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne sind, zumindest wenn diese einen Anteil am Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaft von wenigstens 25 % besitzt, vom Steuerabzug an der Quelle befreit.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die Republik Griechenland, solange sie auf ausgeschüttete Gewinne keine Körperschaftsteuer erhebt, auf Gewinnausschüttungen an Muttergesellschaften anderer Mitgliedstaaten einen Steuerabzug an der Quelle vornehmen …

(3) Abweichend von Absatz 1 kann die Bundesrepublik Deutschland, solange sie au...

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