Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung. Richtlinie 2000/43/EG. Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft verstoßen, dass sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.
2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
In der Rechtssache C-335/04
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 30. Juli 2004,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Martin und H. Kreppel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter P. Kuris und J. Klucka (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen, oder jedenfalls diese Bestimmungen nicht der Kommission mitgeteilt hat.
2 Nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um der Richtlinie bis zum 19. Juli 2003 nachzukommen, und die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen.
3 Da die Kommission nicht von den zur Umsetzung der Richtlinie in österreichisches Recht erlassenen Bestimmungen in Kenntnis gesetzt wurde, leitete sie das Vertragsverletzungsverfahren des Artikels 226 EG ein. Nachdem sie die Republik Österreich zur Äußerung gemahnt hatte, gab die Kommission am 5. Februar 2004 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie diesen Mitgliedstaat aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Stellungnahme binnen zwei Monaten nach ihrer Notifizierung nachzukommen.
4 In Beantwortung dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme teilten die österreichischen Behörden der Kommission mit Schreiben vom 26. März 2004 mit, dass Umsetzungsgesetze voraussichtlich noch vor dem Sommer verabschiedet und noch im zweiten Quartal 2004 in Kraft treten würden.
5 Da die Kommission keine weitere Nachricht von den österreichischen Behörden erhielt, die den Schluss darauf zugelassen hätte, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie getroffen worden wären, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Zur Klage
6 Die österreichische Regierung stellt zwar die der Republik Österreich zur Last gelegte Vertragsverletzung nicht in Abrede, macht jedoch im Wesentlichen geltend, dass die Zuständigkeiten in dem von der Richtlinie geregelten Bereich zwischen den Ländern und dem Bund verteilt seien, wobei Letzterer nach innerstaatlichem Recht nicht befugt sei, die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen an Stelle der Länder zu treffen.
7 Was den Bund angehe, so sei die Richtlinie zum einen durch das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung und die Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Arbeitsleben (BGBl. I, 66/2004), der Kommission notifiziert am 28. Juli bzw. am 1. September 2004, und zum anderen durch die Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung (BGBl. I, 65/2004), der Kommission ebenfalls am 1. September 2004 notifiziert, umgesetzt worden.
8 Die österreichische Regierung gibt des Weiteren in der Klagebeantwortung detailliert den Stand der Umsetzung der Richtlinie in den einzelnen Ländern wieder. Sie legt dar, angesichts des bemerkenswerten Fortschritts dieses Umsetzungsprozesses sei die Klage teilweise abzuweisen, gegebenenfalls nach formaler Notifizierung der innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen an die Kommission.
9 Hierzu ist daran zu erinnern, dass sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung einschließlich solcher, die sich aus seinem bundesstaatlichen Aufbau ergeben, berufen kann, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen (vgl. u. a. Urteile vom 11. Oktober 2001 in d...