Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Diskriminierungsverbot. Teilzeitarbeitnehmer. Altersrente. Berechnung der Rente. Berücksichtigung der vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 97/81/EG geleisteten Dienstjahre. Unmittelbare Anwendung auf die künftigen Auswirkungen eines Sachverhalts, der unter der Geltung des alten Rechts entstanden ist
Normenkette
EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit § 4; Richtlinie 97/81/EG
Beteiligte
Tenor
Die Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit ist in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 geänderten Fassung dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die vor Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 97/81 in der durch die Richtlinie 98/23 geänderten Fassung zurückgelegten Dienstzeiten bei der Ermittlung der Ansprüche auf Altersrente zu berücksichtigen sind.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) mit Entscheidung vom 12. Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 2017, in dem Verfahren
Dermod Patrick O'Brien
gegen
Ministry of Justice, vormals Department for Constitutional Affairs,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. G. Fernlund und S. Rodin,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn O'Brien, vertreten durch C. Jones, Solicitor, und T. Burton, Barrister, sowie durch R. Crasnow, QC, und R. Allen, QC,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Brandon und C. Crane als Bevollmächtigte im Beistand von J. Cavanagh, QC, und R. Hill, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und N. Yerrell als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 geänderten Fassung (ABl. 1998, L 131, S. 10) (im Folgenden: Richtlinie 97/81).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Dermod Patrick O'Brien und dem Ministry of Justice (Ministerium der Justiz, Vereinigtes Königreich), vormals Department for Constitutional Affairs (Ministerium für Verfassungsfragen), über die Höhe der Altersrente, die ihm wegen seiner Tätigkeit als Teilzeitrichter zusteht.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Gemäß der Richtlinie 98/23 zur Ausdehnung der Richtlinie 97/81 auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland lief die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 97/81 für diesen Mitgliedstaat am 7. April 2000 ab.
Rz. 4
Nach Art. 1 der Richtlinie 97/81 soll mit ihr die am 6. Juni 1997 zwischen den europäischen Sozialpartnern (UNICE, CEEP und EGB) geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) durchgeführt werden.
Rz. 5
Paragraf 4 „Grundsatz der Nichtdiskriminierung”) der Rahmenvereinbarung sieht vor:
- „Teilzeitbeschäftigte dürfen in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus objektiven Gründen gerechtfertigt.
- Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz.
- Die Anwendungsmodalitäten dieser Vorschrift werden von den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern unter Berücksichtigung der Rechtsvorschriften der [Union] und der einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten festgelegt.
…”
Recht des Vereinigten Königreichs
Rz. 6
Die Zahlung der Richterpensionen ist im Judicial Pensions Act 1981 (Gesetz von 1981 über die Altersrenten der Angehörigen der Richterschaft, im Folgenden: Gesetz von 1981) und im Judicial Pensions and Retirement Act 1993 (Gesetz von 1993 über die Altersrenten und den Ruhestand der Angehörigen der Richterschaft, im Folgenden: Gesetz von 1993) geregelt.
Rz. 7
Das Gesetz von 1981 gilt für Personen, die vor dem 31. März 1995 ernannt wurden, sofern sie sich nicht dafür entscheiden, ihre Altersrente nach dem Gesetz von 1993 zu beziehen. Das Gesetz von 1993 gilt für Personen, die am oder nach dem 31. März 1995 ernannt wurden.
Rz. 8
Aufg...