Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2001/23/EG -Unternehmensübergang. Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer. Nationale Rechtsvorschriften, die die Nichtanwendung auf den Übergang von Unternehmen in einer ‚Krisensituation’. vorsehen
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen verstoßen, dass sie Art. 47 Abs. 5 und 6 des Gesetzes Nr. 428 vom 29. Dezember 1990 für den Fall einer „Krise des Unternehmens” im Sinne von Art. 2 Abs. 5 Buchst. c des Gesetzes Nr. 675 vom 12. August 1977 in der Weise beibehalten hat, dass die den Arbeitnehmern in Art. 3 Abs. 1, 3 und 4 sowie Art. 4 dieser Richtlinie zuerkannten Ansprüche beim Übergang eines Unternehmens, für das das Bestehen einer Krise festgestellt wurde, nicht gewährleistet sind.
2. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 18. Dezember 2007,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und L. Pignataro als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch R. Adam als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter J.-C. Bonichot, J. Makarczyk und L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2009,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82, S. 16) verstoßen hat, dass sie Art. 47 Abs. 5 und 6 des Gesetzes Nr. 428 vom 29. Dezember 1990 (Supplemento ordinario alla GURI Nr. 10 vom 12. Januar 1991, im Folgenden: Gesetz Nr. 428/1990) für den Fall einer „Krise des Unternehmens” im Sinne von Art. 2 Abs. 5 Buchst. c des Gesetzes Nr. 675 vom 12. August 1977 (GURI Nr. 243 vom 7. September 1977, im Folgenden: Gesetz Nr. 675/1977) in der Weise beibehalten hat, dass die den Arbeitnehmern in den Art. 3 und 4 der Richtlinie zuerkannten Ansprüche beim Übergang eines Unternehmens, für das das Bestehen einer Krise festgestellt wurde, nicht gewährleistet sind.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 2
Art. 3 der Richtlinie 2001/23 bestimmt:
„(1) Die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus einem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis gehen aufgrund des Übergangs auf den Erwerber über.
Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Veräußerer und der Erwerber nach dem Zeitpunkt des Übergangs gesamtschuldnerisch für die Verpflichtungen haften, die vor dem Zeitpunkt des Übergangs durch einen Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis entstanden sind, der bzw. das zum Zeitpunkt des Übergangs bestand.
(2) Die Mitgliedstaaten können geeignete Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass der Veräußerer den Erwerber über alle Rechte und Pflichten unterrichtet, die nach diesem Artikel auf den Erwerber übergehen, soweit diese dem Veräußerer zum Zeitpunkt des Übergangs bekannt waren oder bekannt sein mussten. …
(3) Nach dem Übergang erhält der Erwerber die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen bis zur Kündigung oder zum Ablauf des Kollektivvertrags bzw. bis zum Inkrafttreten oder bis zur Anwendung eines anderen Kollektivvertrags in dem gleichen Maße aufrecht, wie sie in dem Kollektivvertrag für den Veräußerer vorgesehen waren.
Die Mitgliedstaaten können den Zeitraum der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen begrenzen, allerdings darf dieser nicht weniger als ein Jahr betragen.
(4)
- Sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes vorsehen, gelten die Absätze 1 und 3 nicht für die Rechte der Arbeitnehmer auf Leistungen bei Alter, Invalidität oder für Hinterbliebene aus betrieblichen oder überbetrieblichen Zusatzversorgungseinrichtungen außerhalb der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten.
- Die Mitgliedstaaten treffen auch dann, wenn sie gemäß Buchstabe a) nicht vorsehen, das...