Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Begriff ‚Zahlungsinstrument’. Personalisierte multifunktionale Bankkarten. Nahfeldkommunikationsfunktion (NFC). Dem Nutzer zu übermittelnde Informationen. Änderungen der Bedingungen eines Rahmenvertrags. Stillschweigende Zustimmung. Mit Zahlungsdiensten verbundene Rechte und Pflichten. Ausnahme für Kleinbetragszahlungsinstrumente. Tatbestandsmerkmale. Zahlungsinstrument, das nicht gesperrt werden kann. Zahlungsinstrument, das anonym genutzt wird. Zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils
Normenkette
Richtlinie (EU) 2015/2366 Art. 4 Nr. 14, Art. 52 Nr. 6 Buchst. a, Art. 54 Abs. 1, Art. 63 Abs. 1 Buchst. a, b
Beteiligte
Verein für Konsumenteninformation |
Tenor
1. Art. 52 Nr. 6 Buchst. a in Verbindung mit Art. 54 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG ist dahin auszulegen, dass er die Informationen und Vertragsbedingungen bestimmt, die von einem Zahlungsdienstleister mitzuteilen sind, der mit dem Nutzer seiner Dienste gemäß den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Modalitäten eine Vermutung der Zustimmung zur Änderung des zwischen ihnen geschlossenen Rahmenvertrags vereinbaren möchte, dass er aber keine Beschränkungen hinsichtlich der Eigenschaft des Nutzers oder der Art der Vertragsbedingungen, die Gegenstand einer solchen Vereinbarung sein können, festlegt; hiervon unberührt bleibt jedoch, wenn es sich bei dem Nutzer um einen Verbraucher handelt, die Möglichkeit der Prüfung, ob diese Klauseln im Licht der Bestimmungen der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen missbräuchlich sind.
2. Art. 4 Nr. 14 der Richtlinie 2015/2366 ist dahin auszulegen, dass es sich bei der Nahfeldkommunikationsfunktion (Near Field Communication) einer personalisierten multifunktionalen Bankkarte, mit der Kleinbetragszahlungen zulasten des verknüpften Kundenkontos getätigt werden können, um ein „Zahlungsinstrument” im Sinne dieser Bestimmung handelt.
3. Art. 63 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2015/2366 ist dahin auszulegen, dass eine kontaktlose Kleinbetragszahlung unter Verwendung der Nahfeldkommunikationsfunktion (Near Field Communication) einer personalisierten multifunktionalen Bankkarte als „anonyme” Nutzung des fraglichen Zahlungsinstruments im Sinne dieser Ausnahmeregelung anzusehen ist.
4. Art. 63 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2015/2366 ist dahin auszulegen, dass sich ein Zahlungsdienstleister, der sich auf die in dieser Bestimmung enthaltene Ausnahmeregelung berufen möchte, nicht darauf beschränken kann, zu behaupten, das betreffende Zahlungsinstrument könne nicht gesperrt oder seine weitere Nutzung nicht verhindert werden, obwohl dies nach dem objektiven Stand der Technik nicht nachweislich unmöglich ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 25. Januar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 5. April 2019, in dem Verfahren
DenizBank AG
gegen
Verein für Konsumenteninformation
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan und N. Jääskinen (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2020,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der DenizBank AG, vertreten durch die Rechtsanwälte G. Ganzger und A. Egger,
- des Vereins für Konsumenteninformation, vertreten durch Rechtsanwalt S. Langer,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und S. Šindelková als Bevollmächtigte,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Barros da Costa, S. Jaulino und G. Fonseca als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, T. Scharf und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. April 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Nr. 14 und Art. 52 Nr. 6 Buchst. a in Verbindung mit Art. 54 Abs. 1 und Art. 63 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. 2015, L 337, S. 35, berichtigt im ABl. 2016, L 169, S. 18, und im ABl. 2018, L 102, S. 97).
Rz. 2
Es ergeht im Rahm...