Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung). Zugang zu Gerichten. Abweichende nationale Verfahrensvorschriften
Normenkette
EURL 92/2011 Art. 11; EURL 75/2010 Art. 25
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
1. Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten und aus Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) verstoßen, indem sie
- gemäß § 46 VwVfG die Aufhebung von Entscheidungen aufgrund von Verfahrensfehlern auf das Fehlen einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Vorprüfung sowie auf Fälle beschränkt, in denen der Rechtsbehelfsführer nachweist, dass der Verfahrensfehler für das Ergebnis der Entscheidung kausal war;
- gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 7. Dezember 2006 in der durch das Gesetz vom 21. Januar 2013 geänderten Fassung und § 73 Abs. 4 VwVfG die Klagebefugnis und den Umfang der gerichtlichen Prüfung auf Einwendungen beschränkt, die bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren, das zur Annahme der Entscheidung geführt hat, eingebracht wurden;
- gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 7. Dezember 2006 in der durch das Gesetz vom 21. Januar 2013 geänderten Fassung in Verbindung mit dessen § 5 Abs. 1 in Verfahren, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet und vor dem 12. Mai 2011 abgeschlossen wurden, die Klagebefugnis von Umweltverbänden auf Rechtsvorschriften beschränkt hat, die Rechte Einzelner begründen;
- gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 7. Dezember 2006 in der durch das Gesetz vom 21. Januar 2013 geänderten Fassung in Verbindung mit dessen § 5 Abs. 1 in Verfahren, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet und vor dem 12. Mai 2011 abgeschlossen wurden, den Umfang der gerichtlichen Prüfung von Rechtsbehelfen von Umweltverbänden auf Rechtsvorschriften beschränkt, die Rechte Einzelner begründen;
- gemäß § 5 Abs. 1 und 4 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 7. Dezember 2006 in der durch das Gesetz vom 21. Januar 2013 geänderten Fassung Verwaltungsverfahren, die vor dem 25. Juni 2005 eingeleitet wurden, vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausnimmt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Europäische Kommission, die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Österreich tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 21. März 2014,
Europäische Kommission, vertreten durch C. Hermes und G. Wilms als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Ersten Kammer R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, A. Arabadjiev, C. Lycourgos und J.-C. Bonichot,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2015,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Mai 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen,
dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012, L 26, S. 1) und aus Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334, S. 17) verstoßen hat, indem sie
- die Aufhebung von Verwaltungsentscheidungen im Sinne der Richtlinien 2011/92 und 2010/75 auf die Fälle beschränkt, in denen nachweislich ein subjektive...