Entscheidungsstichwort (Thema)
Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Art. 32 und 33. Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen. Begriff der Entscheidung. Wirkungen einer gerichtlichen Entscheidung über die internationale Zuständigkeit. Gerichtsstandsklausel
Beteiligte
Gothaer Allgemeine Versicherung u.a |
Gothaer Allgemeine Versicherung AG |
Versicherungskammer Bayern-Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts |
Nürnberger Allgemeine Versicherungs-AG |
Tenor
1. Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass er auch eine Entscheidung erfasst, mit der das Gericht eines Mitgliedstaats seine Zuständigkeit wegen einer Gerichtsstandsvereinbarung verneint, und zwar unabhängig davon, wie eine solche Entscheidung nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats zu qualifizieren ist.
2. Die Art. 32 und 33 der Verordnung Nr. 44/2001 sind dahin auszulegen, dass das Gericht, vor dem die Anerkennung einer Entscheidung, mit der das Gericht eines anderen Mitgliedstaats seine Zuständigkeit wegen einer Gerichtsstandsvereinbarung verneint hat, geltend gemacht wird, durch die in den Gründen eines rechtskräftigen Urteils, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen wurde, enthaltene Feststellung in Bezug auf die Wirksamkeit dieser Vereinbarung gebunden ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Bremen (Deutschland) mit Entscheidung vom 25. August 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 2. September 2011, in dem Verfahren
Gothaer Allgemeine Versicherung AG,
ERGO Versicherung AG,
Versicherungskammer Bayern-Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts,
Nürnberger Allgemeine Versicherungs-AG,
Krones AG
gegen
Samskip GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters K. Lenaerts (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Gothaer Allgemeine Versicherung AG, der ERGO Versicherung AG, der Versicherungskammer Bayern-Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts und der Nürnberger Allgemeine Versicherungs-AG, vertreten durch Rechtsanwalt K. Ramming,
- der Krones AG, vertreten durch die Rechtsanwälte A. Nerz und M. Theisen im Beistand von Professor R. Geimer und Justiziar C. Wagner,
- der Samskip GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt O. Hartenstein,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und F. Wannek als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und T. Materne als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
- der schweizerischen Regierung, vertreten durch D. Klingele als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Bogensberger und A.-M. Rouchaud-Joët als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2012
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 32 und 33 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen vier deutschen Versicherungsgesellschaften – der Gothaer Allgemeine Versicherung AG, der ERGO Versicherung AG, der Versicherungskammer Bayern-Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts und der Nürnberger Allgemeine Versicherungs-AG (im Folgenden: Versicherer) – und der Krones AG (im Folgenden: Krones), einer bei diesen Gesellschaften versicherten deutschen Gesellschaft, auf der einen Seite und der Samskip GmbH (im Folgenden: Samskip), einer deutschen Tochtergesellschaft der Samskip Holding BV, einem Transport- und Logistikunternehmen mit Sitz in den Niederlanden, das in Island gegründet wurde, auf der anderen Seite über die Lieferung einer Brauereianlage durch Samskip an einen Käufer, die Cerveceria Cuauthemoc Monezum SA (im Folgenden: Empfängerin), bei der es sich um ein mexikanisches Unternehmen handelt.
Rz. 3
Der Rechtsstreit hat Schadensersatzklagen zum Gegenstand, die von den Versicherern und Krones vor deutschen Gerichten erhoben wurden und Schäden betreffen, die während des Transports an der Anlage entstanden sein sollen, obwohl die belgischen Gerichte, insbesondere der Hof van beroep te Antwerpen (Appellationshof Antwerpen, Belgien), entsprechende bei ihnen erhobene Klagen bereits als unzulässig abgewiesen und dies damit begründet hatten, dass das Konnossement („Bill of ...