Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Urteil des Gerichtshofs, durch das eine Vertragsverletzung festgestellt wird. Nichtdurchführung. Art. 228 EG. Finanzielle Sanktionen
Beteiligte
Tenor
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung und aus Art. 228 Abs. 1 EG verstoßen, dass sie zu dem Zeitpunkt, an dem die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme, die die Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 1. Februar 2008 nach Art. 228 EG abgegeben hat, gesetzte Frist ablief, nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die zur Durchführung des Urteils vom 1. April 2004, Kommission/Italien (C-99/02), über die Rückforderung der mit der Entscheidung 2000/128 für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfen von den Empfängern erforderlich sind.
2. Die Italienische Republik wird verurteilt, an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union” ein Zwangsgeld zu zahlen, dessen Höhe durch Multiplikation eines Grundbetrags von 30 Millionen Euro mit dem prozentualen Anteil zu berechnen ist, den die rechtswidrigen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen, die noch nicht zurückgefordert wurden oder deren Rückforderung nicht nach dem betreffenden Zeitraum nachgewiesen wurde, an der Gesamtheit der zum Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils noch nicht zurückgeforderten Beträge ausmachen, und zwar für jedes Halbjahr mit Verzögerung bei der Durchführung der Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem Urteil vom 1. April 2004, Kommission/Italien (C-99/02), nachzukommen, beginnend mit der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur vollständigen Durchführung des genannten Urteils vom 1. April 2004.
3. Die Italienische Republik wird verurteilt, an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union” einen Pauschalbetrag von 30 Millionen Euro zu zahlen.
4. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 228 EG, eingereicht am 30. November 2009,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Pignataro, E. Righini und B. Stromsky als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Arena und S. Fiorentino, avvocati dello Stato,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász, G. Arestis, T. von Danwitz und D. Šváby (Berichterstatter),
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2011,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
- festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Entscheidung 2000/128/EG der Kommission vom 11. Mai 1999 über die italienische Beihilferegelung für Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung (ABl. 2000, L 42, S. 1) und aus Art. 228 Abs. 1 EG verstoßen hat, dass sie nicht alle Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um dem Urteil vom 1. April 2004, Kommission/Italien (C-99/02, Slg. 2004, I-3353), über die Rückforderung der mit der Entscheidung 2000/128 für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfen von den Empfängern nachzukommen;
- der Italienischen Republik aufzugeben, an die Kommission ein Zwangsgeld mit einem ursprünglich auf 285 696 Euro festgesetzten und später auf 244 800 Euro herabgesetzten Tagessatz für die Verzögerung bei der Durchführung des genannten Urteils Kommission/Italien vom Tag der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache bis zum Tag der Durchführung des vorstehend genannten Urteils Kommission/Italien zu zahlen;
- der Italienischen Republik aufzugeben, an die Kommission einen Pauschalbetrag zu zahlen, dessen Höhe sich aus der Multiplikation eines ursprünglich auf 31 744 Euro festgesetzten und später auf 27 200 Euro herabgesetzten Tagessatzes mit der Zahl der Tage ergibt, an denen der Verstoß hinsichtlich der Entscheidung 2000/128 von der Verkündung des genannten Urteils Kommission/Italien an bis zur Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache fortbesteht;
- der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.
I – Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Am 11. Mai 1999 erließ die Kommission die Entscheidung 2000/128, deren Art. 1 bis 4 wie folgt lauten:
„Artikel 1
(1) Die von Italien ab November 1995 für die Einstellung von Arbeitnehmern aufgrund von Ausbildungs- und Arbeitsverträgen nach Maßgabe der Gesetze 863/84, 407/90, 169/91 ...