Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Unionsmarke. Zivilrechtliche Klagen aus Unionsmarken und aus nationalen Marken. Rechtshängigkeit. Begriff ‚dieselben Handlungen’. Verwendung des Begriffs ‚Merck’ in Domainnamen und auf Social-Media-Plattformen im Internet. Klage aus einer nationalen Marke, gefolgt von einer Klage aus einer Unionsmarke. Unzuständigkeitserklärung. Umfang
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 Art. 109 Abs. 1
Beteiligte
Tenor
1. Art. 109 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke ist dahin auszulegen, dass die darin genannte Voraussetzung des Vorliegens „derselben Handlungen”, wenn Verletzungsklagen, von denen eine auf eine nationale Marke und die andere auf eine Unionsmarke gestützt ist, zwischen denselben Parteien bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig gemacht werden, nur insoweit erfüllt ist, als diese Klagen den Vorwurf der Verletzung einer nationalen Marke und einer damit identischen Unionsmarke im Gebiet derselben Mitgliedstaaten betreffen.
2. Art. 109 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass, wenn Verletzungsklagen, von denen die erste auf die Verletzung einer nationalen Marke im Gebiet eines Mitgliedstaats und die zweite auf die Verletzung einer Unionsmarke im gesamten Gebiet der Europäischen Union gestützt ist, zwischen denselben Parteien bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig gemacht werden, sich das später angerufene Gericht für den Teil des Rechtsstreits für unzuständig zu erklären hat, der sich auf das Gebiet eines Mitgliedstaats bezieht, um das es in der beim zuerst angerufenen Gericht erhobenen Verletzungsklage geht.
3. Art. 109 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass die darin genannte Voraussetzung des Vorliegens „derselben Handlungen” nicht mehr erfüllt ist, wenn die betreffenden Klagen nicht mehr den Vorwurf der Verletzung einer nationalen Marke und einer damit identischen Unionsmarke im Gebiet derselben Mitgliedstaaten betreffen, weil ein Kläger eine auf eine Unionsmarke gestützte Verletzungsklage, die zunächst auf die Untersagung der Benutzung dieser Marke im Gebiet der Europäischen Union gerichtet war, – wirksam – teilweise zurückgenommen hat, und zwar für das Gebiet des Mitgliedstaats, um das es in der auf eine nationale Marke gestützten Klage geht, die beim zuerst angerufenen Gericht erhoben wurde und auf die Untersagung der Benutzung dieser Marke in diesem Mitgliedstaat gerichtet ist.
4. Art. 109 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ist dahin auszulegen, dass sich das später angerufene Gericht im Fall der Identität der Marken zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts nur insoweit für unzuständig zu erklären hat, als die Marken für identische Waren oder Dienstleistungen gelten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 2016, in dem Verfahren
Merck KGaA
gegen
Merck & Co. Inc.,
Merck Sharp & Dohme Corp.,
MSD Sharp & Dohme GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), des Richters A. Rosas, der Richterinnnen C. Toader und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Merck KGaA, vertreten durch Rechtsanwälte S. Völker und M. Pemsel,
- der Merck & Co. Inc., der Merck Sharp & Dohme Corp. und der MSD Sharp & Dohme GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Bothe, Rechtsanwältin Y. Draheim und Rechtsanwalt P. Fromlowitz,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Mai 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 109 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Merck KGaA auf der einen Seite und der Merck & Co. Inc., der Merck Sharp & Dohme Corp. und der MSD Sharp & Dohme GmbH auf der anderen Seite wegen Anträgen der Merck KGaA auf Unterlassung der Verwendung des Begriffs „MERCK” in Domainnamen und auf Social-Media-Plattformen im Internet und in geschäftlichen Bezeichnungen sowohl in Deutschland als auch darüber hinaus in der Europäischen Union durch die Beklagten des Ausgangsverfahrens.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 44/2001
Rz. 3
Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen i...