Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Humanarzneimittel. Erstellung einer Liste von Arzneimitteln, deren Kosten von den Krankenkassen erstattet werden. Änderung der Voraussetzungen für die Erstattung eines Arzneimittels anlässlich der Verlängerung seiner Aufnahme in eine solche Liste. Begründungspflicht
Normenkette
Richtlinie 89/105/EWG Art. 6 Nr. 2
Beteiligte
Les Laboratoires Servier SA |
Ministre des Affaires sociales et de la Santé |
Ministre de l'Économie et des Finances |
Tenor
Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Begründungspflicht auf eine Entscheidung anwendbar ist, die die Aufnahme eines Erzeugnisses in die Liste der unter das Krankenversicherungssystem fallenden Arzneimittel verlängert, aber die Erstattung der Kosten für dieses Erzeugnis auf eine bestimmte Gruppe von Patienten beschränkt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Frankreich) mit Entscheidung vom 4. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Oktober 2013, in dem Verfahren
Les Laboratoires Servier SA
gegen
Ministre des Affaires sociales et de la Santé,
Ministre de l'Économie et des Finances
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Les Laboratoires Servier SA, vertreten durch M. Anahory und F. Thiriez, avocats,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch L. Banciella Rodríguez-Miñón als Bevollmächtigten,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und A. P. Antunes als Bevollmächtigte,
- der schwedischen Regierung, vertreten durch U. Persson als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet und P. Mihaylova als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (ABl. 1989, L 40, S. 8).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Les Laboratoires Servier SA (im Folgenden: Servier) auf der einen und dem Ministre des Affaires sociales et de la Santé sowie dem Ministre de l'Économie et des Finances auf der anderen Seite über die von den beiden Letztgenannten vorgenommene Änderung der Voraussetzungen für die Erstattung der Kosten eines Arzneimittels durch das Krankenversicherungssystem.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 89/105
Rz. 3
Nach dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/105 ist es „Ziel dieser Richtlinie …, einen Überblick über die einzelstaatlichen Vereinbarungen zur Preisfestsetzung zu erhalten, einschließlich ihres Funktionierens in bestimmten Fällen und aller ihnen zugrunde liegenden Kriterien, und sie allen Teilnehmern am Arzneimittelmarkt in den Mitgliedstaaten allgemein zugänglich zu machen. Diese Angaben sollten veröffentlicht werden.”
Rz. 4
Wie es im sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 89/105 heißt, erweist sich „[a]ls erster Schritt … die Festlegung einer Reihe von Anforderungen als dringend notwendig, die darauf abzielen, sicherzustellen, dass alle Betroffenen überprüfen können, dass die einzelstaatlichen Maßnahmen keine mengenmäßigen Beschränkungen für die Ein- oder Ausfuhr oder Maßnahmen gleicher Wirkung darstellen.”
Rz. 5
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/105 lautet:
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle einzelstaatlichen Maßnahmen in Form von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zur Kontrolle der Preise von Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch oder zur Einschränkung der unter ihre staatlichen Krankenversicherungssysteme fallenden Arzneimittel die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen.”
Rz. 6
Art. 2 Nrn. 1 und 2 der Richtlinie 89/105 bestimmt:
„Ist das Inverkehrbringen eines Arzneimittels nur dann zulässig, wenn die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats den Preis dieses Erzeugnisses genehmigt haben, so gilt Folgendes:
- Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Entscheidung über den Preis, der für das Arzneimittel verlangt werd...