Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Regionale Abgabe für große Einzelhandelseinrichtungen. Niederlassungsfreiheit. Umweltschutz und Raumordnung. Staatliche Beihilfe. Selektive Maßnahme

 

Beteiligte

ANGED

Asociación Nacional de Grandes Empresas de Distribución (ANGED)

Consejería de Economía y Hacienda del Principado de Asturias

Consejo de Gobierno del Principado de Asturias

 

Tenor

1. Die Art. 49 und 54 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Abgabe für große Einzelhandelseinrichtungen wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen.

2. Eine Abgabe wie die in den Ausgangsverfahren fragliche, die für große Vertriebseinrichtungen im Wesentlichen in Abhängigkeit von ihrer Verkaufsfläche erhoben wird, stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV dar, soweit von ihr Einrichtungen ausgenommen sind, deren Verkaufsfläche weniger als 4 000 m² beträgt. Eine solche Abgabe stellt auch insoweit keine staatliche Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung dar, als von ihr Einrichtungen ausgenommen sind, die in den Bereichen Gartenpflege, Verkauf von Fahrzeugen, Baustoffen, Maschinen und Industriebedarf tätig sind und deren Verkaufsfläche 10 000 m² nicht übersteigt, sofern sie die Umwelt und die Raumordnung nicht so stark beeinträchtigen wie die anderen Einrichtungen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Tatbestand

In den Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidungen vom 10. und 11. März 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 2016, in den Verfahren

Asociación Nacional de Grandes Empresas de Distribución (ANGED)

gegen

Consejería de Economía y Hacienda del Principado de Asturias (C-234/16),

Consejo de Gobierno del Principado de Asturias (C-235/16),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J. C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev und E. Regan,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Asociación Nacional de Grandes Empresas de Distribución (ANGED), vertreten durch J. Pérez-Bustamante Köster und F. Löwhagen, abogados, sowie J. M. Villasante García, procurador,
  • der Consejería de Economía y Hacienda del Principado de Asturias und des Consejo de Gobierno del Principado de Asturias, vertreten durch A. Roces Llaneza, letrada,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Gossement, P. Němečková und G. Luengo als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 9. November 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 49 und 54 AEUV sowie von Art. 107 Abs. 1 AEUV.

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der Asociación Nacional de Grandes Empresas de Distribución (ANGED) auf der einen Seite und der Consejería de Economía y Hacienda del Principado de Asturias (Ministerium für Wirtschaft und Finanzen der Regionalregierung des Fürstentums Asturien, Spanien) und dem Consejo de Gobierno del Principado de Asturias (Ministerrat des Fürstentums Asturien) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit einer Abgabe, die für große Einzelhandelseinrichtungen mit Sitz in der Autonomen Gemeinschaft Fürstentum Asturien zu entrichten ist.

Spanisches Recht

Rz. 3

Mit Art. 21 der Ley del Principado de Asturias 15/2002, de medidas presupuestarias, administratives y fiscales (Gesetz 15/2002 des Fürstentums Asturien mit Haushalts-, Verwaltungs- und Steuermaßnahmen) vom 27. Dezember 2002 (BOPA Nr. 301 vom 31. Dezember 2002) in der auf die Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz 15/2002) wurde zum 1. Januar 2003 eine Abgabe für große Einzelhandelseinrichtungen (im Folgenden: IGEC) eingeführt.

Rz. 4

In der Präambel des Gesetzes 15/2002 heißt es, dass mit der IGEC die negativen Auswirkungen der Tätigkeit großer Einzelhandelseinrichtungen auf den Raum, die Umwelt und den örtlichen Einzelhandel auf diese Einrichtungen verlagert werden sollen.

Rz. 5

Nach Art. 21 Nr. 2 des Gesetzes 15/2002 ist das Abgabeaufkommen zu verwenden für „die Aufstellung und Durchführung von Programmen zur Entwicklung sektoraler Leitlinien für die Geschäftsausstattung” und für „Verbesserungen der Umweltsituation und der Infrastrukturnetze”.

Rz. 6

Die Abgabenpflicht gilt gemäß Art. 21 Nr. 3 des Gesetzes 15/2002 für individuelle oder kollektive Einzelhandelseinrichtungen mit einer öffentlichen Auslage- und Verkaufsfläche von mindestens 4 000 m². Dieser Grenzwert gilt seit dem 1. Januar 2005, davor lag er bei 2 500 m².

Rz. 7

Art. 21 Nr. 4 des Gesetzes 15/2002 sieht vor, dass für große individuelle Einzelhandelseinrichtungen, deren öffentliche Auslage- und Verkaufsfläche 10 000 m² nicht übersteigt und die ausschließlich in den Berei...

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