Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Wanderarbeitnehmer. Soziale Sicherheit. Anzuwendende Rechtsvorschriften. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Fahrendes Personal. In einen anderen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer. Schweizerische Zweigstelle. Bescheinigung E 101. Beweiskraft
Normenkette
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 14 Abs. 2 Buchst. a; Verordnung (EWG) Nr. 574/72 Art. 12a Nr. 1a
Beteiligte
Union de recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales d'Alsace (Urssaf) |
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden |
Tenor
Art. 12a Nr. 1a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Bescheinigung E 101, die von dem Träger, den die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats bezeichnet hat, gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 118/97 geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005, ausgestellt wurde, sowohl die Sozialversicherungsträger des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt wird, als auch die Gerichte dieses Mitgliedstaats bindet, selbst wenn von diesen festgestellt wird, dass die Bedingungen, unter denen der betreffende Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt, offensichtlich nicht in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Bestimmung der Verordnung Nr. 1408/71 fallen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich) mit Entscheidung vom 6. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 23. November 2015, in dem Verfahren
A-Rosa Flussschiff GmbH
gegen
Union de recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales d'Alsace (Urssaf), Rechtsnachfolgerin der Urssaf du Bas-Rhin,
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und der Richter E. Regan, A. Arabadjiev, C. G. Fernlund sowie S. Rodin,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der A-Rosa Flussschiff GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M. Schlingmann,
- der Union de recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales d'Alsace (Urssaf), Rechtsnachfolgerin der Urssaf du Bas-Rhin, vertreten durch J.-J. Gatineau, avocat,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und C. David als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs, L. Van den Broeck und J. Van Holm als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- Irlands, vertreten durch G. Hodge, E. Creedon und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von N. Donnelly, adviser,
- der zyprischen Regierung, vertreten durch N. Ioannou als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Januar 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und von Art. 12a Nr. 1a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71, jeweils geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1), in der jeweils durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 (ABl. 2005, L 117, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71 bzw. Verordnung Nr. 574/72).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der A-Rosa Flussschiff GmbH (im Folgenden: A-Rosa) einerseits und der Union de recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d'allocations familiales d'Alsace (Elsässischer Verband für die Erhebung der Beiträge der sozialen Sicherheit und der Familienbeihilfen,...