Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Garantieeinrichtungen. Begrenzung der Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen. Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die mehr als sechs Monate vor Erhebung einer Klage auf Feststellung der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers fällig geworden sind”
Normenkette
Richtlinie 80/987/EWG; Richtlinie 2002/74/EG
Beteiligte
Maria Albertina Gomes Viana Novo |
Gabriel Inácio da Silva Fontes |
Marcelino Jorge dos Santos Simões |
José Manuel Silva Correia |
Marilde Marisa Moreira Marques Moita |
José Rodrigues Salgado Almeida |
Carlos Manuel Sousa Oliveira |
José Manuel Serra da Fonseca |
Ademar Daniel Lourenčo Dias |
Ana Mafalda Azevedo Martins Ferreira |
Fundo de Garantia Salarial IP |
Tenor
Die Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers in der durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die die Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die mehr als sechs Monate vor Erhebung einer Klage auf Feststellung der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers fällig geworden sind, nicht garantiert, obwohl die Arbeitnehmer vor Beginn dieses Zeitraums ein gerichtliches Verfahren gegen ihren Arbeitgeber angestrengt haben, um die Festsetzung der Höhe dieser Ansprüche und deren Zwangsbeitreibung zu erlangen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Central Administrativo Norte (Portugal) mit Entscheidung vom 30. März 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 2012, in dem Verfahren
Maria Albertina Gomes Viana Novo,
Ezequiel Martins Dias,
Gabriel Inácio da Silva Fontes,
Marcelino Jorge dos Santos Simões,
Manuel Dourado Eusébio,
Alberto Martins Mineiro,
Armindo Gomes de Faria,
José Fontes Cambas,
Alberto Martins do Alto,
José Manuel Silva Correia,
Marilde Marisa Moreira Marques Moita,
José Rodrigues Salgado Almeida,
Carlos Manuel Sousa Oliveira,
Manuel da Costa Moreira,
Paulo da Costa Moreira,
José Manuel Serra da Fonseca,
Ademar Daniel Lourenço Dias,
Ana Mafalda Azevedo Martins Ferreira
gegen
Fundo de Garantia Salarial IP
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), A. Rosas, D. Šváby und C. Vajda,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Frau Gomes Viana Novo u. a., vertreten durch J. Trocado da Costa, advogado,
- des Fundo de Garantia Salarial IP, vertreten durch J. Pereira, advogada,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und J. Quintela Coelho als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Afonso und J. Enegren als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Juni 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 4 und 10 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23, im Folgenden: Richtlinie 80/987 in ihrer ursprünglichen Fassung) in ihrer durch die Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 (ABl. L 270, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 80/987 in geänderter Fassung).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Gomes Viana Novo sowie 17 weiteren Personen (im Folgenden zusammen: Gomes Viana Novo u. a.) einerseits und dem Fundo de Garantia Salarial IP (Arbeitnehmergarantiefonds, im Folgenden: FGS) andererseits über die Deckung der Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die die Kläger des Ausgangsverfahrens gegen ihren zahlungsunfähigen ehemaligen Arbeitgeber haben, durch diesen Fonds.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 3 der Richtlinie 80/987 in ihrer ursprünglichen Fassung lautete:
„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen.
(2) Der in Absatz 1 genannte Zeitpunkt ist nach Wahl der Mitgliedstaaten
- entweder der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitg...