Zusammenfassung
Gas wird knapper und immer teuer, in ganz Deutschland soll Energie gespart werden. Also einfach Heizung runter und Warmwasser aus? – welche Temperatur Vermieter von Wohnungen und Gewerberäumen den Mietern schulden, muss rechtlich geklärt werden. Ein Überblick.
Eine rechtliche Vorgabe zur geschuldeten Temperatur in Wohngebäuden gibt es nicht. Vereinzelte Hinweise auf DIN-Vorschriften verhalten sich nicht zur geschuldeten Raumtemperatur, sondern zum allgemein üblichen technischen Standard über die Leistungsfähigkeit der Heizung selbst.
"Geschuldete Temperaturen" ergeben sich nur aus der Rechtsprechung. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Problematik der geschuldeten Mindesttemperatur ist nicht bekannt. Die in diesem Zusammenhang häufig zitierte Entscheidung des BGH vom 15.5.1991 (VIII ZR 38/90) verhält sich allein zur Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Die Frage der Mindesttemperatur blieb dort ausweislich offen.
Geschuldete Tagestemperatur für Wohnraum
Von der unterinstanzlichen Rechtsprechung bisher als angemessen angesehene Tagestemperaturen sind:
- Wohnräume – dazu zählen auch Bad und Toilette – sollten in der Zeit von 6.00 Uhr bis 23.00 Uhr mindestens 20 Grad Celcius Zimmertemperatur aufweisen.
- Sonstige Nebenräume im selben Zeitraum sollten mindestens 18 Grad Celcius aufweisen.
Geschuldete Nachttemperatur für Wohnraum
Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Bonn vom 26.1.2021 (206 C 18/19) kann zur Nachtzeit (dort zwischen 24.00 Uhr und 6.00 Uhr) die Temperatur auf etwa 16 bis 17 Grad Celcius abgesenkt werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der Mietrechtsexperte Norbert Eisenschmid in seiner Kommentierung in Schmidt-Futterer (Mietrecht, 15. Aufl. 2021) mit Verweis auf die Rechtsprechung: "Der Vermieter von Wohnraum ist berechtigt, in der Nachtzeit (24.00 Uhr bis 6.00 Uhr) im Interesse der Mitmieter des Hauses die Heizung aus Gründen der Energieeinsparung herunterzuschalten. Allerdings muss auch in dieser Zeit eine Temperatur von mindestens 16 Grad erreichbar sein."
Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW vertritt die Ansicht, dass eine Mindesttemperatur von 17 Grad in der Nacht gut vertretbar ist.
Wenig Spielraum beim Warmwasser
Die Warmwasserversorgung in der Wohnung muss jederzeit gewährleistet sein. Die Temperatur muss 40 Grad ohne zeitlichen Vorlauf erreichen (LG Berlin, NZM 2002, 143). Der Vermieter darf die Temperatur des Warmwassers in den Nachtstunden nicht absenken.
Die Warmwassertemperatur muss bei sog. Großanlagen, die der Trinkwasserverordnung unterliegen, aus Gründen des Legionellenschutzes bei 60 Grad liegen. Gemäß "Arbeitsblatt W551" des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) darf bei Großanlagen aus hygienischen Gründen die Temperatur des Warmwassers am Trinkwassererwärmer-Ausgang (Kessel) nicht unter 60 Grad Celcius liegen und in den zirkulierenden Bereichen nicht unter 55 Grad abfallen.
Aus technischer Sicht dürfen nur hygienisch einwandfreie Systeme für maximal 8 Stunden pro Tag mit abgesenkten Temperaturen betrieben werden, z. B. durch ein Abschalten der Zirkulationspumpe (W551 Kap. 6.4).
Aus juristischer Sicht sind Vermieter verpflichtet, die Versorgung mit Warmwasser rund um die Uhr aufrechtzuerhalten. Eine Absenkung zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr auf den untersten Bereich der genannten Skala außerhalb von Großanlagen (d. h. auf 40 Grad) ist aus hier vertretener Sicht jedoch zulässig.
Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten
Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten die in § 6 Abs. 1 Satz 1 EnSikuMaV (Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen) festgelegten Höchstwerte für die Lufttemperatur als Mindesttemperaturwerte (§ 12 EnSikuMaV). Die Geschäftsstellen der Wohnungsunternehmen sind Arbeitsstätten.
§ 12 EnSikuMaV verringert für Arbeitsräume in allen Arbeitsstätten in Nichtwohngebäuden temporär die derzeit geltenden Mindesttemperaturen der Arbeitsstättenverordnung. Mit der Festlegung wird nicht vorgeschrieben, dass die Raumtemperaturen verringert werden müssen, weil diese nur Mindestwerte darstellen. Ermöglicht wird aber, dass Arbeitgeber auch in gewerblichen Bereichen rechtssicher weniger heizen dürfen und Gelegenheit haben, dem Beispiel der öffentlichen Hand zu folgen. Dies kann auch die Grundlage für Selbstverpflichtungen von Betrieben und betrieblichen Vereinbarungen zur Energieeinsparung sein.
Die in § 6 der EnSikuMaV angegebenen Temperaturen sind für
- körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit 19 Grad
- körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 18 Grad
- mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit 18 Grad
- mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen 16 Grad
- für körperlich schwere Tätigkeit 12 Grad.
Mietminderung: Wann liegt ein Mangel vor?
Nur wenn die sog. Behaglichkeitstemperatur (tags oder nachts) wie oben beschrieben über eine längere Zeit nicht erreicht wird, liegt ein Mangel vor (OLG Frank...