Bewertungsmaßstab für Geruchsbelästigungen ist ebenso wie für Lärmbelästigungen nach § 3 Abs. 1 BImSchG ihre Erheblichkeit. Bis 1.12.2021 fehlte es bei Geruchsbelästigungen an einer bundeseinheitlichen sog. "normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift" wie der TA Lärm. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde von den Gerichten die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) als Orientierungshilfe herangezogen. Seit 1.12.2021 ist die GIRL in Anlage 7 der TA Luft integriert.
Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) bis 30.11.2021
Bereits vor der Novellierung der TA Luft zum 1.12.2021 durfte das Fehlen von verbindlichen Grenzwerten für Geruchsbelästigungen im Gegensatz zu den Lärmrichtwerten der TA Lärm nach Meinung der Gerichte nicht zum Anlass genommen werden, jede Geruchswahrnehmung bereits als erhebliche Belästigung einzustufen. Um die Erheblichkeit einer Geruchsbelästigung im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG bzw. ihre Wesentlichkeit im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB beurteilen zu können, wurde bereits in der Vergangenheit gefordert, objektive, reproduzierbare und quantitativ beschreibbare Geruchserhebungsverfahren anwenden zu können.
Grundsätze dazu waren bis 2021 in der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) festgelegt. Diese Richtlinie wurde von den Gerichten bei der Bewertung der Erheblichkeit bzw.Wesentlichkeit von Geruchsbelästigungen zwar nicht als verbindliche Vorgabe, aber generell als Orientierungs- und Entscheidungshilfe herangezogen.
Vorgehen nach GIRL
Die GIRL geht dann von einer erheblichen bzw. wesentlichen Geruchsbelästigung aus, wenn einerseits die Intensität der Beeinträchtigung so stark ist, dass der Geruch deutlich wahrnehmbar ist. Zum anderen darf der Geruch nicht nur gelegentlich auftreten, sondern er muss über einen längeren Zeitraum belästigend wirken. Als Maßstab für die Geruchsbelastung wird insoweit die Geruchshäufigkeit in Prozent der Jahresstunden mit Geruch herangezogen. Die Erheblichkeitsschwelle liegt dabei für Wohn-/Mischgebiete bei einer relativen Häufigkeit der Geruchsstunden von über 10 % der Jahresstunden und für Gewerbe-/Industriegebiete von über 15 % der Jahresstunden. Das bedeutet mit anderen Worten, dass eine erhebliche bzw. wesentliche Geruchsbelästigung oberhalb eines Richtwerts von 876 Geruchsstunden (10 % der Jahresstunden) für Wohn-/Mischgebiete und von 1.314 Geruchsstunden (15 % der Jahresstunden) für Gewerbe-/Industriegebiete grundsätzlich angenommen werden kann. Eine Geruchsstunde wird dabei angenommen, wenn bei einem Messintervall von 10 Minuten in mindestens 10 % der Zeit Geruchseinwirkungen wahrgenommen werden.
Ausnahmen bilden Ekel oder Übelkeit auslösende Gerüche, die unabhängig von ihrer relativen Häufigkeit generell zu unterlassen sind.
TA Luft 2021
Die GIRL (Geruchsimmissionsrichtlinie) wurde im Rahmen der Novellierung der TA Luft, die am 1.12.2021 in Kraft getreten ist, als Anhang 7 vollumfänglich in diese integriert. Anhang 7 der TA Luft enthält seither die Verfahrensweise zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen zum Schutz von Anwohnern vor Geruchsbelästigungen.
Sachverständigengutachten
Die für gerichtliche Auseinandersetzungen notwendigen Messgutachten übernehmen auf Antrag und gegen Kostenrechnung die Landesämter für Umweltschutz, die technischen Überwachungsvereine oder die Landesgewerbeanstalten. Das kostet zwar Geld, ist aber eine lohnende Investition, weil im Streitfall aussagekräftiges Beweismaterial vorgelegt werden kann.