Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Redaktion
Zusammenfassung
Die Reform der Grundsteuer drängt. Die Länder haben die Wahl: Bundesmodell – dann gibt es nichts weiter zu tun – oder eigene Methode. Dann muss möglichst bald geregelt werden. Baden-Württemberg prescht vor und präsentiert als erstes Land einen exklusiven Gesetzentwurf.
1 Baden-Württemberg geht voraus
Baden-Württemberg will ein eigenes Grundsteuergesetz erlassen. Die grün-schwarze Landesregierung hat am 28. Juli den Weg dafür geebnet und den Gesetzentwurf für ein "modifiziertes Bodenwertmodell" verabschiedet. Damit leistet das Kabinett Pionierarbeit: Eigentlich hatte Bayern als erstes Bundesland von der Öffnungsklausel Gebrauch machen wollen.
Grundlage für die Neuberechnung der Grundsteuer sollen im Südwesten künftig die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert sein. "Uns war wichtig, Wohnen nicht zu verteuern", erklärte Finanzministerin Edith Sitzmann in Stuttgart. Eigentümer von Wohngebäuden sollen so weniger belastet, Brachflächen in Wohngebieten hingegen höher besteuert werden.
Der Bund hatte Ende 2019 ein neues Grundsteuer-Gesetz verabschiedet. In das Bundesmodell fließen neben Grundstücksfläche und Bodenrichtwert auch noch Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter mit ein. Die Bundesländer können vom Bundesmodell abweichen, wenn sie eigene Gesetze verabschieden (Öffnungsklausel). Für die Umsetzung durch die Länder gilt eine Frist bis Ende 2024. Ab dem 1.1.2025 muss die reformierte Grundsteuer angewandt werden.
2 Öffnungsklausel auch in Sachsen: Gesetzentwurf für Grundsteuer geht in die Anhörung
Sachsen hat am 14. Juli einen eigenen Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform zur Anhörung im Landtag freigegeben. Beschlossen werden soll das Gesetz laut Landesregierung im kommenden Jahr. Die individuelle Regelung würde Wohnimmobilien nicht höher belasten, versprach Finanzminister Hartmut Vorjohann.
Hessen hat vor einiger Zeit schon angekündigt, von der Öffnungsklausel Gebrauch machen zu wollen: Dort will man auf ein "Verfahren auf der Basis der Grundstücks- und Gebäudeflächen – ergänzt um einen Lagefaktor" setzen. Finanzminister Michael Boddenberg hält diese Regelung für "gerecht, einfach und verständlich". In guten Lagen falle mehr Grundsteuer an als in weniger guten, für Bürger und Verwaltung sei das Verfahren "handhabbar" und es sei bei diesem Modell für die Kommunen gut nachvollziehbar, wie die Steuer berechnet wird.
Hamburg liebäugelt ebenfalls mit einem Flächen-Lage-Modell. Auch Niedersachsen will nicht auf das Bundesmodell zurückgreifen, sondern die neue Grundsteuer nach Fläche und Lage berechnen, wie das Finanzministerium mitteilte. Gesetzentwürfe liegen jedoch bislang in diesen drei Ländern nicht vor.
3 Von Bayern angekündigter Gesetzentwurf wird "dringend erwartet"
Die Ausgestaltung eigener Modelle ist kompliziert, weil sie ein eigenes Gesetzgebungsverfahren erforderlich macht. Baden-Württemberg hatte lange debattiert, bis es zur Einigung kam. Eigentlich galt bis dato Bayern als Vorreiter: Weil es die Landesregierung in München war, die im Bundesgesetz eine Öffnungsklausel überhaupt erst durchgesetzt hat. Bayern will die Steuer nur nach den Flächen von Grundstücken und Gebäuden erheben.
Der von Bayern angekündigte Gesetzentwurf werde von Hessen und von Niedersachsen "dringend erwartet", da er als Basis für die Fortentwicklung dort genutzt werden soll, hieß es etwa aus dem Haus des niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers (CDU). Das geplante Flächen-Lage-Modell, das "mehr anhand der Fläche, ergänzt um wertbildende innerkommunale Lagefaktoren" bemessen werde, sei weniger streitanfällig als das Bundesmodell und werde "gerade in einen Gesetzentwurf gegossen". Eine finale Entscheidung, von welchem Modell Niedersachsen am Ende Gebrauch machen wird, gebe es aber noch nicht, hieß es in Hannover.
4 Das Bundesmodell: Berlin ist ein Mitstreiter
Berlin will das Bundesmodell umsetzen, wie Finanzsenator Matthias Kollatz im Mai deutlich machte. Nach diesem Verfahren müssen ab dem Jahr 2022 alle 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden, danach alle 7 Jahre wieder. Allein in der Hauptstadt sind das etwa 800.000 Grundstücke. Die Senatsverwaltung geht davon aus, dass die Reform für Mieter in normalen Wohnlagen keine zusätzlichen Belastungen bringen wird. "Für Grundstücke, deren Wert deutlich schneller gewachsen ist, wird künftig ein höherer Betrag anfallen", so Kollatz.
Die Regierung von Schleswig-Holstein hatte sich kurz vor Ostern auf das Bundesmodell geeinigt. Finanzministerin Monika Heinold sagte: "Die neue Grundsteuer soll keine Steuererhöhung durch die Hintertür sein" – Ziel sei eine aufkommensneutrale Reform. Laut Finanzministerium wird so die Grundsteuer in weniger teuren Lagen niedriger ausfallen als in hochpreisigen. Das Land plant zudem ein Transparenzregister. Dort soll veröffentlicht werden, welcher Hebesatz das Steueraufkommen der jeweiligen Kommune konstant halten würde.
5 Das Flächenmodell: Problem Länderfinanzausgleich
Welche Methode am Ende die beste ist, bleibt umstritten. Der Augsburger Steuerrechtler Gregor Kirchhof hält das Bundesgesetz für verfassungswidrig, wie er in einem Gutachten für den Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA) schreibt. Er wirbt für das Flächenmodell, das um einen pauschalen Lagewert ergänzt wird – also eigentl...