Im Internet und in der Presse kursieren Empfehlungen, "sich abzusichern und Einspruch einzulegen, sobald der Grundsteuerwertbescheid ergangen ist". Im Nachfolgenden werden daher die verfahrensrechtlichen Regelungen zur Festsetzung der Grundsteuer dargestellt und es wird der Frage nachgegangen, ob ein Einspruch wirklich ratsam ist.
Ausschlaggebend für die Neufestsetzung der Grundsteuer ist ein Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2018. Um die Grundsteuer neu zu berechnen, sind fast 36 Mio. Grundstücke neu zu bewerten. Dazu müssen die Eigentümer Feststellungserklärungen abgeben, ohne nach Ergehen der Grundsteuerwertbescheide bzw. der Grundsteuermessbescheide genau zu wissen, wie hoch die Grundsteuerbelastung ab dem 1.1.2025 sein wird. Denn die Gemeinden legen erst 2024 die jeweiligen Hebesätze für die endgültige Berechnung der Grundsteuer fest.
"Empfehlungen" sind mit Vorsicht zu genießen
Im Internet und in der Presse kursieren die Empfehlungen, "sich abzusichern und Einspruch einzulegen, sobald der Grundsteuerwertbescheid ergangen sei. Durch einen Einspruch bekomme man mehr Zeit zur Prüfung und könne reagieren, wenn Teile der Regelungen in den kommenden Jahren von Gerichten wieder kassiert würden. Der Einspruch könne auch später ohne Schaden wieder zurückgezogen werden".
So einfach wie die Empfehlungen lauten, ist dies allerdings nicht. Im Nachfolgenden werden daher die verfahrensrechtlichen Regelungen zur Festsetzung der Grundsteuer im Detail dargestellt. Zudem wird der Frage nachgegangen, ob ein Einspruch wirklich ratsam ist und was es voraussichtlich kostet, wenn Steuerpflichtige sich durch einen Steuerberater vertreten lassen.
Von der Feststellungserklärung zum Grundsteuerbescheid
Nach § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO sind die Grundsteuerwerte nach Maßgabe des BewG gesondert – und ggf. einheitlich – festzustellen. Obwohl die Finanzämter bereits über eine Vielzahl der erforderlichen Daten verfügen, ist die Abgabe einer Grundsteuerwerterklärung gesetzlich vorgeschrieben.
Nachdem die Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts ursprünglich bis zum 31.10.2022 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung (elektronisches Formular) erfolgen sollte, haben sich die Finanzminister der Länder jedoch auf eine bundesweite Verlängerung der Abgabefrist um 3 Monate, also bis zum 31.1.2023, verständigt (vgl. BStBl I v. 4.11.2022).
Im Grundsteuerwertbescheid wird die Höhe des Grundsteuerwerts festgestellt. Dies setzt denknotwendig eine Entscheidung über die Art der wirtschaftlichen Einheit und bei Grundstücken über die Grundstücksart voraus. Zwingend erforderlich ist auch eine Feststellung über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe ihrer Anteile. Der Bescheid muss mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein.
Zuständig für die Feststellung der Grundsteuerwerte ist nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 AO das Lagefinanzamt. Erstreckt sich die zu bewertende wirtschaftliche Einheit auf die Bezirke mehrerer Finanzämter, ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk der wertvollste Teil des Vermögens liegt.
Mit dem Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts ergeht regelmäßig auch zeitgleich der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag (Folgebescheid). In diesem Bescheid wird der Grundsteuermessbetrag durch die Multiplikation das Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl festgesetzt.
Die Bescheide über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags enthalten den (ausdrücklichen) Hinweis, dass "aufgrund des Bescheids keine Zahlung zu leisten ist. Der Grundsteuermessbetrag ist lediglich die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die von der Gemeinde (bzw. in den Stadtstaaten vom Finanzamt) mit einem gesonderten Grundsteuerbescheid festgesetzt wird".
"Wichtig:" Nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar geworden sind, für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind. Es handelt sich insoweit um einen Grundlagenbescheid nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO. Es ist nicht erforderlich, dass der Feststellungsbescheid rechtmäßig ist, d. h., die Bindungswirkung besteht auch dann, wenn feststeht, dass der Grundlagenbescheid (Grundsteuerwertbescheid) rechtswidrig ist. Hieraus folgt, dass der Grundsteuerwertbescheid mit dessen wirksamer Bekanntgabe Bindungswirkung für den Grundsteuermessbescheid nach § 184 Abs. 1 AO entfaltet. Der Grundsteuermessbescheid ist dabei einerseits Folgebescheid zum Grundsteuerwertbescheid, gleichzeitig aber wiederum Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid.
Am Ende der Kette steht dann der Grundsteuerbescheid (Folgebescheid zum Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags) auf den 1.1.2025 (Hauptveranlagungszeitpunkt). Die Gemeinde multipliziert dabei den Grundsteuermessbetrag mit dem von ihr festgelegten Hebesatz.
Anfechtung von Grundlagen- und Folgebescheiden
Bei der Anfechtung von Verwaltungsakten ist zu beachten,...