Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beihilfe für chinesische Heilkräutertherapie
Leitsatz (amtlich)
Für die traditionelle chinesische Heilkräutertherapie (TCM) besteht zur Zeit keine begründete Erwartung einer allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung für die Behandlung von Hautausschlägen und Bauchbeschwerden. Sie ist nicht beihilfefähig.
Verfahrensgang
VG Hamburg (Urteil vom 15.12.2000) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2000 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Beihilfe für eine Behandlung seiner Tochter mit chinesischen Heilkräutern.
Der Kläger stand bis 1997 als erster Kriminalhauptkommissar im Dienst der Beklagten und wurde Ende August 1997 wegen seiner auf einem Dienstunfall beruhenden Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Seine Tochter litt seit 1993 an einem neurodermitis-ähnlichen Hautausschlag (atopisches Syndrom) und Leibschmerzen sowie Durchfällen. Die behandelnde Ärztin für Allgemeinmedizin … diagnostisierte ein Reizdarmsyndrom und stellte in einem von dem Kläger eingereichten Attest vom 6.10.2000 (Bl. 134 d. Akte) fest, dass schulmedizinische Maßnahmen nur vorübergehend helfen würden und von einem schulmedizinisch nicht heilbaren Zustand ausgegangen werden müsse. Deshalb habe sie dem Kläger zu alternativ-medizinischen Maßnahmen geraten. Ferner stellte der Kläger seine Tochter dem Internisten Dr. … vor, der am 16.3.1996 keinen somatischen Befund feststellte. Außerdem zog der Kläger die Kinderärztin Dr. … und den Hautarzt Dr… zu Rate, der das Ekzem als eine Art Neurodermitis bezeichnete, zweimal eine cortisonhaltige Salbe verschrieb und eine Besserung in der Pubertät für möglich hielt. Der daraufhin von dem Kläger eingeschaltete Arzt für Naturheilverfahren Dr. … behandelte seine Tochter in der Zeit vom 14. August 1997 bis Dezember 1998 erfolgreich. Die Beklagte gewährte dem Kläger Beihilfe für die Behandlung durch Dr. … und – zunächst – auch für die von ihm verschriebenen chinesischen Heilkräuter.
Mit Bescheid vom 8. Januar 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Beihilfe für 3 Rezepte über chinesische Heilkräutertees ab, die der Kläger über eine Apotheke für zusammen 566,45 DM bezogen hatte. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, schulmedizinische Therapien seien bei seiner Tochter ohne Erfolg geblieben. Daher habe Dr. … eine Diagnose nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) gestellt und erfolgreich eine Phytotherapie mit chinesischen Heilkräutern begonnen. Nach längerem Schriftwechsel wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2000 zurück:
Nach den für die Gewährung von Beihilfe geltenden allgemeinen Grundsätzen könne der Kläger keine Beihilfe erhalten. Nach § 5 Abs.1 HmbBeihVO seien Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen seien. Dies sei bei den vom behandelnden Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker verordneten Heilmitteln nicht ausnahmslos der Fall. Die Maßnahmen müssten objektiven medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben zur Behebung und Behandlung eines Krankheitsfalles gerecht werden. Auch wenn die Hamburgische Beihilfeverordnung keine ausdrückliche „Wissenschaftlichkeitsklausel” enthalte, seien wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden und Heilmittel nicht im Sinne der Vorschrift notwendig. Insoweit sei die von dem Kläger angeführte Entscheidung des BGH vom 23.6.1993 zu der Unwirksamkeit der leistungsbeschränkenden Wissenschaftsklausel in den Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherer nicht auf das Beihilferecht zu übertragen.
Die im Rahmen der traditionellen chinesischen Medizin verordneten Heilkräuter seien keine wissenschaftlich anerkannten Heilmittel im Sinne der dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Es fehle an einer positiven wissenschaftlichen Einschätzung. Der Personalärztliche Dienst habe dargelegt, dass keine autorisierte Studien vorlägen, die die Wirksamkeit der in der chinesischen Kräuterheilkunde benutzten Substanzen bestätigten. Bevor eine Substanz in Deutschland als Heilmittel vertrieben werden dürfe, müsse sie umfangreiche Studien durchlaufen. Das zu chinesischen Heilkräutern vorliegende Material genüge diesen Ansprüchen nicht. Der Komplex der traditionellen chinesischen Medizin werde insgesamt als unwissenschaftlich angesehen. Speziell zur Behandlung der Neurodermitis mit chinesischen Heilkräutern habe der personalärztliche Dienst mitgeteilt, dass in der einschlägigen dermat...