Leitsatz (amtlich)
Ein durch Zeitablauf erloschenes Erbbaurecht ist ohne gleichzeitige Eintragung einer Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigten einzutragen, wenn der Ausschluss einer solchen Forderung zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht worden ist. Dies erfordert eine Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten sowie die Eintragung im (Erbbaurechts-) Grundbuch. Ausreichend ist die Bezugnahme im Bestandsverzeichnis auf die Eintragungsbewilligung. Zur Auslegung einer solchen Vereinbarung.
Normenkette
BGB §§ 874, 891; ErbbauRG §§ 1-2, 10, 14, 27-28, 32; GBO §§ 13, 19, 22
Tenor
Die Beschwerde wird bei einem Wert von 5.000,00 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Am 28. Januar 1958 beurkundete die Notarin A... v. S... in B... zu ihrer UR-Nr. 1... /1... ein an die F. W. W... Co GmbH gerichtetes Angebot der damals im Grundbuch von Neukölln Blätter 1... (jetzt 1...) und 1... (jetzt 1...) in Erbengemeinschaft eingetragenen Eigentümer auf Abschluss eines in 14 Paragrafen aufgeteilten "Erbbauvertrages", wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 32 bis 37 der - geschlossenen - Grundakten zu Blatt 1... verwiesen wird. U.a. heißt es in der Urkunde:
"§ 8
das Erbbaurecht endet am 30.6.2018 (...). Die Grundstückseigentümer haben der Erbbauberechtigten keine Heimfallentschädigung zu zahlen.
(...)
§ 13
Die Grundstückseigentümer bewilligen und beantragen, das Erbbaurecht zu den vorstehenden Bedingungen im Grundbuch einzutragen.
§ 14
An dieses Angebot halten sich die Grundstückseigentümer bis zum 31. März 1959 gebunden.
Zur Einhaltung der Frist genügt es, dass die Erbbauberechtigte die Annahmeerklärung bei einem Notar abgegeben hat."
Am 5. März 1959 erklärte der Geschäftsführer der F. W. W... Co GmbH zur UR-Nr. 3... /1... der Notarin v. S... in B... unter Bezugnahme u.a. auf deren UR-Nr. 1... /5... die Annahme des dortigen Angebots. Das Grundbuchamt trug das Erbbaurecht am 22. Juli 1959 jeweils in Abt. II lfd. Nr. 1 der Grundstücksgrundbücher unter Bezugnahme auf das zugleich angelegte Erbbaugrundbuch Blatt 2... ein. Im Bestandsverzeichnis des Erbbaugrundbuchs vermerkte das Grundbuchamt den Endtermin des Erbbaurechts - "30.06.2018" - und nahm darüber hinaus Bezug auf die Bewilligung vom 28. Januar 1958.
Am 24. Oktober 2016 wurde die Beteiligte als Erbbauberechtigte in Abt. I lfd.Nr. 3 des inzwischen auf Blatt 1... umgeschriebenen Erbbaurechtsgrundbuchs eingetragen. Die eingetragene Eigentümerin wurde am 23. August 2017 als Alleineigentümerin in den Grundstücksgrundbüchern gebucht.
Mit Schreiben vom 27. August 2018 beantragte die eingetragene Eigentümerin die Berichtigung des Grundbuchs durch Löschung des jeweils in Abt. II eingetragenen Erbbaurechts.
Am 8. Oktober 2018 hat der Notar Dr. K... F. H... seine UR-Nr. 1... /2... vom 12. September 2018 bei dem Grundbuchamt eingereicht, die den Antrag der Beteiligten auf "Eintragung einer Reallast als 'Entschädigungsforderung'" an Stelle des in den Grundstücksgrundbüchern eingetragenen Erbbaurechts enthält.
Das Grundbuchamt hat am 22. Oktober 2018 das jeweils in Abt. II lfd. Nr. 1 der Grundstücksgrundbücher gebuchte Erbbaurecht gelöscht und das Erbbaurechtsgrundbuchblatt 1... geschlossen. Mit Beschluss vom selben Tag hat es den Antrag der Beteiligten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren Beschwerde vom 5. November 2018, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 13. November 2018 nicht abgeholfen hat.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Insbesondere ist die Beteiligte berechtigt, das Rechtsmittel im eigenen Namen zu erheben. Im Antragsverfahren deckt sich die Beschwerdeberechtigung mit dem Antragsrecht (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 71, Rdn. 63). Antragsberechtigt ist jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Im Fall der Grundbuchberichtigung ist derjenige unmittelbar betroffen, der einen Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB haben kann. Ein solcher Anspruch zu Gunsten der Beteiligten ist nicht ohne weiteres ausgeschlossen, was für die Zulässigkeit der Beschwerde ausreicht.
2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Mit Recht hat das Grundbuchamt den auf Eintragung eines Entschädigungsanspruchs nach § 27 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG gerichteten Antrag der Beteiligten zurückgewiesen, weil es an der hierfür erforderlichen Bewilligung durch die eingetragene Eigentümerin fehlt, §§ 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 19 GBO. Den für eine Berichtigung des Grundbuchs ohne Bewilligung erforderlichen Nachweis seiner Unrichtigkeit, § 22 Abs. 1 S. 1 GBO, hat die Beteiligte nicht erbracht.
a) Erlischt das Erbbaurecht durch Zeitablauf, so hat der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für das Bauwerk zu leisten, § 27 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG. Die Entschädigungsforderungen haftet auf dem Grundstück an Stelle des Erbbaurechts und mit dessen Rang, § 28 ErbbauRG. Insofern tritt kraft Gesetzes eine dingliche Surrogation ein (v. Oefele/Winkler/Schlögel, Handbuch Erbbaurecht, 6. Aufl., Rdn...