Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Gründungsprüfung ist zu prüfen, ob die angegebene inländische Geschäftsanschrift eine zustellfähige Anschrift darstellt. Das Fehlen einer solchen Anschrift rechtfertigt die Zurückweisung der Anmeldung.
Wird der erforderte Kostenvorschuss im Rahmen eines auf die erstmalige Eintragung einer UG gerichteten Anmeldeverfahrens, rechtfertigt die Nichtzahlung die Zurückweisung der Anmeldung.
Die Entscheidung des Amtsgerichts, einer Beschwerde gegen seine Entscheidung nicht abzuhelfen, ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Normenkette
FamFG § 68 Abs. 1 S. 1; GmbHG § 8 Abs. 4 Nr. 1, § 9c Abs. 1; GNotKG § 13 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 99 AR 6570/20 B-A-750744/2021) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 22. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 20. Juli 2021 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Mit Anmeldung vom 9. Juli 2020 meldete die Beteiligte - eine Unternehmergesellschaft - ihre Ersteintragung in das Handelsregister an.
Da die Kostenvorschussanforderung in Höhe von 150 EUR der Beteiligten nicht an die in der Anmeldung angegebene inländische Geschäftsanschrift zugestellt werden konnte, forderte das Amtsgericht den einreichenden Notar zur Anmeldung einer Änderung der inländischen Geschäftsanschrift oder Einreichung einer Versicherung auf, dass die Gesellschaft unter der bisherigen inländischen Geschäftsanschrift postalisch erreichbar sei. Der Verfügung war die Kostenanforderung beigelegt.
Nachdem - auch nach Erinnerung - weder der Kostenvorschuss entrichtet noch die Verfügung erledigt worden ist, hat das Amtsgericht die auf Ersteintragung gerichtete Anmeldung mit Beschluss vom 22. Dezember 2020 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat der Notar Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass er den Eingang der Verfügung vom 3. August 2020 nicht feststellen könne und um erneute Übersendung bitte. Dem ist das Amtsgericht nachgekommen, ohne dass es zu weiteren Reaktionen gekommen ist.
Daraufhin hat das Amtsgericht der Beschwerde durch Beschluss vom 20. Juli 2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (AZ: 22 W 67/21). Der Notar hat auch gegen diesen Beschluss zunächst zur Fristwahrung Beschwerde eingelegt (AZ: 22 W 73/21). Auf den Hinweis des Senats, dass der Nichtabhilfebeschluss nicht selbständig anfechtbar und das Rechtsmittel unzulässig sei, hat der Notar nicht reagiert.
II. Beide Beschwerden bleiben ohne Erfolg.
1. Die gegen die Zurückweisung der Ersteintragung gerichtete Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet (Ziffer 1 des Tenors).
a) Die als im Namen der Beteiligten eingelegt anzusehende Beschwerde ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Frist und Form sind gewahrt, die Beschwer folgt aus der Tatsache, dass der Beteiligten ihre Eintragung in das Handelsregister verwehrt wird. Bereits aufgrund der Höhe des Stammkapitals (1.000 EUR) ist der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG erreicht.
b) Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Das Amtsgericht Charlottenburg hat die Anmeldung vom 9. Juli 2020 auf Eintragung der Beteiligten in das Handelsregister zu Recht zurückgewiesen. Nach § 9c Abs. 1 Satz 1 GmbHG hat das Amtsgericht die Eintragung nicht nur dann abzulehnen, wenn die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet ist. Abzulehnen ist die Eintragung auch, wenn die Anmeldung fehlerhaft erfolgt. Dies ist hier der Fall.
aa) Denn es fehlt der Beteiligten an einer zustellfähigen inländischen Geschäftsanschrift, was die Zurückweisung der Anmeldung rechtfertigt (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 2021 - 22 W 1052/20 -, juris, Rn. 5; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 2021 - I-27 W 11/21-, juris, Rn. 15; Veil in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018 ff., § 9c GmbHG, Rn. 39 unter Bezug auf Rn. 15).
Nach § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG ist in der Anmeldung der neu errichteten Gesellschaft auch eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben. Aus dieser durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 eingeführten Verpflichtung ergibt sich, dass die Gesellschaft eine Anschrift zu unterhalten hat, unter der auch förmliche Zustellungen möglich sind (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 2021 - 22 W 1052/20 -, juris, Rn. 5). Die Pflicht zur Anmeldung der Geschäftsanschrift dient dem Gläubigerschutz (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 08. Mai 2009 - 5 Wx 4/09 -, juris, Rn. 12). Sie soll sicherstellen, dass die Gläubiger dem Handelsregister eine Anschrift entnehmen können, unter der zuverlässig wirksame Zustellungen an die Gesellschaft erfolgen können (BT-Drs. 16/6140, S. 35). Dies setzt voraus, dass an dem bezeichneten Ort Zustellungen, insbesondere auch Ersatzzustellungen, an die Gesellschaft möglich sind, etwa, weil sich dort ihr Geschäftsraum befindet.
An der Angabe einer entsprechenden Zustellanschrift fehlt hier es. ...