Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherungshaftbefehl zur vorläufigen Unterbringung in einem “geeigneten„ Krankenhaus
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind hinreichende Gründe für die Annahme vorhanden, daß eine Aussetzung der Vollstreckung einer Strafe widerrufen wird, so kann nach § 453c Abs. 1 StPO ein Sicherungshaftbefehl unter anderem dann erlassen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß der Verurteilte erhebliche Straftaten begehen werde. Dies gilt entsprechend dem Willen des Gesetzgebers auch, wenn der Widerruf der Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung zu erwarten ist.
2. Handelt es sich dabei um die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB, so ist der Betreffende jedoch nicht in eine der Untersuchungshaft entsprechende Haft zu nehmen, sondern bis zur Rechtskraft des Widerrufes der Aussetzung der Maßregel einstweilen in ein geeignetes Krankenhaus einzuweisen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 14.11.2000; Aktenzeichen (522) 60/113 PLs 952/95 KLs (2/97)) |
Tenor
Beschluss
Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Sicherungshaftbefehl des Landgerichts Berlin vom 14. November 2000 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 21. Mai 1997, rechtskräftig seit dem 29. Mai 1997, die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte er im Januar 1995 aus seiner Wohnung einmal mit leeren Flaschen und einmal mit einem Kochtopf nach Passanten geworfen, die jedoch ausweichen konnten. Im Januar 1996 schoß er mit einem Luftdruckgewehr auf Fenster eines 10 bis 15 m entfernten Gebäudeteils. Das sachverständig beratene Landgericht hat festgestellt, daß der Beschwerdeführer an einer episodisch remittierenden schizophrenen Störung mit paranoider Verlaufsform litt; zudem lag ein Rauschmittelmißbrauch durch den Konsum von Haschisch, Alkohol und anderen Stimulanzien vor. Die Taten beging der Beschwerdeführer im Zustand erheblich eingeschränkter Schuldfähigkeit; möglicherweise war er schuldunfähig. Weiterhin ist das Landgericht auch darin dem in der Hauptverhandlung gehörten Sachverständigen gefolgt, daß von dem Beschwerdeführer die Begehung ähnlicher Straftaten nicht zu erwarten sei, wenn er seine begonnene neuroleptische Therapie fortsetze und auch weiterhin an einer Gesprächstherapie teilnehme. Deshalb hat das Landgericht die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt. Es hat den Beschwerdeführer der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und ihn mit dem den zunächst erlassenen Bewährungsbeschluß ändernden Beschluß vom 20. August 1999 angewiesen, eine Behandlung in einer Tagesklinik aufzunehmen und diese nur mit Zustimmung der behandelnden Ärzte und seines Betreuers zu beenden. Dies tat der Beschwerdeführer im November 1999. Danach suchte er seinen Arzt bis zum März 2000 regelmäßig auf. Später fanden nur noch unregelmäßige Arztbesuche statt, weil entschieden worden war, die Medikation nicht fortzusetzen.
Nachdem der Bewährungshelfer mitgeteilt hatte, der Beschwerdeführer habe den Kontakt zu ihm abgebrochen, sich auch bei seinem Arzt nicht mehr gemeldet und bei einem Hausbesuch des Bewährungshelfers Anzeichen von Verwahrlosung und Alkoholmißbrauch gezeigt, hat das Landgericht am 14. November 2000 gemäß den §§ 453 c Abs. 1, 463 Abs. 1, 126 a StPO einen "Sicherungsunterbringungsbefehl" erlassen, aufgrund dessen der Beschwerdeführer am 5. Dezember 2000 festgenommen und in das Krankenhaus des Maßregelvollzuges verbracht worden ist. Seine gegen die einstweilige Unterbringung gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg.
II.
Sind hinreichende Gründe für die Annahme vorhanden, daß eine Aussetzung der Vollstreckung einer Strafe widerrufen wird, so kann nach § 453 c Abs. 1 StPO ein Sicherungshaftbefehl unter anderem dann erlassen werden, wenn bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß der Verurteilte erhebliche Straftaten begehen werde. Dies gilt entsprechend dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 8/976 Seite 102) auch, wenn der Widerruf der Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung zu erwarten ist (vgl. statt vieler Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl., § 453 c Rdn. 2; Wendisch in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl., § 453 c Rdn. 10). Handelt es sich dabei, wie hier, um die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB, so ist der Betreffende jedoch nicht in eine der Untersuchungshaft entsprechende Haft zu nehmen, sondern bis zur Rechtskraft des Widerrufes der Aussetzung der Maßregel einstweilen in ein geeignetes Krankenhaus einzuweisen (vgl. OLG Oldenburg NJW 1976, 2310, 2311; im Ergebnis auch KG Beschluß vom 6. Januar 1998 - 5 Ws 815/97 -). Dies folgt zum einen aus § 463 Abs. 1 StPO, der eine sinngemäße Anwendung der §§ 449 bis 462 StPO für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung vorschreib...