Leitsatz (amtlich)
Eine Gestattung des Erblassers zu getrennter Annahme oder Ausschlagung eines Erbteils gem. § 1951 Abs. 3 BGB ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Erblasser einen Erben teilweise zum Erben und teilweise zum Nacherben einsetzt und eine Ersatzerbenanordnung für den Fall trifft, dass der so Bedachte nicht Nacherbe wird.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 10.01.2003; Aktenzeichen 87 T 549/02) |
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 19.07.2002; Aktenzeichen 61-VI 80/01) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), 3) und 4) werden die Beschlüsse das LG Berlin v. 10.1.2003 und des AG Charlottenburg v. 19.7.2002 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung nach Maßgabe der folgenden Gründe an das AG Charlottenburg zurückverwiesen.
Gründe
A. Die Beteiligte zu 1), eine Tochter des am 28.6.1993 verstorbenen Erblassers, ist durch ein notarielles Testament des Erblassers v. 19.4.1991, das durch eine handschriftliche Verfügung v. 5.7.1991 ergänzt worden ist, neben ihrer Schwester, der Beteiligten zu 2), zu 1/3 als Erbin eingesetzt. Neben den beiden Töchtern war die zweite Ehefrau des Erblassers zur Vorerbin hinsichtlich des letzten Drittels der Erbschaft eingesetzt. Zu Nacherben sind die Beteiligten zu 1) und 2) bestimmt. Als Ersatzerben und Ersatznacherben hat der Erblasser deren Abkömmlinge bestimmt. Nachdem die zweite Ehefrau des Erblassers am 15.10.2000 verstorben ist, hat die Beteiligte zu 1) mit einer am 8.12.2000 beim Nachlassgericht eingegangenen notariell beglaubigten Erklärung die "Nacherbschaft nach der Vorerbin H.S." ausgeschlagen. Mit notariell beurkundetem Antrag v. 13.11.2001 hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt. Dieser Antrag ist durch Schreiben v. 15.3.2002 des zunächst die Beteiligten zu 3) und 4) vertretenden Rechtsanwalts ergänzt worden. Das AG Charlottenburg hat den Antrag durch Beschluss v. 19.7.2002 zurückgewiesen und zugleich auf die Unzulänglichkeit des Antrags v. 15.3.2002 hingewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1), 3) und 4) mit Schreiben v. 8.8.2002 Beschwerde mit dem sich aus einem Schreiben v. 22.8.2002 ergebenden Antrag eingelegt. Diese Beschwerde ist durch das LG mit Beschluss v. 10.1.2003 zurückgewiesen worden (LG Berlin v. 10.1.2003 - 87 T 549/02, FamRZ 2003, 1134). Hiergegen richtet sich die mit Schreiben v. 5.3.2003 im Namen der Beteiligten zu 1), 3) und 4) eingelegte weitere Beschwerde, die im Wesentlichen die vom LG vertretene Annahme angreift, die Ausschlagung der Beteiligten zu 1) sei als Teilausschlagung unwirksam.
B.I. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch Erfolg.
1. Das LG hat insoweit ausgeführt, der beantragte Erbschein, der die Beteiligten zu 3) und 4) nach dem Versterben der Vorerbin als Erben ausweisen soll, sei nicht zu erteilen. Die Ausschlagung der Beteiligten zu 1) sei als Teilausschlagung anzusehen. Diese sei aber unwirksam, weil sie lediglich aufgrund des Testaments v. 19.4.1991 zur Erbin berufen sei und damit nur ein Berufungsgrund vorliege. Für eine Gestattung der Teilausschlagung i.S.d. § 1951 Abs. 3 BGB fehle es an ausreichenden Anhaltspunkten. Allein vernünftige Gründe auf Seiten des Erben reichten nach der Gesetzeslage nicht aus, eine entsprechende Anwendung des § 1951 Abs. 3 BGB scheitere an der Tatsache, dass die Vorschrift eine Ausnahmeregelung darstelle.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Das LG ist allerdings zutreffend von einer Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ausgegangen. Es hat zwar im Rahmen der Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren ausgeführt, die Beteiligte zu 1) habe kein eigenes Interesse an der Erteilung des Erbscheins. Ob dies zutrifft und ob die Wertfestsetzung zutreffend ist, kann an dieser Stelle dahinstehen. Eine Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) ergibt sich schon daraus, dass der von ihr als Miterbin beantragte Erbschein nicht erteilt worden ist, § 20 Abs. 2 FGG. Unerheblich ist insoweit, dass das Nachlassgericht die Erbquote zugunsten der Beteiligten zu 1) höher annimmt als diese selbst (vgl. dazu BGHZ 30, 261 = NJW 1959, 1730). Denn eine Beschwer besteht bereits immer dann, wenn die Erteilung eines bestimmten Erbscheins von einem Erben beantragt wird und dieser gleichwohl nicht erteilt wird.
b) Das LG ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Berufung der Beteiligten zu 1) allein auf einem Grund, nämlich dem Testament v. 19.4.1991 beruht. Dann aber kommt die Wirksamkeit der ausdrücklich nur auf einen Teil der Erbschaft bezogenen Ausschlagung v. 8.12.2000 nur unter den Voraussetzungen des § 1951 Abs. 3 BGB in Betracht.
c) Das LG ist insoweit zwar zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Einsetzung eines Bedachten zu einem Teil als Vollerbe und zu einem anderen als Nacherbe eine Berufung zu mehreren Erbteilen anzunehmen ist (ebenso RGZ 80, 377 [382]; Leipold in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1951 Rz. 2; Staudinger/Otte, BGB, 13. Bearb., § 195...