Leitsatz (amtlich)
Eine Satzungsregelung, nach der das Grundkapital bedingt durch Ausgabe von Nennbetragsaktien erhöht wird, verstößt trotz Einteilung des Grundkapitals in Stückaktien nicht gegen § 8 Abs. 1 AktG, wenn eine Auslegung auf objektiver Grundlage ergibt, dass hier eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt.
Normenkette
AktG § 8 Abs. 1, § 192 Abs. 1; BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 14.07.2015; Aktenzeichen 84 HRB 75861 B) |
Tenor
Der Beschluss des AG Charlottenburg vom 14.7.2015 wird aufgehoben. Die Sache wird an das AG zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Klägerin ist durch Umwandlung aus einer GmbH entstanden und seit dem 29.7.2000 als Aktiengesellschaft im Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragen. Das Grundkapital der Gesellschaft ist nach § 5 Abs. 2 der Satzung eingeteilt in Stückaktien.
Die Hauptversammlung der Gesellschaft fasste am 11.5.2009 einen Beschluss, wonach das Grundkapital der Gesellschaft um 1.521.234 EUR auf den Inhaber lautende Stammaktien im Nennbetrag von 1 EUR je Aktie bedingt erhöht und § 5 der Satzung um Abs. 4 ergänzt wurde, der lautete: "Das Grundkapital ist um bis zu EUR 1.521.234,00, eingeteilt in bis zu 1.521.234 auf den Inhaber lautende Stammaktien im Nennbetrag von EUR 1,00 je Aktie, bedingt erhöht (Bedingtes Kapital VII)...". Dieser Hauptversammlungsbeschluss wurde am 17.6.2009 in das Handelsregister eingetragen (lfd. Nr. 23). Die Hauptversammlung beschloss in der Folge u.a. am 28.6.2011 und am 3.6.2014 die Herabsetzung des bedingten Kapitals auf zunächst 304.246 EUR und sodann 27.731 EUR (lfd. Nr. 27 und 40) mit entsprechenden Anpassungen der Satzung. Mit Schreiben vom 18.2.2014 hatte das AG den für die Gesellschaft regelmäßig tätigen Notar darauf hingewiesen, dass die Regelungen über bedingtes Kapital in § 5 Abs. 4 und 8 (Bedingtes Kapital VII und VIII) geändert werden sollten, weil das Grundkapital entgegen den beiden Regelungen in Stückaktien eingeteilt sei und ein Nebeneinander von Nennwert- und Stückaktien nach § 8 Abs. 1 AktG ausscheide. Eine Anmeldung über die Ausgabe von 6.666 Stückaktien im Zeitraum vom 1.1. bis 1.11.2014 im Rahmen des bedingten Kapitals und weitere Gegenstände vom 27.11.2014 wurde nach gerichtlichem Hinweis zurückgenommen. Auch zwei weitere Anmeldungen vom 8.12.2014 und 13.5.2015 wurden, soweit sie sich auf das bedingte Kapital bezogen, zurückgenommen.
Mit einer Anmeldung vom 6.7.2015 hat der Vorstand der Gesellschaft unter Vorlage der Bezugserklärungen und eines Verzeichnisses der ihr Bezugsrecht ausübenden Personen erneut die Ausgabe von 6.666 Stückaktien auf der Grundlage des Beschlusses der Hauptversammlung über die bedingte Erhöhung des Grundkapitals (Bedingtes Kapital VII) und die Änderung der Satzung gemäß dem Hauptversammlungsbeschluss vom 13.5.2015 und der geänderten Satzung mit der Bescheinigung nach § 181 AktG angemeldet. Diese Anmeldung hat das AG mit einem Beschluss vom 14.7.2015 zurückgewiesen. Es hat insoweit ausgeführt, dass es an der notwendigen Grundlage zur Ausgabe der Aktien fehle. Der mit einem Hauptversammlungsbeschluss vom 11.5.2009 gefasste § 5 Abs. 4 der Satzung, geändert durch Beschlüsse vom 28.6.2011 und 3.6.2014, genüge nicht. Eine bedingte Kapitalerhöhung setze eine entsprechende Satzungsregelung voraus. Diese stehe hier aber in einem Widerspruch zu dem Hauptversammlungsbeschluss vom 11.5.2009, weil sie von Nennbetragsaktien ausgehe. Dieser Widerspruch sei nicht durch den Hauptversammlungsbeschluss vom 13.5.2015 zu TOP 7 aufgelöst worden, der zwar eine Änderung des § 5 Abs. 4 in Bezug auf die Aktienart (nunmehr Stückaktien) vorsehe, aber die ausgegebenen 6.666 Bezugsaktien nicht berücksichtige. Aus diesem Grund komme insoweit auch kein Teilvollzug in Betracht.
II.1. Das mit dem Schriftsatz vom 7.8.2015 gegen den Zurückweisungsbeschluss vom 14.7.2015 eingelegte Rechtsmittel ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, weil es sich um eine Endentscheidung handelt, und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG ist gewahrt, der Beschwerwert wird erreicht. Die Beteiligte ist als die betroffene Gesellschaft auch beschwerdebefugt, § 59 Abs. 1 FamFG.
2. Die Beschwerde hat auch Erfolg, so dass der Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und die Sache an das AG zur erneuten Prüfung der Ausgabe der Bezugsakten und der bisher nicht erfolgten weiteren Anmeldegegenstände unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zurückzuverweisen ist, vgl. § 69 Abs. 1 Satz 2 und 4 FamFG. Entgegen der Auffassung des AG fehlte der angemeldeten Ausgabe der 6.666 Stückaktien nicht die notwendige Grundlage.
Nach § 192 Abs. 1 AktG kann die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft eine Erhöhung des Grundkapitals beschließen, die nur so weit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird. Der Beschluss über eine solche bedingte Kapitalerhöhung muss den Erfo...