Tenor
Dem Europäischen Gerichtshof werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Gelten die Grundsätze aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 6. September 2016 in der Rechtssache Petruhhin (C-182/15) zur Anwendung von Art. 18 und 21 AEUV im Falle des Ersuchens eines Drittstaats auf Auslieferung eines Unionsbürgers auch dann, wenn der Verfolgte seinen Lebensmittelpunkt in den ersuchten Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt verlegt hat, in dem er noch nicht Unionsbürger war?
2. Ist auf der Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 6. September 2016 in der Rechtssache Petruhhin (C-182/15) der über ein Auslieferungsersuchen unterrichtete Heimatmitgliedstaat verpflichtet, den ersuchenden Drittstaat um Übermittlung der Akten zur Prüfung der Verfolgungsübernahme zu ersuchen?
3. Ist der von einem Drittstaat um die Auslieferung eines Unionsbürgers ersuchte Mitgliedstaat auf der Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 6. September 2016 in der Rechtssache Petruhhin (C-182/15) verpflichtet, die Auslieferung abzulehnen und die Strafverfolgung selbst zu übernehmen, wenn ihm dies nach seinem nationalen Recht möglich ist?
Gründe
I. Sachverhalt:
1. Die ukrainischen Behörden haben auf justizministeriellem Weg (Art. 5 des 2. Zusatzprotokolls zum EuAlÜbk) ein den Anforderungen des Art. 12 EuAlÜbk genügendes formelles Auslieferungsersuchen der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine vom 15. März 2016 - Nr. 14/2-24271-16 - übermittelt und um die Festnahme und Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafverfolgung ersucht. Sie haben mitgeteilt, dass gegen den Verfolgten ein Haftbefehl des Bezirksgerichts Z. vom 26. Februar 2016 vorliegt, mit dem aufgrund der den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Taten gegen den Verfolgten die Untersuchungshaft angeordnet wurde. Ausweislich des Ersuchens sowie der in dem beigefügten Antrag der Untersuchungsabteilung der Polizeiabteilung der Stadt Z. vom 26. Februar 2016 und dem Haftbefehl enthaltenen Tatschilderung soll der Verfolgte in seiner Funktion als Leiter der Niederlassung "Z R" des zu der Aktiengesellschaft "A" gehörenden staatlichen Unternehmens "T" mehrfach Gelder veruntreut haben. Im Einzelnen:
a) In der Zeit vom 8. August bis zum 1. September 2010 soll der Verfolgte sich 2.044 Liter Dieselkraftstoff im Wert von 11.589 UAH aus einer der Niederlassung zur Beseitigung der Folgen einer Naturkatastrophe zur Verfügung gestellten Menge angeeignet und zur Verschleierung zusammen mit weiteren Tatbeteiligten Falschdokumente erstellt haben, in denen fiktive Fahrzeuge als angebliche Empfänger des Dieselkraftstoffs zu dem vorgesehenen Zweck bezeichnet wurden.
b) Am 24. Januar 2011 soll der Verfolgte die Zahlung einer von ihm persönlich nach Beschluss des Rentenfonds der Ukraine zu zahlenden Verwaltungsstrafe in Höhe von 1.700 UAH aus Mitteln der Niederlassung "Z R" angewiesen haben. Die Zahlung soll mit Zahlungsauftrag vom 29. März 2011 erfolgt sein.
c) Im Januar/Februar 2011 soll der Verfolgte eine private Reise in die Bundesrepublik Deutschland unternommen, diese aber als angebliche Dienstreise zum Zwecke des Abschlusses von Verträgen über die Lieferung von Straßenbautechnik deklariert haben. Nach seiner Rückkehr soll er ihm in Wahrheit nicht zustehenden Lohn für die Zeit der angeblichen Dienstreise geltend gemacht und in Höhe von 2.333,70 UAH erhalten haben.
d) Am 1. August 2011 soll der Verfolgte die Zahlung einer von ihm persönlich nach Beschluss des Rentenfonds der Ukraine zu zahlenden Verwaltungsstrafe in Höhe von 3.400 UAH aus Mitteln der Niederlassung "Z R" angewiesen haben. Die Zahlung soll mit zeitlicher Verzögerung erfolgt sein.
2. Der Verfolgte ist am 26. Juli 2016 gemäß § 19 IRG vorläufig festgenommen worden. Bei seinen am selben Tag nach § 22 IRG und am 23. August 2016 nach § 28 IRG durchgeführten richterlichen Anhörungen hat er Einwendungen gegen seine Auslieferung erhoben, sich mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41 IRG) nicht einverstanden erklärt und - in letzterer Anhörung - auch auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes (Art. 14 EuAlÜbk) nicht verzichtet.
Der Senat hat gegen den Verfolgten mit Beschluss vom 1. August 2016 die Auslieferungshaft und mit Beschluss vom 29. September 2016 deren Fortdauer angeordnet. Mit Beschluss vom 28. November 2016 hat der Senat den Verfolgten gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 Euro sowie unter Meldeauflagen vom weiteren Vollzug der Auslieferungshaft verschont und ihm untersagt, ohne Zustimmung des Senats die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Nach Hinterlegung der Sicherheit am 2. Dezember 2016 ist der Verfolgte an diesem Tag aus der Auslieferungshaft entlassen worden.
3. Der Verfolgte ist (auch) rumänischer Staatsangehöriger, hatte allerdings - soweit ersichtlich - nie einen Lebensmittelpunkt in Rumänien, sondern ist 2012 aus der Ukraine, wo er bis dahin lebte, nach Deutschland verzogen. Die rumänische Staatsangehörigkeit hat er als Na...