Leitsatz (amtlich)
Ein Busfahrer der Berliner Verkehrs Betriebe (BVG), der vorsätzlich einen Fahrgast verletzt, begeht keine Körperverletzung im Amt, sondern eine vorsätzliche Körperverletzung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 08.02.2005; Aktenzeichen (565) 95 Js 3109/03 Ns (163/04)) |
Tenor
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. Februar 2005
a)
im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und
b)
im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte statt wegen Körperverletzung im Amt wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt ist.
2.
Im übrigen wird die Revision als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO) verworfen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen Körperverletzung im Amt zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 55 Euro verurteilt und ihm für die Dauer von drei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Landgericht Berlin hat die Berufung des Angeklagten verworfen und die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Annahme eines minder schweren Falles (§ 340 Abs. 1 Satz 2 StGB) beanstandete, mit der Maßgabe verworfen, daß die Geldstrafe 90 Tagessätze zu je 40 Euro beträgt. Das Fahrverbot blieb aufrechterhalten. Die auf die Verletzung des sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
I.
Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts hat sich im wesentlichen folgendes zugetragen:
Der Angeklagte war bis zum Ende des Jahres 2004 Busfahrer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und führte Omnibusse im Linienverkehr - wie bei der BVG üblich - im Einmannbetrieb. Zu seinen Aufgaben gehörte der Verkauf von Fahrscheinen, die Erteilung von Auskünften, die Beratung über tarifliche Bestimmungen und die Bewältigung von Konfliktsituationen gegenüber Fahrgästen und anderen Verkehrsteilnehmern.
Am 9. November 2003 gegen 21.20 Uhr befuhr er im Schienenersatzverkehr entlang der Straßenbahnlinie 1 die Prenzlauer Allee. Seiner Ansicht nach hatten die Fahrgäste, die am S-Bahnhof Prenzlauer Allee aussteigen wollten, ihren Wunsch zu spät angezeigt, so daß er ohne Halt bis zur nächsten Haltestelle "Prenzlauer Allee / Erich-Weinert-Straße" durchfuhr. Beim Verlassen des Busses durch den hinteren, in der Mitte des Wagens befindlichen Ausgang rief einer der Fahrgäste, die nun zum S-Bahnhof zurücklaufen mußten, für den Angeklagten und auch für andere Fahrgäste deutlich hörbar "Danke, Arschloch" und entfernte sich entgegen der Fahrtrichtung auf dem rechts vom Bus gelegenen Bürgersteig in normalem Gehtempo zum S-Bahnhof hin. Der Angeklagte, den die Beleidigung erbost hatte, verließ den Bus durch dessen Vordertür und folgte dem Fahrgast mit sehr eiligem Schrittempo, wobei er ihn möglicherweise zum Stehenbleiben aufforderte. Etwa fünf bis zehn Meter hinter dem Heck des Busses hatte er ihn bereits eingeholt. Mit vorgestreckten Armen stieß der Angeklagte den Fahrgast wuchtig um, wobei er ihn etwa in Höhe der Schulter berührte. Der Fahrgast, der den angreifenden Angeklagten nicht gehört hatte und nicht hatte kommen sehen, stürzte aufgrund des für ihn überraschenden Stoßes zunächst auf die Knie und danach auf den Bauch. Er erlitt dadurch - vom Angeklagten billigend in Kauf genommen - Schürfwunden und Hämatomschwellungen an der linken Hand und am rechten Kniegelenk sowie eine Thoraxprellung. Er drehte sich danach auf den Rücken, während ihn der Angeklagte, ganz nah bei ihm stehend, mit erhobenem Zeigefinger ermahnte. Erst als andere Fahrgäste ausstiegen und mit Worten eingriffen, ließ der Angeklagte von dem Geschädigten ab.
II.
Die Revision ist aus den Gründen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit der Angeklagte die Feststellungen zum Schuldspruch und die darauf gestützte Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Körperverletzungsvergehens angreift.
Der Senat teilt aber nicht die Auffassung, daß der Angeklagte die Körperverletzung "im Amt" begangen habe, so daß er den Schuldspruch auf "vorsätzliche Körperverletzung" umgestellt hat. In prozessualer Hinsicht bestehen dagegen keine Bedenken aus § 265 StPO, weil sich der Angeklagte gegen eine Verurteilung wegen dieses Delikts anstatt wegen Körperverletzung im Amt nicht anders als geschehen verteidigen könnte; im übrigen folgt der Senat insoweit im Ergebnis der ausführlich begründeten Rechtsansicht der Revision.
Der Rechtsfolgenausspruch kann schon deshalb, aber auch wegen der ihm im Urteil anhaftenden Mängel und wegen der seitdem verstrichenen Zeit nicht aufrechterhalten bleiben
1.
Eine Körperverletzung im Amt setzt voraus, daß der Täter als Amtsträger gehandelt hat. In Betracht kommt bei dem Angeklagten, ...