Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktienanleihe kein Börsentermingeschäft
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2; BörsG § 50 ff.; WpHG § 31 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 242/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.5.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin – 9 O 242/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 3.600 EUR abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagten wird gestattet, Sicherheit durch eine schriftliche, selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft der Bankgesellschaft Berlin AG zu leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Wegen des erstinstanzlichen Vortrages wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
Das LG hat die Klage mit dem 8.5.2001 verkündeten Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen eines Beratungsverschuldens bestehe nicht, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme von einer ausreichenden Aufklärung durch die Zeugin W. auszugehen sei. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung scheide schon deshalb aus, weil es sich bei der Aktienanleihe nicht um ein unverbindliches Börsentermingeschäft handele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 14.6.2001 zugestellte Urteil am 11.7.2001 Berufung eingelegt und diese am 21.7.2001 begründet.
Die Klägerin rügt mit der Berufung, das LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Erwerb der Inhaberschuldverschreibung der Bankgesellschaft B. mit Aktienandienungsrecht über VW AG Stammaktien rechtlich nicht als Börsentermingeschäft zu qualifizieren sei. Das LG habe seine abweichende Ansicht nicht begründet. Die Auffassung des LG sei schon deshalb unzutreffend, weil es sich bei der gewählten Anlageform nicht um ein Kassageschäft handele, da die Tilgung erst nach Ablauf der Anleiheperiode erfolge. Es bestehe auch die für Optionsgeschäfte typische Gefahr einer Hebelwirkung, weil mit geringem Kapitaleinsatz hohe Gewinne zu erzielen seien. Ebenso bestünde im Fall der Insolvenz der Ermittentin die Gefahr des Totalverlustes, was ebenfalls typisch für ein Börsentermingeschäft sei. Wegen der ihr – unstreitig – fehlenden Börsenterminsfähigkeit sei die getätigte Anlage unverbindlich und nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabzuwickeln.
Das Urteil sei darüber hinaus auch deshalb unrichtig, weil es einen Schadensersatzanspruch wegen eines Beratungsverschuldens verneint habe. Eine ausreichende und sachgerechte Anlageberatung sei nicht erfolgt. Insbesondere habe die Anlageberaterin der Beklagten, die Zeugin W., nicht über die Risiken der getätigten Anlageform aufgeklärt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil sie, die Klägerin, gänzlich unerfahren gewesen sei, was diese Form der Geldanlage betreffe. Das LG habe die Aussage der Zeugin W., nach der sie, die Klägerin, vor Erwerb der Aktienanleihe hinreichend über die Risiken aufgeklärt worden sei, unzutreffend zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Die Zeugin habe – ausgehend von deren Aussage – lediglich Angaben zum Wahlrecht des Emittenten gemacht, nicht aber über die Anlage und ihre Risiken informiert. Der notwendige Beweis einer erfolgten Aufklärung könne auf Grund der Zeugenaussage nicht als geführt angesehen werden, weil die Zeugin am Abschluss des Geschäfts persönlich interessiert gewesen sei. Bei ausreichender und sachgerechter Anlageberatung hätte sie, die Klägerin, vielmehr von dieser Anlageform Abstand genommen.
Nachdem die Klägerin die Berufung in Höhe eines Betrages von 1.220 DM zurückgenommen hat, beantragt sie, das Urteil des LG Berlin vom 8.5.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.540 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.9.1999 Zug um Zug gegen Rückgabe von 122 VW AG Stammaktien zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Bei der streitgegenständlichen Aktienanleihe handele es sich um kein Börsentermingeschäft. Die von der Klägerin gewählte Anlageform erfülle keine der – insbesondere auch von der Rechtsprechung des BGH entwickelten – Kriterien, die für die rechtliche Qualifizierung als Börsentermingeschäft wesentlich seien.
Das LG habe ferner zutreffend ein Beratungsverschulden verneint. Wie bereits die in erster Instanz erfolgte Vernehmung der Zeugin W. bestätigt habe, sei die Klägerin ausreichend über die Risiken der Aktienanleihe aufgeklärt worden. Darüber hinaus habe die Klägerin kurze Zeit vor dieser Beratung eine „Grundaufklärung” über Aktien und Fonds erhalten.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 22.11.2001 und 13.12.2001 durch uneidliche Vernehmung der Zeugen W. und L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsprotokolle vom 22.11.2001...