Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruch gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Widerspruch gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltung des Nachlasses im Sinne von § 2038 Abs. 2 BGB und nicht um eine Verfügung über den Nachlassgegenstand im Sinne von § 2040 Abs. 1 BGB.
Normenkette
BGB § 2038 Abs. 2, § 2040 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 12 O 263/00) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 3.7.2000 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin – 12 O 263/00 – wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Herausgabe des Grundstücks an den Zwangsverwalter zu erfolgen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist unbegründet, da die Kläger nach der wegen der Zwangsverwaltung notwendigen und erfolgten Umstellung des Klageantrags Herausgabe an den Zwangsverwalter verlangen können.
1. Der Herausgabeanspruch ergibt sich aus § 556 Abs. 1 BGB und aus § 985 BGB, da der Widerspruch gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses wirksam ausgesprochen worden ist. Zwar haben die Kläger das Eigentum erst durch den Zuschlag erworben, nachdem die Kündigungsfrist bereits abgelaufen war, so dass der Herausgabeanspruch nach § 556 Abs. 1 BGB der Erbengemeinschaft zugestanden hätte. Der Anspruch besteht aber bis zur Räumung als nachwirkender Anspruch aus dem Mietverhältnis fort und geht als solcher gem. § 571 BGB (hier i.V.m. § 180 Abs. 1, § 57 ZVG) auf den Erwerber über (vgl. BGH BGHZ 72, 147 [150] = MDR 1979, 134).
2. Dem Herausgabeanspruch steht nicht entgegen, dass der Beklagte selbst Mitglied der Erbengemeinschaft ist.
a) Die Begründung und die Kündigung eines Mietverhältnisses über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück (insbesondere eines Geschäftsgrundstücks) können Maßnahmen der Verwaltung des Nachlasses i.S.v. § 2038 Abs. 2 BGB darstellen, da sie der bestimmungsgemäßen Nutzung und Mehrung des Nachlasses dienen (vgl. Staudinger/Werner, BGB, § 2038 Rz. 4; Palandt/Edenhofer, BGB, § 2038, Rz. 7; zum Mietvertragsabschluss s. BGHZ 56, 47 = MDR 1971, 563; zur Kündigung s. BGH in LM NR. 1 zu § 2038 BGB). Soweit die Miterben die Verwaltung durch Mehrheitsbeschluss regeln können, verleiht ihnen diese Befugnis auch im Außenverhältnis die entsprechende Vertretungsmacht (vgl. BGH BGHZ 56, 47 = MDR 1971, 563; Staudinger/Werner, BGB, § 2038 Rz. 6; Palandt/Edenhofer, BGB, § 2038 Rz. 12). Allerdings wird zur Kündigung die Frage unterschiedlich beurteilt, ob bei deren Ausspruch die Regelung in § 2040 Abs. 1 BGB als Spezialvorschrift zu beachten ist, weil sie eine Verfügung über den Nachlassgegenstand beinhaltet und daher die Mitwirkung sämtlicher Erben erforderlich ist (s. BGH in LM Nr. 1 zu § 2038 BGB; zum Meinungsstand s. im Übrigen Staudinger/Werner, BGB, § 2038 Rz. 7).
Hierauf kommt es im vorliegenden Rechtsstreit aber deshalb nicht an, weil der Widerspruch gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses keine Kündigung, sondern eine Willenserklärung beinhaltet, mit der das Angebot auf Abschluss eines inhaltsgleichen weiteren Mietvertrages abgelehnt wird (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 11 m.w.N.).
Anwendung findet daher § 2038 Abs. 1 BGB, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Beklagte an einer Beschlussfassung beteiligt war. Da es sich um eine den Beklagten betreffende und damit eigene Angelegenheit handelte, stand ihm ein Stimmrecht von vornherein nicht zu (Palandt/Edenhofer, BGB, 61.Aufl., § 2038 Rz. 10). Von einer entsprechenden Beschlussfassung durch die Kläger ist auch auszugehen.
Davon, dass ein solcher Beschluss zumindest konkludent der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger zum Ausspruch des Widerspruchs vorausgegangen ist, kann ausgegangen werden. Jedenfalls hätten die Kläger die entsprechende Beschlussfassung, was möglich ist, nachträglich durch die Prozessführung genehmigt. Dass der Beklagte an der Beschlussfassung über den Abschluss des Mietvertrages mitgewirkt hat, ist für die Frage, ob er auch bei dem Widerspruch mitwirken musste, unerheblich. Zum einen stellt sich schon die Frage, ob die Miterben durch die Gestaltung des Vertragsabschlusses nicht konkludent die Verwaltung hinsichtlich des Mietverhältnisses auf die damaligen anderen Miterben (außer des Beklagten) übertragen haben (vgl. dazu Staudinger/Werner, BGB, § 2038 Rz. 23; Palandt/Edenhofer, BGB, § 2038 Rz. 2). So sind im Mietvertragsrubrum nur diese vier Miterben aufgezählt. Aus dem Rubrum der im Mietvertrag enthaltenen Hausordnung geht hervor, dass die Vertragsparteien davon ausgingen, dass diese vier Miterben als Vertreter der Erbengemeinschaft handelten. In Ausübung dieser bis zur Erklärung des Widerspruchs nicht widerrufenen Verwaltungsbefugnis hätten sie dann den Widerspruch erklären können. Jedenfalls hatten aber die Kläger mit ihren Anteilen die Mehrheit inne, so dass sie den Beklagten über...