Leitsatz (amtlich)
Zur (bejahten) Unwirksamkeit von Preisklauseln einer Bank betreffend
a) Anforderung einer Restschuldbestätigung,
b) Erstellung einer Berechnung für eine Nichtabnahmeentschädigung und
c) Erstellung einer Schlussabrechnung für eine "außervertragliche Rückzahlung".
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 02.09.2021; Aktenzeichen 52 O 145/20 (2)) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 02.09.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 52 O 145/20 (2) abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Kreditverträge mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:
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2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Er verfolgt nach dem klageabweisenden Urteil des Landgerichts Berlin vom 02.09.2021, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, seine Unterlassungsklage in Bezug auf drei Preisklauseln der Beklagten weiter. Das Landgericht hat in Bezug auf alle Klauseln eine Kontrollfähigkeit nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB verneint.
Der Kläger trägt zur Berufungsbegründung vor:
1) Preis für eine Restschuldbestätigung:
a) Die Klausel sei nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB kontrollfähig. Es handele sich um eine Preisnebenabrede ohne echte Gegenleistung. Denn die Informationen im Rahmen der Restschuldbestätigung seien deckungsgleich mit den Informationen, auf die der Darlehensnehmer ohnehin einen unentgeltlichen Anspruch in Form eines Tilgungsplans (§ 492 Abs. 3 S. 2 BGB, Art. 247 § 14 EGBGB) habe. Die Information über die zukünftigen Zahlungen setze zwingend auch die Information über den aktuellen Stand der Kreditschuld voraus. Eine Restschuldbestätigung habe gegenüber einem Tilgungsplan für den Kreditnehmer keinen "Mehrwert".
Ferner folge die Kontrollfähigkeit daraus, dass der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens nach § 493 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 BGB eine (kostenfreie) Information über die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags verlangen könne. Die Klausel sei mangels klarer Begrenzung ihres Anwendungsbereichs auch auf Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge anwendbar.
b) Die Klausel sei nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam. Sie verstoße gegen den Grundgedanken von § 492 Abs. 3 S. 2 BGB und § 493 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 BGB, die eine unentgeltliche Information vorsähen.
c) Zudem sei die Klausel intransparent i.S. von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Denn sie suggeriere dem rechtsunkundigen Darlehensnehmer, dass er zur Information über die Restschuld eine Bestätigung für 10 EUR anfordern müsse.
2) Preis für die Berechnung einer Nichtabnahmeentschädigung:
Ebenso wie im Fall des BGH, Urt. v. 08.06.2021 -XI ZR 356/20 regele die Klausel vorliegend nicht den Preis für eine Sonderleistung, sondern enthalte eine Schadenspauschalierung.
Sie sei unwirksam, da sie den Nachweis eines geringeren Schadens nicht vorbehalte (§ 309 Nr. 5 Buchst. b BGB). Ferner übersteige der Betrag von 100 EUR den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden (§ 309 Nr. 5 Buchst. a BGB), wie sich schon daran zeige, dass die Bank im Fall des BGH a.a.O. nur eine Pauschale von 50 EUR verlange.
3) Preis für die Erstellung einer Schlussabrechnung:
a) Es handele sich um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede ohne echte Gegenleistung. Dass es um die Schlussabrechnung für eine "außervertragliche Rückzahlung" gehe, führe entgegen dem Landgericht nicht zur Annahme einer Sonderleistung. Zu einer "außervertraglichen Rückzahlung" könnte es nicht nur bei einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Darlehensvertragsparteien kommen, sondern auch bei Ausübung eines Rechts zur vorzeitigen Ablösung (§ 500 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB). Es stelle sich die Frage, wo hier überhaupt Raum für eine andere Art der vorzeitigen Rückzahlung sei.
Zudem wälze die Beklagte Aufwand ab, der in ihrem eigenen Interesse liege, nämlich den Aufwand zur Ermittlung der Restschuld ihres Kunden. Bei kundenfeindlichster Auslegung sei nicht nur die Übergabe eines Dokuments an den Kunden zu vergüten, sondern bereits der (interne) Vorgang der Restschuldberechnung. Ein wirtschaftlicher Vorteil des Kunden aus der für 250 EUR erstellten Schlussabrechnung sei auch nicht ersichtlich.
b) Die Abwälzung der Kosten für die im eigenen Interesse der Beklagten liegende Abrechnung stelle eine unangemessene Benachteiligung des Kund...