Leitsatz (amtlich)
Im Anfechtungsprozess ist nicht zu klären, welche Ansprüche den Gesamtvollstreckungsgläubigern im Rahmen des Verteilungsverfahrens zustehen. Dafür ist allein der Gesamtvollstreckungsverwalter zuständig. Deshalb kann sich der Anfechtungsgegner nicht darauf berufen, dass ihm voraussichtlich der überwiegende Teil des anfechtbar erlangten Bargeldes zusteht; es sei denn, er beweist, dass die gesamte Masse ausreicht, um die Ansprüche aller Gläubiger zu befriedigen.
Normenkette
GesO §§ 917, 18
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 33 O 255/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.7.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer 33 des LG Berlin – 33 O 255/00 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 840.769,20 Euro (1.644.401,62 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 25.2.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die wegen des Zinssatzes weiter gehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf Sicherheit durch Beibringung einer schriftlichen, unbefristeten, unwiderruflichen und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse leisten.
Tatbestand
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz, der dort gestellten Anträge, des Urteilstenors und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil der Zivilkammer 33 des LG Berlin Bezug genommen, das dem Kläger am 23.8.2001 zugestellt worden ist. Der Kläger hat dagegen am 20.9.2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.11.2001 am 19.11.2001 begründet.
Der Kläger vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und macht geltend: Mit Schreiben vom 4.9.1996 habe Frau M.-J. ihre Ansprüche hinsichtlich der von der Gemeinschuldnerin genutzten Grundstücke geltend gemacht. Der Liquidatorin der Gemeinschuldnerin sei bereits im April 1997 bekannt gewesen, dass ggü. der Gemeinschuldnerin auch Verbindlichkeiten anderer Gläubiger geltend gemacht worden seien. Aufgrund des Schreibens der Liquidatorin vom 16.4.1997 (Bd. I, Bl. 63 d.A.) habe die Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin gehabt. Die beiden Zahlungen der Gemeinschuldnerin hätten auch zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt. Selbst nach Abzug der Forderung der Frau M.-J. verbleibe noch eine Forderung von 183.329,10 DM. Die Masse reiche zur vollständigen Befriedigung aller Gläubiger nicht aus. Die angemeldeten Forderungen i.H.v. 2.717.543,15 DM seien fällig gewesen. Die Beklagte habe im Gesamtvollstreckungsverfahren an dem Prüfungstermin vom 4.5.1998 teilgenommen, ohne Einwände gegen die zur Tabelle im Rang des § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO angemeldeten Forderungen zu erheben. Es habe insgesamt fünf Anmeldungen gegeben, die sich auf vor dem 2.5.1997 entstandene Forderungen beziehen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn weitere 1.619.401,62 DM = 827.986,90 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gem. § 1 des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 ab Rechtshängigkeit zu zahlen; ihm zu gestatten, eine etwa zu erbringende Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen; im Wege der unselbstständigen Anschlussberufung die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Beklagte vertieft und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie bestreitet die Existenz weiterer Gläubiger und trägt vor: Die Gemeinschuldnerin habe ihre Zahlungen nicht eingestellt. Es habe keine fälligen Forderungen zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen gegeben. Aufgrund des Schreibens der Liquidatorin vom 2.5.1997 (Bd. I, Bl. 71 d.A.) habe sie davon ausgehen können, dass es keine weiteren Gläubiger gebe. Die Gläubigerbenachteiligungsabsicht fehle ebenso wie die objektive Gläubigerbenachteiligung. Der Kläger habe den Beweis für fällige Forderungen zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen nicht erbracht. Auch der Anspruch der Frau M.-J. sei, wenn er überhaupt bestanden habe, nicht fällig gewesen. Jedenfalls reiche der vom LG zugesprochene Betrag von 25.000 DM aus, um alle anderen Gläubiger zu befriedigen.
Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist begründet. Die unselbstständige Anschlussberufung der Beklagten hat dagegen keinen Erfolg; denn dem Kläger steht der mit der Klage geltend gemacht Anspruch entgegen...