Harald Kinne, Klaus Schach
1 Allgemeines
Rz. 1
§ 536d ersetzt den früheren § 540 BGB a.F. Die Vorschrift kann nicht abbedungen werden (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536d Rn. 1).
Derjenige Vermieter, der Mängel arglistig verschweigt, handelt in einem derartigen Maße gegen seine vorvertraglichen Verpflichtungen, dass er nicht schutzwürdig ist. Daher kann er sich auf eine Vereinbarung, mit der er seine Gewährleistungsverpflichtungen aus §§ 536 und 536a ausschließt, nicht berufen. Der Ausschluss wäre ohnehin unwirksam, als das Minderungsrecht des Wohnraummieters ausgeschlossen oder eingeschränkt werden sollte.
Die Vorschrift gilt für alle Mietverhältnisse und ist auf Sach- und Rechtsmängel (§ 536) anwendbar. Bei Formularverträgen ist daneben allerdings die wesentlichere Vorschrift des § 309 zu beachten.
2 Regelungsinhalt
Rz. 2
Arglistiges Handeln
Arglistig handelt derjenige Vermieter, der davon ausgeht, dass der Mieter den Mangel nicht kennt und dennoch den ihm bekannten Mangel in der Erwartung nicht offenbart, dass der Mieter sonst den Mietvertrag mit der Ausschlussklausel nicht abschließen würde.
Dazu reicht ein entsprechender Vorsatz aus. Die arglistige Zusicherung einer nicht vorhandenen Eigenschaft steht dem arglistigen Verschweigen gleich (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536d Rn. 4).
Arglist ist weiter gehend als Vorsatz, erfordert einen Täuschungswillen und setzt voraus, dass der Vermieter den Mangel tatsächlich kennt: Grobe Fahrlässigkeit der Unkenntnis des Mangels genügt nicht. Rechnet der Vermieter mit dem Vorhandensein eines Mangels oder hält er ihn mindestens für möglich (vgl. BGH, NJW 1992, 1953), reicht dies für die Anwendbarkeit des § 536d aus.Keine Arglist liegt vor, wenn der Vermieter darauf vertraut, dass ein bestimmter Mangel nicht vorliegt.
Verschweigen
Ein Verschweigen ist anzunehmen, wenn den Vermieter eine Pflicht zur Aufklärung trifft mit der Folge, dass der Vermieter auf Fragen des Mieters wahrheitsgemäß Auskunft erteilen muss.
Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an, ob den Vermieter - vom Fall der ausdrücklichen Fragestellung des Mieters abgesehen - hinsichtlich der Beschaffenheit und Lage der Mietsache sowie ihrer Einbindung in die Umwelt Aufklärungspflichten über bestimmte Eigenschaften treffen, soweit diese die Verwertbarkeit bzw. Nutzbarkeit der Mietsache beeinträchtigen können, auch wenn sie keinen Mangel begründen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Mieter Anlass hatte, hinsichtlich der konkreten Umstände beim Vermieter nachzufragen, wenn er nicht selbst aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eigene Recherchen hätte anstellen können und müssen. Ungefragt ist ein Vermieter in der Regel nicht verpflichtet, den Mieter über frühere Mieter des Mietobjektes zu informieren (OLG Düsseldorf, Urteil v. 7.10.2016, I-7 U 143/15, ZMR 2017, 691). Ungünstige Eigenschaften der Mietsache muss der Vermieter nicht ungefragt offenlegen.
Günstige Fotos
Ein Inserat mit günstigen Fotos ist keine arglistige Täuschung (LG Lübeck, Urteil v. 7.7.2022, 14 S 23/21, ZMR 2022, 891).
Die Arglist eines Vertreters muss sich der Vermieter zurechnen lassen.
Störender Gewerbebetrieb
Der Vermieter handelt arglistig, wenn er seinen Abschlussvertreter anweist, einen störenden Gewerbetrieb auf demselben. Grundstück nur bei Nachfrage zu erwähnen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536d Rn. 7).
Bei mehreren Vermietern genügt die Arglist eines Einzigen, um die Rechtsfolge nach § 536d eintreten zu lassen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536d Rn. 7).
3 Beweislast
Rz. 3
Der Mieter, der sich auf die Unwirksamkeit des Ausschlusses oder der Beschränkung seiner Rechte beruft, muss die Arglist des Vermieters beweisen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536d Rn. 8), soweit nicht ohnehin der Ausschluss gem. § 536 Abs. 4 BGB oder § 307 BGB unwirksam ist.
Der Vermieter muss beweisen , dass er den Mangel mitgeteilt hat oder dass der Mieter den Mangel kannte. Wegen dieser Abgrenzungsschwierigkeiten im subjektiven Bereich bei Vermieter und Mieter hat die Vorschrift in der Praxis wenig Bedeutung und beschränkt sich auf ‹offensichtliche› Fälle. Bei der Wohnraummiete ist ohnehin § 536 Abs. 4 zu beachten, bei einer Formularklausel § 307 zu prüfen.
Die Regelung ist ihrer Natur nach zwingend, so dass es einer besonderen entsprechenden Anordnung nicht bedarf.