1 Allgemeines
Rz. 1
Die mit dem Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 (BGBl I 2001, 1149; Entwurf s. BT-Drs 14/4553, https://dip.bundestag.de/; Übergangsvorschriften s. Art. 229 § 3 EGBGB) eingeführte Vorschrift über Form und Inhalt der Kündigung entspricht weitgehend dem früheren § 564a.
Sie beansprucht Geltung für sämtliche Wohnraummietverhältnisse i. S. v. §§ 549 Abs. 1, Abs. 2 sowie Abs. 3 BGB, § 23 Nr. 2 a) GVG und betrifft Kündigungen jeglicher Art, also ordentliche und außerordentliche Kündigungen von Vermieter und Mieter. Die Hinweisobliegenheit des § 568 Abs. 2 gilt nur, wenn §§ 574, 574b anwendbar sind, also nicht für Wohnraummietverhältnisse i. S. d. § 549 Abs. 2 und im Falle einer wirksamen Befristung nach § 575 (vgl. Staudinger/Rolfs, 2021, BGB § 568, Rz. 27). Abweichend von der amtlichen Überschrift regelt die Norm im Wesentlichen nicht den Inhalt, sondern die Form der Kündigungserklärung; dass die formelle Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung beider Mietvertragsparteien und der von einem berechtigten Interesse getragenen ordentlichen Kündigung des Vermieters von der Angabe des Kündigungsgrunds abhängt, ergibt sich erst aus § 569 Abs. 4 und § 573 Abs. 3. Die Kündigungserklärung richtet sich auf die einseitige Beendung des Mietverhältnisses.
Auslegung
Kann sie in diesem Sinne ausgelegt werden, muss sie weder das Wort "Kündigung" enthalten noch den angestrebten Zeitpunkt der Beendung des Mietverhältnisses benennen (vgl. auch § 542 Rz. 5).
Die für die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung nach § 568 Abs. 1 als zwingend vorgeschriebene gesetzliche Schriftform wirkte schon im Telefax-Zeitalter überkommen; in Zeiten selbstverständlicher E-Mail- und Messenger-Kommunikation sowie des elektronischen Rechtsverkehrs erscheint sie zu strikt. De lege ferenda sollte es ausreichen, die Wirksamkeit der Kündigungserklärung von der Einhaltung der Textform nach § 126b abhängig zu machen, auch wenn diese vor Übereilung und gegen Fälschung einen der Schriftform gleichwertigen Schutz nicht bieten kann.
Die Regelung ist ihrer Funktion nach nicht abdingbar (vgl. Staudinger/Rolfs, 2021, BGB § 568, Rz. 33 m. w. N.); die gesetzlich vorgeschriebene Form kann durch Vertrag weder erleichtert noch erschwert werden (vgl. Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl. 2023, § 568 Rz. 3 m. w. N.).
§ 568 gilt nicht für andersartige Beendigungen von Mietverhältnissen, z. B. bei Rücktritt und Aufhebungsvertrag.
2 Regelungsinhalt
Rz. 2
Zur Form der Kündigung, Zugang und dgl. wird zunächst auf die Erläuterungen zu § 542 Bezug genommen.
Die notwendig von allen Vermietern oder Mietern gemeinsam getragene Kündigungserklärung muss der Schriftform genügen. Der Begriff ist in § 126 Abs. 1 legal definiert, danach muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Nach § 126 Abs. 3 kann die schriftliche Form durch elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das ist bei § 568 Abs. 1 nicht der Fall (vgl. Staudinger/Rolfs (2021), BGB § 568, Rz. 16 m. w. N.; a. A. Lützenkirchen in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 568 BGB, Rz. 5). § 126a konkretisiert das insofern, als bei der elektronischen Form der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen muss.
Auch wenn durch den gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes schon seit dem Jahre 2000 geklärt ist, dass der durch das Prozessrecht geforderten Schriftform selbst ein Computerfax mit eingescannter Unterschrift genügt (vgl. Beschluss v. 5.4.2000, GmS-OGB 1/98, BGHZ 144, 160), kann die nach materiellem Recht erforderliche Schriftform durch Telefax nicht erfüllt werden (vgl. Staudinger/Rolfs (2021), BGB § 568, Rz. 15 m. w. N.; Prütting/Wegen/Weinreich, § 568, Rz. 2 m. w. N.; BGH, Urteil v. 28.1.1993, IX ZR 259/91, BGHZ 121, 224, Rz. 35). Eine schriftsätzliche Kündigung im Rahmen eines Rechtsstreits kann nur dann der Schriftform genügen, wenn sie von der die Kündigungserklärung abgebenden Person eigenhändig unterzeichnet oder, wenn der Schriftsatz elektronisch eingereicht wird, mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen wird.
Kündigung per beA
Eine Einreichung mit einfacher Signatur per beA genügt der gesetzlichen Schriftform gem.§ 126a Abs. 1 nicht.
Das Original des Schriftsatzes verbleibt in der Gerichtsakte, somit geht dem Kündigungsempfänger stets nur ein Doppel des Kündigungsschriftsatzes zu. Für den formwirksamen Zugang der Kündigungserklärung reicht es aus, wenn die beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes eigenhändig von demjenigen paraphiert ist, der die Kündigungserklärung abgegeben, also auch den Originalschriftsatz unterschrieben hat; wird die zuzustellende Abschrift hingegen gem. § 169 Abs. 2 ZPO von der Geschäftsstelle beglaubigt, so ist die Schriftform nicht gewahrt (vgl. BGH, Beschluss v. 4.7.1986, V ZR 41/86, ZMR 1987, 56). Ist der, elektronisch an das Gericht...