1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift trifft für Wohnraummietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sind, besondere Regelungen im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist. Für die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist von Wohnraummietverhältnissen auf bestimmte Zeit gilt § 575a, für die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist von Mietverhältnissen über andere Sachen § 580a Abs. 4.
Rz. 2
Für Mietverhältnisse im Sinne von § 549 Abs. 2 (Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch, Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und von diesem mit Einrichtungsgegenstände ausgestattet wurde oder Wohnraum, der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder anerkannter Träger der Wohlfahrtspflege angemietet und an Dritte mit dringendem Wohnbedarf überlassen wurde) und § 549 Abs. 3 BGB (Wohnraum in Studenten- oder Jugendwohnheimen) findet § 573d Abs. 1 keine Anwendung. Der § 573d Abs. 2 und 3 hingegen schon.
Ferienwohnungen
§ 573d Abs. 1 BGB ist auch anwendbar auf Mietverhältnisse über Wohnraum in Ferienwohnungen in Ferienhausgebieten (Schmidt-Futterer/Blank/Börstinghaus, § 573d Rn.3).
2 Tatbestandvoraussetzungen
Rz. 3
Außerordentliches Kündigungsrecht
Um zur Anwendbarkeit des § 573d zu gelangen, bedarf es zunächst eines außerordentlichen Kündigungsrechts. Das außerordentliche Kündigungsrecht ergibt sich aus dem Gesetz und findet sich für den Mieter z. B. in § 540 Abs. 1 Satz 2 (Gebrauchsüberlassung an Dritte), § 544 S. 1 (Vertrag über mehr als 30 Jahre), § 555e Abs. 1 S. 1 (Sonderkündigungsrecht bei Modernisierungsmaßnahmen), § 563 Abs. 4 (Eintrittsrecht bei Tod des Mieters) oder § 563a Abs. 2 (Fortsetzung mit überlebenden Mietern). Der Vermieter ist unter anderem zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist berechtigt gemäß § 544 S. 1 (Vertrag über mehr als 30 Jahre) oder § 563 Abs. 4 (Kündigung gegenüber Erben).
Zwangsversteigerung
Bei dem Im Falle der Zwangsversteigerung eines vermieteten Grundstücks dem Vermieter gem. § 57a ZVG zustehenden Sonderkündigungsrecht ist § 573d allein insoweit bedeutsam, als dem Ersteigerer ein von vertraglich vorgesehenen Kündigungsfristen unabhängiges Kündigungsrecht ermöglicht wird. Dasselbe gilt bei dem Erwerber gem. § 37 Abs. 3 S. 2 WEG in entsprechender Anwendung des § 57a ZVG bei der Veräußerung eines Dauerwohnrecht im Wege der Zwangsvollstreckung zustehenden außerordentlichen befristeten Kündigungsrechts.
Der bei Erlöschen eines Erbbaurechts in das Mietverhältnis eintretende Eigentümer kann nur Dann mit der gesetzlichen Frist des § 565 Abs. 5 kündigen, wenn er gem. § 573d Abs. 1 ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dasselbe gilt für den Erwerber bei einer vom Insolvenzverwalter freiwillig übernommene Veräußerung eines Miet- oder Pachtgrundstücks. Der wegen Verweigerung der Untervermietungserlaubnis kündigende Mieter muss die Kündigungsfrist des § 573d Abs. 2 einhalten
Rz. 4
Berechtigtes Interesse
Soweit ein außerordentliches Kündigungsrecht besteht, ordnet § 573d die Anwendbarkeit der §§ 573 und 573a an. Das bedeutet für den Vermieter, dass es neben dem außerordentlichen Kündigungsrecht zusätzlich noch eines berechtigten Interesses bedarf, wie z. B. des Eigenbedarfs. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Kündigung gegenüber dem Erben gemäß § 563 Abs. 4. Der Mieter kann dagegen grundsätzlich auch ohne ein berechtigtes Interesse kündigen. Deshalb ist die Norm im Ergebnis nur bei Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bedeutsam (MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, BGB § 573d Rn. 5).
3 Begründungserfordernis
Rz. 5
Der Kündigende muss das berechtigte Interesse an der Kündigung in seinem Kündigungsschreiben ausdrücklich formulieren. Bei der Kündigung einer Wohnung in einem vom Vermieter selbst genutzten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen (§ 573a Abs. 1) oder von Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung (§ 573a Abs. 2) ist anzugeben, dass die Kündigung auf diese besondere Form des Zusammenlebens gestützt wird.
Fehlender Kündigungsgrund
Fehlt die Angabe des Kündigungsgrundes, ist die Kündigung unwirksam.
Bei der Kündigung des Vermieters gegenüber dem Erben des verstorbenen Mieters im Sinne von § 564 Satz 1 bedarf es nach der Ausnahmeregelung keiner gesonderten Begründung. Es genügt vielmehr der fristgemäße Ausspruch unter Verweis auf die Widerspruchsmöglichkeit.
4 Schriftformgebot
Rz. 6
Die Kündigung muss gemäß § 568 schriftlich erfolgen und durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet werden. Eine Kündigung per Fax oder E-Mail genügt der Schriftform im Sinne des § 126 nicht.
5 Härtefallhinweis
Rz. 7
Auf die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist sind auch die Vorschriften der Sozialklausel (§§574 ff.) anwendbar. Das ergibt sich aufgrund der systematischen Stellung der Vorschriften im gemeinsamen Abschnitt der "Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit". Wird die Kündigung vom Vermieter ausgesprochen, ist der Mieter daher auf die Widerspruchsmöglichkeit im Fall einer...