1 Widerspruch – § 574b Abs. 1
Rz. 1
Der Widerspruch bedarf der Schriftform nach § 126 und ist daher vom Mieter zu unterschreiben. Bei einer Personenmehrheit von Mietern müssen grundsätzlich alle unterschreiben, es sei denn, eine entsprechende Vollmacht liegt vor (es gilt § 174 für den Fall, dass die Originalvollmacht nicht beigefügt wird). § 126 ist allerdings durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsverkehr v. 13.7.2001 ab 1.8.2001 in Abs. 3 verändert worden, wonach die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann. Das setzt nach § 126a voraus, dass der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen muss (vgl. dazu auch die Kommentierung zu § 568). Eine in Mietverträgen vielfach übliche Formular-Vollmachtklausel, wonach Willenserklärungen eines Mieters auch für die anderen Mieter verbindlich sind, die Mieter sich gegenseitig zur Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen bevollmächtigen, ist in diesem Zusammenhang wirksam, weil der Widerspruch vertragserhaltende Wirkung hat, die Klausel nach §§ 305 ff. nur dann unwirksam ist, wenn sie eine die Mietermehrheit belastende Kündigung betrifft. Aus der Schriftform ergibt sich, dass eine telegrafische Übermittlung (OLG Karlsruhe, RE v. 16.2.1973 = NJW 1973, 1001), aber auch eine Übermittlung per Telefax nicht ausreicht (vgl. zum Telefax im Rechtsverkehr Schach, GE 1994, 487 ff.).
Aus dem Schreiben muss zweifelsfrei zu entnehmen sein, dass sich der Mieter gegen die Beendigung des Mietverhältnisses wendet, während die Begriffe des § 574 Abs. 1 Satz 1 "widersprechen" und "Fortsetzung des Mietverhältnisses" nicht gebraucht werden müssen. Aus § 574b Abs. 1 Satz 1 folgt, dass Gründe nicht angegeben werden müssen. Gibt der Mieter auch auf Verlangen des Vermieters keine Gründe an, kann das im Räumungsrechtsstreit nur u. U. Kostennachteile (§ 93b Abs. 2 ZPO) haben, ist aber ansonsten an keine Sanktionen geknüpft (sog. Soll-Vorschrift).
Der Widerspruch führt nicht "automatisch" zur Fortsetzung des Mietverhältnisses, sondern erzeugt einen Schwebezustand, der mit einer Einigung der Parteien zur Fortsetzung des Mietverhältnisses oder mit einem Urteil endet, das entweder zur Fortsetzung des Mietverhältnisses führt oder den Mieter zur Räumung verurteilt.
Muster [574b-1]
Widerspruch des Mieters
… |
… |
(Mieteranschrift) |
(Datum) |
An
…
(Vermieter)
Betreff: Widerspruch gegen Kündigung
Sehr geehrte(r) Frau/Herr …,
die Kündigungsfrist nach Ihrer Kündigung wegen Eigenbedarfs läuft in Kürze ab. Ich widerspreche nunmehr Ihrer Kündigung und verlange die Fortsetzung des Mietverhältnisses, da mir eine Räumung und Herausgabe der von mir gemieteten Wohnung nicht zumutbar ist. Ich wohne nun schon 35 Jahre in diesem Haus und bin in der Umgebung verwurzelt. In meinem Alter ist es mir nicht mehr zuzumuten umzuziehen. Überdies fällt es mir infolge von Krankheit nicht nur schwer, eine neue Wohnung zu finden, sondern mir ist dies gänzlich unmöglich. Ich möchte daher hier wohnen bleiben. Ihre Eigenbedarfsgründe müssen daher zurücktreten.
Ich bitte Sie, mir die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu bestätigen.
Mit freundlichem Gruß
…
(Unterschrift Mieter)
2 Ausschluss des Widerspruchsrechts
Rz. 2
Nach § 574 kann der Mieter nach seiner eigenen Kündigung keine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Das war bisher in § 556a Abs. 4 a. F. ausdrücklich geregelt, ergibt sich jetzt aber unmittelbar aus § 574 Abs. 1, der nur ein Widerspruchsrecht gegenüber einer Kündigung des Vermieters gibt. Beim Zusammentreffen einer Kündigung des Vermieters und des Mieters kommt es darauf an, aufgrund welcher Kündigung das Mietverhältnis letztlich beendet wird.
§ 574 gilt nicht für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Vermieters, z. B. wegen Zahlungsverzugs oder wegen Fortsetzens vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache. Nach § 574 Abs. 1 Satz 2 gilt das aber nicht nur für den Fall, dass eine derartige fristlose Kündigung tatsächlich erklärt wird, sondern es genügt das Vorliegen eines Grundes, aus dem sich die Berechtigung zur fristlosen Kündigung ergibt. Damit sind die Fälle erfasst, in denen der Vermieter eine fristgemäße Kündigung aus Gründen ausspricht, die auch zur fristlosen Kündigung berechtigen würden. Dazu wird allerdings teilweise gefordert (vgl. Sternel, Mietrecht, IV Rn. 186), dass zwischen der ordentlichen Kündigung und dem Grund zur fristlosen Kündigung ein ursächlicher und vor allem zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Dies ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
3 Zurückweisung des Widerspruchs – § 574b Abs. 2
Rz. 3
Der Widerspruch nach § 574b Abs. 1 ist eigentlich an keine Frist gebunden. Der Vermieter kann jedoch einredeweise die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn der Mieter nicht die Frist von zwei Monaten vor Beendigung des Mietverhältnisses eingehalten hat. Maßgeblich kommt es auf den Zugang des Widerspruchs beim Vermieter an (den der Mieter beweisen muss). Vor Ablauf der Frist ist der Mie...