Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
1 Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift regelt die Besonderheiten des Widerspruchsrechts für Mieter von Werkmietwohnungen und gilt nicht für Werkdienstwohnungen. Der bis zum 1.9.2001 geltende § 565d Abs. 2 ist aus Vereinfachungsgründen gestrichen worden. Er gilt aber weiterhin für vor dem 1.9.2001 bestehende Mietverhältnisse, wenn die Kündigung vor dem 1.9.2001 zugegangen ist (Art 229 § 3 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). In diesen Fällen konnte der Vermieter also die Einwilligung zur Fortsetzung des Mietverhältnisses verweigern, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens einen Monat vor Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat. 2 Die übrigen Änderungen sind nur sprachlicher Art. Die in § 576a Abs. 3 angeordnete Unabdingbarkeit entspricht der bisherigen Rechtslage.
Rz. 2
Die übrigen Änderungen sind nur sprachlicher Art. Die in § 576a Abs. 3 angeordnete Unabdingbarkeit entspricht der bisherigen Rechtslage.
2 Regelungsinhalt
Rz. 3
Grundsätzlich kann auch der Mieter einer Werkmietwohnung (vgl. dazu § 576 Rn. 4) der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses unter Berufung darauf widersprechen, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte i. S. d. § 574 bedeuten würde. Die Vorschrift gilt für alle ordentlichen Kündigungen, auch wenn kein Fall des § 576 BGB vorliegt, oder wenn der Vermieter unter Beachtung der Fristen des § 573c BGB gekündigt hat.
§ 576a Abs. 1 setzt die Anwendung der Sozialklausel voraus. Die Vorschrift gilt immer dann, wenn auch § 574 anwendbar ist. § 576a ist also ausgeschlossen bei Zeitmietverträgen (§ 575) und bei Wohnungen nach § 549 Abs. 2.
Während jedoch nach § 574 dabei nur die berechtigten Interessen des Vermieters zu berücksichtigen sind, schreibt § 576a Abs. 1 auch die Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten vor; durch § 576a Satz 1 wird § 574 Abs. 1 S. 1 BGB insoweit erweitert. Alle anderen Bestimmungen der §§ 574, 574a BGB bleiben unberührt. Dies gilt auch für § 574 Abs. 3 BGB: Deshalb können die Belange des Dienstberechtigten nur berücksichtigt werden, wenn sie im Kündigungsschreiben angegeben sind (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 2).
Ist der Vermieter zugleich der Dienstberechtigte, so kommt es nicht nur auf seine Interessen als Vermieter, sondern auch auf diejenigen als Dienstberechtigter an. Sind Vermieter und Dienstberechtigter nicht identisch, so müssen bei der Prüfung der Härte die Interessen beider berücksichtigt werden.
Dieses Interesse des Dienstberechtigten kann darin bestehen, dass er die Wohnung für einen anderen Dienstverpflichteten benötigt, Störungen des Betriebsfriedens seitens des Dienstverpflichteten durch die Kündigung vermeiden will oder die Wohnung zur Betriebserweiterung benötigt.
3 Ausschluss der Sozialklausel
Rz. 4
Der Mieter kann sich dagegen nicht auf die soziale Härte berufen, wenn der Vermieter eine funktionsgebundene Werkmietwohnung gekündigt hat, weil er den Wohnraum für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten aus dem gleichen Grund benötigt oder der Mieter seinerseits das Dienstverhältnis grundlos gelöst oder begründeten Anlass zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat.
Rz. 5
Die Berufung auf die Härtegründe ist einmal dann ausgeschlossen, wenn der Vermieter die funktionsgebundene Werkwohnung (vgl. dazu § 576 Rn. 15) deswegen gemäß § 576 Abs. 1 Nr. 2 gekündigt hat (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 4), weil er sie für einen anderen Dienstverpflichteten benötigt, der dieselbe Funktion ausüben soll, wie der gekündigte Mieter/Dienstverpflichtete. Das kommt insbesondere in Betracht bei Hausmeisterwohnungen, die mit besonderen Einrichtungen zur Betreuung der Wohnungen ausgestattet sind, z. B. Notrufeinrichtungen für Fahrstühle. Die Sozialklausel gilt allerdings nur dann nicht, wenn die Kündigung der funktionsgebundenen Werkmietwohnung ausdrücklich auf diesen Betriebsbedarf gestützt wird. Kündigt der Vermieter die funktionsgebundene Werkwohnung unter Berufung auf § 573 Abs. 1 mit der Kündigungsfrist des § 573c, bleibt dem Mieter das Widerspruchsrecht erhalten. Dasselbe gilt, wenn der Vermieter nach § 576 Abs. 1 Nr. 1 anstatt nach § 576 Abs. 1 Nr. 2 kündigt.
Rz. 6
Hat der Vermieter aus sonstigen Gründen wegen berechtigten Interesses gemäß § 573 gekündigt, so gelten nicht nur die längeren Kündigungsfristen, sondern uneingeschränkt auch §§ 574–574c.
Rz. 7
Der Mieter kann sich ferner nicht auf Härtegründe berufen, wenn er entweder das Dienstverhältnis selbst grundlos aufgelöst hat oder er zur Auflösung des Dienstverhältnisses begründeten Anlass gegeben hat.
Ein Fall der Auflösung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses liegt nicht nur dann vor, wenn der Mieter das Dienst-/Arbeitsverhältnis – ordentlich oder außerordentlich – gekündigt hat, sondern auch dann, wenn die Dienst-/Arbeitsvertragsparteien auf Wunsch des Mieters einen Aufhebungs- oder Auflösungsvertrag geschlossen haben oder der Mieter das Dienst-/Arbeitsverhältnis wirksam angefochten hat (Schmidt-Futterer/Herrlein, § 576a Rn. 6). Denn der Begriff der "Auflösung" ist weiter als de...