1 Allgemeines
Rz. 1
Der Tod des Mieters führt außer bei Mietverhältnissen auf Lebenszeit (§ 544 Satz 2) nicht zu einer automatischen Beendigung des Mietverhältnisses. Vielmehr tritt der Erbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge grds. in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Mietverhältnis ein (§§ 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1).
Außerordentliches Kündigungsrecht
Bei Mietverhältnissen über Sachen, Grundstücke und Räume, die keine Wohnräume sind, sind sowohl der Erbe als auch der Vermieter gem.§ 580 berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem sie von dem Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, außerordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen des § 580a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und 3 Nr. 2 (vgl. § 580a Abs. 4) zu kündigen.
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Zu den durch § 580 erfassten Mietverhältnissen gehört
- die Geschäftsraummiete,
- die Miete von beweglichen Sachen,
- die Miete von Grundstücken oder Grundstücksteilen und
- die Miete von Schiffen.
Bei Mischmietverhältnissen kommt es auf den Schwerpunkt der Nutzung an, ob ein Gewerbe oder ein Wohnraummietvertrag vorliegt (BGH, Urteil v. 9.7.2014, VIII Z 376/13, ZMR 2014, 871); wenn danach Gewerberaummiete anzunehmen ist, findet § 580 Anwendung.
3 Voraussetzungen des Kündigungsrechts
Rz. 3
Voraussetzung: Tod einer natürlichen Person
Das Sonderkündigungsrecht greift nur beim Tod einer natürlichen Person. Die Todesursache ist unerheblich. Die Todeserklärung gem. § 9 Abs. 1 VerschG steht dem Tod gleich, nicht jedoch die Verschollenheit. Ebenso löst der Tod des Vermieters das Sonderkündigungsrecht nicht aus. Weitere Voraussetzung ist, dass das Mietverhältnis im Zeitpunkt des Todes des Mieters noch bestand.
Auf juristische Personen, Handelsgesellschaften und auf die Auflösung von juristischen Personen und Personenvereinigungen (GbR, oHG, KG) ist § 580 weder direkt noch analog anwendbar.
Rz. 4
Tod nur eines Mieters
Umstritten ist, ob das Kündigungsrecht auch bei Tod nur eines von mehreren Mietern besteht (verneinend LG Köln, Urteil v. 19.12.2000, 12 S 203/00, ZMR 2001 457; Hinz ZMR 2002, 645; Sternel ZMR 2004,721; bejahend Schmidt-Futterer/Streyl, § 564 Rn. 11); beim Tod eines GbR-Gesellschafters ist § 580 nicht anwendbar, weil eine bis zur Abwicklung ihrer sämtlichen Vertragsbeziehungen (§ 730 Abs. 2) fortbestehende Abwicklungsgesellschaft entsteht (OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss v. 2.4.2008, 3 U 103/07, ZMR 2008, 780).
Das Kündigungsrecht besteht zumindest dann, wenn die Parteien vertraglich vereinbart haben, dass § 580 beim Tod eines Mitmieters anwendbar sein soll. In diesem Fall muss die Kündigung – sofern die Mieterseite vor dem Tod des Mieters aus mehr als zwei Personen bestand – gemeinschaftlich erklärt werden
4 Rechtsfolgen
Rz. 5
Sowohl der Erbe des Mieters als auch der Vermieter sind zur außerordentlichen befristeten Kündigung berechtigt.
Kündigt der Erbe das Mietverhältnis, kommt es auf die materielle Erbberechtigung an, ohne dass eine Legitimation bei Ausspruch der Kündigung erforderlich ist. Führt der Erbe ein übernommenes Handelsgeschäft fort und haftet er für die Verbindlichkeiten (§§ 25, 27 HGB), wird das Sonderkündigungsrecht hiervon nicht berührt (RGZ 130, 52).
Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Nachlassinsolvenzverwalter
Ist ein Testamentsvollstrecker, ein Nachlassverwalter oder ein Nachlassinsolvenzverwalter bestellt, sind nur diese berechtigt, das Mietverhältnis zu kündigen. Da die Kündigung eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand darstellt, kann diese nur von allen Erben gemeinsam ausgeübt werden (vgl. § 2040).
Rz. 6
Bei einer Personenmehrheit auf Vermieterseite können nur alle gemeinsam das Kündigungsrecht ausüben. Die Kündigungserklärung ist gegenüber dem Erben abzugeben, bei mehreren Erben gegenüber allen.
5 Kündigungsfrist
Rz. 7
Nach § 580 können Vermieter und Erbe die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist innerhalb eines Monats, nachdem sie von dem Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, aussprechen. Auf die Kenntnis von der Erbenstellung bzw. der Person des Erben kommt es zwar nach dem Wortlaut des § 580 nicht an; diese Kenntnis ist aber für den Fristenlauf notwendig, damit der Erbe bzw. der Vermieter überhaupt die Möglichkeit hat, eine Entscheidung über die Ausübung seines Kündigungsrechtes zu treffen (OLG Hamm, WuM 1981, 263; Schmidt-Futterer/Streyl, § 580 Rn. 10). Die Kenntnis von der Erbenstellung wird nicht ohne Weiteres durch eine Mitteilung von Familienangehörigen bzw. ähnlichen Personen oder durch Kenntnisnahme von einem Testament begründet; der Erbe darf sich vielmehr in solchen Fällen seines Erbrechtes durch unverzüglich einzuholende Auskunft beim Nachlassgericht (etwa über das Vorhandensein weiterer Testamente) oder bei einem Rechtsanwalt (etwa über die Auslegung des Testaments) vergewissern (LG München, Urteil v.11.2.2004, 14 S 18177/03, NZM 2004, 337).
Auch die Frist für den eingesetzten Testamentsvollstrecker beginnt frühestens mit der Annahme des Amtes gem. § 2202 zu laufen.
6 Abweichende Vereinbarungen
Rz. 8
§ 580 ist durch Individualvereinbarung abdingbar (Schmidt-Futterer/Streyl, § 580 Rn. 12). Umstri...